piwik no script img

ACAB bei den GrüüünenWenn Markus Söder sein Glück nur in Worte fassen könnte

Endlich wieder was los bei den Grünen: Um das Partei-Bashing muss man sich nicht sorgen, das machen die selbst. Wie gut, dass Jette Nietzard im Amt bleibt.

„Acht Cola Acht Bier“ und dazu ne Wurst: bei uns normal in Bayern Foto: Sven Simon/imago

S ehr verehrte, hochgeschätzte Frau Nietzard, liebe Bundessprecherin der Grünen Jugend!

Zunächst einmal: Reschpekt! Mit Ihrem coolen Pulli-Selfie haben Sie mehr erreicht und mehr für mich getan als ich selbst in meinem ganzen Leben. So viele Bratwürste und Schweinskopfsülzen kann ich gar nicht fressen und fotografieren, um da noch mitzuhalten. Sie haben ja eine größere Reichweite als der Taurus und mehr Wirkungstreffer. So eine Panik bei den Grünen habe ich noch nie erlebt, geschweige denn herbeigeführt.

ACAB! Da muss man erst einmal drauf kommen. Ich gebe zu, bei mir hat’s etwas gedauert, bis ich die Aufregung verstanden habe, weil das bei uns „Acht Cola Acht Bier“ heißt und als ganz normal gilt. Aber nein, wie ich gelernt habe, ist es eine uralte, pauschale Polizistenbeschimpfung. Grandios! Damit haben Sie das Unmögliche möglich gemacht: Sie sind noch primitiver als ich. Peinlich für mich. Im Vergleich zu Ihrem Geistesblitz war meine Formulierung „Den Grünen fehlt das Bayern-Gen“ ein intellektuelles Geschwurbel. Ich hätte sagen sollen: All Greens Are Bastards!

Zum Glück muss ich jetzt gar nichts sagen, denn das Grünen-Bashing haben die Grünen selbst übernommen. Dafür möchte ich Ihnen ganz persönlich herzlich danken. Um ehrlich zu sein, war ich zuletzt ziemlich verzweifelt. Der Heizungs-Habeck ist weg, die Margot Lemke auch, und die neuen Grünen kennt keine Sau. Das Einzige, was man von denen bisher weiß, ist, dass sie dem Blankoscheck für die Bundeswehr brav zugestimmt haben und den Taurus fordern. Mir fiel beim besten Willen nichts mehr ein, was man den Grünen noch vorwerfen könnte. Bis Sie kamen.

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Liebe Frau Nietzard, es war schwer, mich mit schnellen, dummen Kommentaren zurückzuhalten, weil Sie ja selbst nie zart sind und die Unschuldsvermutung beim Umgang mit Politikern überflüssig finden. Aber oberlehrerhafte Sprüche von alten Säcken über junge Frauen sind echt cringe. Deshalb habe ich das gern dem Özdemir und dem Kretschmann überlassen, der dankenswerterweise blaffte: „Ich weiß überhaupt nicht, was die bei uns will.“

Was bei vielen Linken sofort die Gegenfrage aufwarf, was der CDU-Imitator und sein Wunschnachfolger eigentlich bei den Grünen wollen. Fantastisch! Mehr Anti-Grünen-Werbung geht nicht. Danke, dass Sie im Amt bleiben! Was wäre ich nur ohne Sie?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Lukas Wallraff
taz.eins- und Seite-1-Redakteur
seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens
Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Viel weniger Anstand als Frau Nietzard kann man schon nicht mehr haben...sie schlägt selbst den Markus noch um Längen. Und da gehört schon etwas dazu.

  • Das ist der köstlichste Kommentar, den ich medienübergreifend gelesen habe. Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch!

    Eigentlich ist damit alles gesagt, alle Seiten sind blamiert, nur fehlt die traurige Feststellung, dass Jette für sich alles richtig gemacht hat. Sie muss für die Berliner Jugend eine Alternative zu Heidi sein, was kümmert sie da, dass in BW nicht um linke Stimmen, sondern mit der CDU um bürgerliche Stimmen gestritten wird? Sie baut sich ihre Fanbase auf und macht ihren Namen bekannt, mit dem sie in ein paar Jahren ihre Karriere starten kann. Mit welchen Schlagzeilen sie ihn erworben hat, kann sie dann als Jugendsünden weglächeln wie zahlreiche politische Vorbilder. Wenn kümmert, dass sie mit dieser Strategie einfach nur das Spiegelbild der Populist:innen der AfD ist – Provokation für die Medien, Codes für die Fans, Unschuld nach außen?

