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Lorenz Caffiers Nordkreuz-VerstrickungenSinnbild für Kontrollverlust

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister ist politisch untragbar. Die demokratische Kontrolle über den Sicherheitsapparat ist ihm entglitten.

Steht mit einem Fuß im schlammbraunen Milieu des Polizeiapparats: Lorenz Caffier Foto: Jens Büttner/dpa

R ichtung Landtagswahlen im kommenden Jahr hat Lorenz Caffier, Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern seit 2006, jüngst seinen politischen Rückzug in Aussicht gestellt. Doch sollten die Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ebenso wie sein CDU-Landesverband ihm nun besser nahelegen, diesen Abgang schleunigst vorzuziehen. Caffier kann nicht mehr glaubwürdig gegen das schlammbraune Milieu im Polizeiapparat vorgehen. Dummerweise steht er mit einem Fuß sogar selbst drin.

Denn der Schießplatzbetreiber, bei dem Caffier seine Waffe, wie er meinte, „privat“ gekauft hat, ist einerseits in Sicherheitskreisen prominent und rühmt sich selbst bester Beziehungen zum Minister. Auf seinem Schießplatz in Güstrow trainierten Landesbeamte; der Minister stand bei Schießwettkämpfen Pate.

Andererseits lagen Caffiers Ministerium zum Zeitpunkt des Kaufs ja schon Hinweise vor, dass ebendieser Schießplatz Knotenpunkt des „Nordkreuz“-Netzwerks war, in dem man sich darauf vorbereitete, nach einem Umsturz die Bundesrepublik von MigrantInnen und Linken zu säubern. Munition war schon reichlich gestohlen, Leichensäcke waren gestapelt worden.

Deutsche Sicherheitskräfte waren in diesem Klub gut vertreten. Caffier ließ die staatlichen Eliteschützen also an einem Ort ausbilden, wo auch einige seiner Männer sich in groteske Endzeit- und Vernichtungsfantasien hineinballerten und das Grundgesetz als irgendeine Fabel aus dem Abendland galt. Dass der Schießplatzbetreiber auf diese Weise über Jahre viel zu tiefen Einblick in den Sicherheitsapparat erhalten konnte, rügte vergangenes Jahr eine Kommission, die Innenminister Caffier selbst eingesetzt hatte.

Teile der Landespolizei offen nach ganz rechts

Entweder hat Caffier zu spät gemerkt oder unter „Sind doch alles unsere Jungs“ verbucht, welcher Geist da wehte, wo er seine Pistole gekauft hat. Und dann hat er fast das ganz Jahr über versucht, sich bei Presseanfragen darüber hinweg- und darunter hindurchzuschwurbeln.

Bei der Wahl 2016 in Mecklenburg-Vorpommern erhielt Caffiers CDU weniger Stimmen als die AfD; die Umfragen zeigen aktuell, dass sich das Verhältnis wieder umgedreht hat. Der „Nordkreuz“-Skandal hat jedoch überdeutlich gemacht, dass Teile der Landespolizei längst nach ganz rechts offen sind.

Caffiers Waffe wird nun zum Sinnbild dafür, dass dem Minister die demokratische Kontrolle über seinen Sicherheitsapparat entglitten ist. Caffier ist als Minister weder für eine SPD-Ministerpräsidentin haltbar noch für eine CDU, die den Abstand nach rechts außen wahren will.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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11 Kommentare

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  • Es würde mich wirklich interessieren, was solche Politiker nach ihrem Abgang noch für Bezüge einstreichen.



    Nichts wie raus mit solchen Leuten.

  • > Leichensäcke waren gestapelt worden.

    irgendwie typisch deutsch: selbst die Entsorgung ist en detail geregelt... :-)

  • 9G
    91655 (Profil gelöscht)

    Also, ich bin in drei Verbänden (BHDS, RSB und BDS) und drei Vereinen Mitglied und habe diverse Jäger*innen und Sportschützen sowie Händler*innen kennengelernt.

