piwik no script img

Machtkampf in der angeschlagenen SPDScholz fordert Ende der Ausflüchte

Schluss mit der Larmoyanz! Die Probleme der SPD seien grundsätzlich, diagnostiziert Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz. Damit geht er Martin Schulz hart an.

Genug geschnackt jetzt, Scholz will die Lage schonunglos analysieren Foto: dpa

Berlin dpa | In der Debatte über die Zukunft der SPD meldet sich Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung mit scharfen internen Mahnungen zu Wort. In einem der Zeitung vom Freitag vorliegenden Papier gehe der stellvertretende SPD-Chef hart mit seiner Partei ins Gericht und fordere eine „schonungslose Betrachtung der Lage“.

Scholz verlangt dem Bericht zufolge, bei der Analyse des historisch schwachen Bundestagswahlergebnisses von nur 20,5 Prozent auf intern immer wieder bemühte „Ausflüchte“ zu verzichten. Weder fehlende Mobilisierung der eigenen Anhänger noch ein mangelnder Fokus auf soziale Gerechtigkeit tauge zur Erklärung. Schließlich habe der SPD-Wahlkampf „ganz im Zeichen der sozialen Gerechtigkeit“ gestanden. Die Probleme der Partei seien „grundsätzlicher“.

Scholz gilt vielen Beobachtern als potenzieller Gegenspieler des angeschlagenen Parteichefs Martin Schulz. Während dieser zuletzt „Mut zur Kapitalismuskritik“ gefordert hatte, plädiert Scholz für einen pragmatischen Kurs, der wirtschaftliches Wachstum und soziale Gerechtigkeit verbinden solle.

Auch in Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung werde eine florierende Wirtschaft „eine zentrale Voraussetzung sein, um eine fortschrittliche Agenda zu verfolgen“, schreibt Scholz laut Süddeutscher Zeitung.

Direkte Kritik an Schulz übt Scholz in seinem „Keine Ausflüchte! Neue Zukunftsfragen beantworten! Klare Grundsätze!“ betitelten Papier nicht. Der Hamburger Bürgermeister mahnte aber an, dass die SPD in allen wichtigen Politikfeldern „aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger im höchsten Maße kompetent“ sein müsse. „Stellt die SPD sich als progressive Volkspartei so auf, dass große Teile der Wählerschaft ihr das Land und die Führung der Regierung anvertrauen mögen, wird sie bei Bundestagswahlen auf neue Erfolge hoffen können.“

Scholz spielt in diesem Zusammenhang auf die nach der Nominierung von Schulz zum Kanzlerkandidaten rasant gestiegenen und später ebenso jäh abgestürzten Umfragewerte für die SPD an. Das kurze Umfragehoch „war eine hoffnungsvolle Projektion der Wählerinnen und Wähler, die erneut möglich ist, wenn sie es plausibel finden, dass die SPD diese Erwartungen erfüllt“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • ...ach nun meldet sich die CSU der SPD aus Hamburg auch noch zu Wort. Der Herr Scholz ist der sozialdemokratische Trump mit seinen alternativen Fakten zu Polizeigewalt beim G 20 Gipfel. Jetzt darf die Hansestadt für die Eitelkeit der SPD-Provinzfürsten, Endlich wie Welt zu Gast zu haben, auch noch Nachzahlen. Aber keine Angst, seit den Zeiten von Schmidt-Bergedorf hat die rechte HH-SPD politisch nichts mehr zu bieten. Mit Scholz als letztem Hoffnungträger, nähert sich die SPD dem Müllhaufen der Geschichte mit Riesenschritten....

  • 3G
    39167 (Profil gelöscht)

    Diese alten Herren und Damen sollten abtreten.

    Gibt es keine jüngeren Hoffnungsträger?

     

    So wird das nix und das ist fatal!

  • „Stellt die SPD sich als progressive Volkspartei so auf, dass große Teile der Wählerschaft ihr das Land und die Führung der Regierung anvertrauen mögen, wird sie bei Bundestagswahlen auf neue Erfolge hoffen können.“

     

    Na ja, das ist das interne Narrativ für die Diskussion.