  • Grandioser Artikel - jedem Wort vollste Zustimmung.



    Das Krönchen oben drauf ist wirklich die dummdreiste Ankündigung Nietzards', dass sie eine Entschuldigung für übertrieben halte und natürlich im Amt bleiben wolle...😅🤗👍



    ...immer wenn du denkst 'dümmer geht nimmer' legen Grüne nochmal einen drauf.



    Schade - aus Sicht der Union - das sie ihr Amt nur bis Oktober inne hat. Man kann aber zuversichtlich sein, dass, egal wer nachkommt, es ähnlich raudauwürdig weitergeht.



    Die grüne Jugend spricht - und das sage ich als bekennend konservativer Geist - fast ausnahmslos Themen an, die tatsächlich einer gesellschaftlichen Debatte bedürften.



    Sie tun es aber ausnahmslos in einer Unüberlegtheit, in einer Impulsivität, dass alles was sie ansprechen zum Bumerang verkommt und am Ende sie selbst, aber mehr noch die Mutterpartei gesamtgesellschaftlich in die Bredouille bringt.



    Die grüne Jugend kann aus meiner Sicht mit Fug und Recht als die beste Vorfeldorganisation der Union beschrieben werden - ja selbst der AfD treiben sie so mehr Wähler in die Arme, als dem grünen oder linken Lager.



    Das ihnen das nicht selbst auffällt ist rundet das Bild vollends ab.



    Bravo, weiter so 👌🤦‍♂️

  • Frau N und manche Grün-Linke inkl. taz Kommentatoren können ja in den Polizeidienst eintreten und den Laden von innen aufrollen.



    Aber Sprüche vom Sofa aus zu reissen ist natürlich einfacher.

  • tja, wirklich echtes Eigentor. und wenn's weiter nichts gibt bei den Grünen, könnte es die "locker" gemeinte Provokatörin sogar noch erstaunen, wielange es nachwirken kann...

  • Wieso ist Kritik an Grünen immer Bashing. Auch Herr Merz und Herr Söder werden rund um die Uhr kritisiert. Ja das ist Meinungsfreiheit.

  • Peinliches "Linke machen Rechte"-Gewäsch. Die Grünen verlieren Zustimmung, weil Sie unsolidarisch untereinander und im Zweifel auch gegenüber den schwächsten Teilen der Gesellschaft sind. So wirken Sie schwach und kaum etwas bestraft der Wähler mehr als wahrgenommene Schwäche.

  • Wir Bürger statten die Polizei über den Umweg Parlament und Gesetz mit einer Autorität und Mitteln aus die wir uns selber nicht zugestehen wollen, aus vernüftigen Gründen. Diese Autoriät bringt aber nicht automatisch auch Respekt. Den muss man sich verdienen. Jeden einzelnen Tag.



    Solange sich nicht jeder einzelne Polizist bewusst ist dass seine Arbeit, die unter anderem ein Gewaltmonopol mit sich bringt, höheren Ansprüchen gerecht werden muss als die einer Bundessprecherin der Jugendorganisation einer Partei oder von mir aus auch höheren Ansprüchen als die die man an den Bundeskanzlers, solang wir man die Abkürzung ACAB hören, sehen und sprayen. Nicht nur das, es muss sicher jeder im Polizeidienst auch dagegen wehren dass Kollegen gegen das Gesetz verstoßen, der Corpsgeist hat in einer Demokratie nichts verloren.

  • Nice!

  • Ich denke Frau Nietzard hat alles richtig gemacht. Nach der gehäuften Zahl getöteter dunkelhäutiger Mitmenschen unter polizeilicher Mitwirkung, war die radikale Kritik über einen Pullover gut platziert. Die Union hat es nach den Vorfällen versäumt, als Wiedergutmachung die Grenzkontrollen auszusetzen. Özdemir ist halt im Wahlkampf. Der braucht gerade konservative Zuneigung.

  • Morgen dann Che-Guevara-Pulli.

    Auch voll cool.

  • Sehr gut. Dem ist Nichts hinzuzufügen.