    Natürlich bin ich als Grüner "Exot" (ärgere mich aber auch über die von Nichtwissen geprägte Schusswaffenpolitik meiner Partei) ...

    Aber offenkundige Neonazis haben in meinen Verbänden und Vereinen keine Chance!

    Und in allen Berichten über das widerliche Nazi-Prepper-System Nordkreuz habe ich keine gerichtsfesten Belege der Mitgliedschaft und Verbrechen des "Waffenhänderls" und Schießstandsbetreibers gelesen ...

    Ich müsste raten, welche politische Ansichten mein Waffenhändler hat .. weiß aber, dass - neben der Mehrheit der Sportskamerad*innen welche "einfach" nur Wähler*innen sind, SPDler und CDUler wohl stark vertreten sind ...

    Insofern kenn ich den Innenminister von Meck-Pomm nicht .. kann aber verstehen, dass er eine Waffe aufgrund seines Jagdscheines in einem heute noch bestehenden Shop gekauft hat.

    Mehr belegte Kritik wäre fein.

  • Sinnbild für den Zustand in MeckPomm ist für mich auch Manuela Schwesig.



    Nur durch die kürzliche Artikellawine hat sie reagiert.



    Vorher-nada!



    Dieser oportunistische Machterhalt, dem alles untergeordnet wird ist bezeichnend für ihre Politik.

    Jetzt diese schwurbelige Ansage L.C.möchte doch bitte.....

    M.S. erinnert mich an F.G.!

    • @Ringelnatz1:

      Bin ja nicht meckpomm fixiert, aber unterschreibe ich!

  • Jetzt weiß ich wieder warum mir der Name Nordkreuz so bekannt vorkam:

    Gelbkreuz, Weißkreuz, Grünkreuz etc waren Chemiewaffen im 1.Weltkrieg.

  • Much all weesen. Aber. Mit Verlaub.

    “ Bei der Wahl 2016 in Mecklenburg-Vorpommern erhielt Caffiers CDU weniger Stimmen als die AfD; die Umfragen zeigen aktuell, dass sich das Verhältnis wieder umgedreht hat. Der „Nordkreuz“-Skandal hat jedoch überdeutlich gemacht, dass Teile der Landespolizei längst nach ganz rechts offen sind.“

    Sorry. Aber wie meinen Frau Ulrike Winkelmann?!

  • RS
    Ria Sauter

    Dem Minister ist nichts "entglitten".



    Der Mann hat genau gewusst was er tat. Alles andere anzunehmen ist völlig naiv.



    Er hat sich auch ein Grundstück für 2700 Euro auf Usedom gekauft in einem geschützten Gebiet. Der CDUspezibürgermeister hat mitgemacht.



    Wir haben einen braunen Sumpf schon lange im Politikumfeld, innen.

    • @Ria Sauter:

      Leider nichts Neues, aber wahr

      • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

        anschließe mich & erinner nochmals an die nie vorhandene Verfassung - die Steigbügelhalter ostelbischen Junker & die weise Einsicht Bismarcks dort sterben&begraben sein zu wollen.



        Weil in Meck-Pommes alles 50 Jahre später stattfindet.



        &



        Da hat sich die piepsige Blockflöte



        “gedacht!“ Da is ja post Wende noch a weng Zeit!

        kurz - Wie heißt es so schön in John Brinkmanns “Kasper Ohm un ick“



        Liggers - “Mit die Fixigkeit - warst du mich über. Aber mit die Richtigkeit -



        War ich dich über!“ So geit dat! Liggers.



        &



        Ne lose affreeten bannig braune Kanone



        Dat hölt doch dat best Schipp nich uut!



        Wat mut hei denn noch - Utfreeten?! 😱



        Eh dat heet - “Torüch mit di in’t Wåter.!“

    • 9G
      96177 (Profil gelöscht)
      @Ria Sauter:

      sehe ich genau so. Er ist die personifizierte Entgleisung.