     

    Die SPD vertritt die obere Unterschicht und die untere Mittelschicht nicht oder nur sehr teilhaft, d.h. sie verzichtet auf diese großen Wählergruppen von ca. 30 bis 35 Prozent.

     

    Oder anders formuliert: Was bietet die SPD diesen Schichten an? Was könnten diese Schichten gewinnen, wenn die SPD 51 Prozent erhielte?

     

    Diese Frage kann Scholz nicht beantworten, dafür findet er Wörter, die messer-scharf sind, jedenfalls in den Ohren von Schulz.

     

    Aber Scholz selber ist mit seiner Agenda-Politik in Hamburg auch nur so erfolgreich, wie die Vorgängerregierung von Ole von Beust sich blamierte: Hier wurde die Elbphilharmonie extrem teuer, lange gar nicht fertig, das Gebäude der Finanzbehörde wurde privatisiert und seitdem blecht die Stadt hohe Pachten, viele Bezirksamtämter gehören investoren und verfaulen regelrecht, dazu dann die Luxus-U4, die Zwangsprivativisierung der Krankenhäuser an einen einzigen Investor, die HSH-Krise, Happag-Llyod und die Straßen waren verrrotet.

     

    Gegen so eine CDU wirk Olaf Scholz als Erlöser, dazu kommt ja nocht, dass Scholz sich Unterlagen durchliest und auch mal drei Wochen am Stück arbeiten kann, was von Beust nicht vermochte.

     

    Tritt Scholz aber fürs Kanzleramt an, dann kann er so ein Bild einer runtergewirtschafteten Regierung, eines kaputten Landes nicht erzeugen und Merkel wird ihm diese Vorlage auch nicht bieten.

     

    Deswegen sind Scholz Worte vielleicht ein Anreiz für Schulz darüber nachzudenken, ob er nicht die Gunst der Stunde für die Fahnenflucht nutzen sollte.

     

    Wirklich vermissen, werden ihn nur wenige, denn verloren ist verloren. Vielleicht hat er sogar mehr für die SPD rausgeholt, als andere, aber das zählt jetzt nix mehr.

  • Und was konkret ist nun Scholz' Vorschlag? Man müsse kompetent und progressiv sein? Man solle eine florierende Wirtschaft als Ziel formulieren?

     

    Nichtssagende Plattitüden - so wird die SPD den nächsten Kanzler stellen. Zweifelsohne.

  • Scheint ja immer moderner zu sein, Leute an die Front zu schicken, die haufenweise Mist in der Vergangenheit verzapft haben, Lindner lässt grüssen. Anscheinend haben die Wähler keine Erinnerungen mehr.

  • Diesem Thema wird total unangemessen viel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt. Es passiert nichts anderes als das, was auch im Tierreich ständig zu beobachten ist: Wenn das bisherige Alphatier Schwächen gezeigt hat, dann beginnt der Kampf um den Hügel erneut.

  • Einerseits konnte man froh sein, dass Schulz Gabriel "ablöste".

    Trotzdem geht mir Schulz auf die Nerven mit seinem Gesabbel und seiner dösigen Körpersprache "ich weiß nichts, bin nichts".

  • recht hat er schulz gehört zum alten eisen

  • Permanentes Wachstum bei endlichen Ressourcen. Bedarf es da nicht einer Erneuerung der Mathematik? Und, wenn das nicht hilft, einer drastischen Reduzierung der Zahl der Beteiligten?

  • Das ist großartig. Schulz simuliert Gerechtigkeit als Thema, nach der krachenden Niederlage werden die Posten von Seeheimern und Konsorten (Nahles) besetzt, und Schulz? Dem Schulz ist das noch zu links. Der Mann denkt wirklich eine nochmalige Gerd-Wende und eindeutige Positionierung als Genossen der Bosse würde die Lage der Partei irgendwie verbessern. Sorry Herr Schulz, keiner lässt sich zweimal vera....

    • @agerwiese:

      "und Scholz" "dem Scholz" "Herr Scholz"

       

      schon eine Crux mit diesem SPD-Personal...