Luxemburg-Liebknecht-Demo: Echte Liebe verwelkt nicht
Rund 4.000 Menschen gedenken am Sonntag friedlich der Ermordung der Kommunistenführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht vor 99 Jahren.
Eisig kalt ist es an diesem Sonntagmorgen, wie sooft bei der traditionellen Liebknecht-Luxemburg-Demonstration, als sich die TeilnehmerInnen vor dem U-Bahnhof Frankfurter Tor versammeln. Bis der Zug startet, werden die frierenden Wartenden mit handgemachter Musik bei Laune gehalten: „One, two, three – Stop Trump, denn er ist gefährlich und krank“, grölt ein älterer Herr ins Mikro, während ihn eine ächzende E-Gitarre dabei begleitet. Während Trump noch ein Neuling in den Liedtexten auf der sogenannten LL-Demo ist, sind sonst bekannte Forderungen zu hören: vom „Brecht die Macht der Banken und Konzerne“ bis zu „Nie, nie, nie wieder Deutschland“.
Rund 4.000 TeilnehmerInnen sind es laut Polizeiangaben geworden, die an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht erinnern, die vor 99 Jahren in Berlin ermordet wurden. Die mitgebrachten Fahnen und Transparente erleichtern den Überblick über die nur vermeintlich homogene Truppe, die da der beiden Sozialistenführer gedenkt. Auf den meisten Plakaten sind die Konterfeis von Rosa und Karl zu sehen, darunter markante Zitate: „Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht.“
Doch auch Mao, Lenin und Stalin sind wieder im Geiste anwesend und werden von jungen DemonstrantInnen die Frankfurter Allee hinuntergetragen. Sie werden auch heute noch verehrt, trotz der einschlägigen Einträge in den Geschichtsbüchern für die Genossen.
Auch gegenwärtigere Gesichter werden in die Höhe gereckt. Dass Bilder vom ehemaligen kurdischen Führer Abdullah Öcalan verboten sind, ist bekannt, gezeigt werden sie trotzdem, woraufhin die Polizei eingreift. Ansonsten scheint die Ansammlung der zahlreichen Splittergruppen keine Probleme zu bereiten, es bleibt ruhig.
Der Verein iranischer Flüchtlinge in Berlin ist auch vertreten: „Wir wollen auf die Lage der 4.000 inhaftierten Gefangenen in Iran aufmerksam machen, auf die 25 toten Demonstranten sowie auf die drei jungen Männer, die in der Gefangenschaft umgebracht wurden“, sagt Geschäftsführer Hamid Nowzari. In einem weißen Wagen mit Plakaten von Inhaftierten rollen sie langsam mit der Demo in Richtung Friedhof Friedrichsfelde, wo die alljährliche Kranzniederlegung für die dort bestatteten Luxemburg und Liebknecht stattfindet.
Rote Nelken werden an den Gräbern der Toten niedergelegt, manche ältere Personen haben Tränen in den Augen: „Ich komme seit 1946 hierher. Mein Vater war Kommunist und ist deshalb ins KZ gekommen“, erzählt eine bewegte 82-jährige Frau. Ein junger Mann ist mit seinem achtjährigen Sohn gekommen. „Es ist schön, wenn ein Mal im Jahr die Grabenkämpfe in der Linken aufgegeben werden“, meint er. „Meinen Sohn nehme ich jedes Jahr mit. Ist ein schöner Sonntagsspaziergang, und so langsam fängt er auch an, Fragen zu stellen.“ Wer waren Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, zum Beispiel.
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