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Lohneinbußen für Volkswagen-ManagerDer Witz des VW-Vorstands

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Die Konzernspitze protzt damit, die Bosse des Autobauers würden sich „überproportional“ an Einsparungen beteiligen. Das ist völlig überzogen.

Nicht zum Lachen: das Versagen des VW-Managments: Thomas Schäfer, Markenvorstand VW bei einem Statement zu den Tarifverhandlungen Foto: Annette Riedl/dpa

D ie Tarifverhandlungen bei VW waren nicht nur die längsten, sondern auch die härtesten in der Konzerngeschichte. Der kurz vor Weihnachten doch noch gefundene Kompromiss zwischen IG Metall und dem Vorstand des Wolfsburger Autobauers ist aber kein Grund zum Jubeln, sondern eher zum Durchschnaufen. Immerhin hat die Gewerkschaft das Schlimmste verhindern können. Dass sie angesichts der großen Zugeständnisse, zu denen sie sich gezwungen sah, darauf bestanden hat, auch 4.000 VW-Manager ökonomisch mit in die Pflicht zu nehmen, ist dabei mehr als angemessen.

Angestachelt von den Eigentümerfamilien Porsche und Piëch ist der Vorstand mit maximalem Drohpotenzial in die Verhandlungen gegangen. Offenkundiges Ziel war es, die Macht der IG Metall zu brechen. Wäre das gelungen, hätte das nicht nur für die VW-Belegschaft gravierende negative Folgen gehabt. Dass es die Gewerkschaft mit größter Mühe geschafft hat, betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen zu verhindern, ist ein großer Erfolg. Er wurde allerdings teuer erkauft.

Die 1,5 Milliarden Euro jährlich, die die rund 140.000 Ar­beit­neh­me­r:in­nen nun leisten sollen, sind ein verdammt hoher Beitrag für die Zukunft von VW. Dass der Vorstand damit protzt, er und das Management würden sich „überproportional“ an der Kostenreduzierung beteiligen, ist ein Witz. Zehn Prozent weniger für die VW-Oberen in den kommenden zwei Jahren wirkt zwar auf den ersten Blick viel. Aber auch damit verdienen Vorstandsmitglieder immer noch das Hundertfache oder mehr des Durchschnittslohns bei VW.

Das steht in keinem vernünftigen Verhältnis. Es waren nicht die „normalen“ Beschäftigten, die VW in die Krise geführt haben, sondern unter anderem das Management. Überhaupt nicht mehr nachvollziehbar ist, dass die Eigentümerseite weiterhin nicht zu einem Renditeverzicht bereit zu sein scheint. Für das vergangene Geschäftsjahr erhielt sie 4,5 Milliarden Euro. Das Geld könnte VW jetzt gut gebrauchen.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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25 Kommentare

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  • Ist das Land NDS nicht mehr Gesellschafter, oder habe ich diese



    Info in dem Artikel überlesen. NDS hat sicher Interessen und



    Einfluss bei den Verhandlungen geltend gemacht oder saß



    Weil stumm am Verhandlungstisch.

    • @behr Behr:

      NDS hat immerhin fast ne Mrd erhalten. Vom Konzernergebnis. Bei den Verhandlungen geht es „nur“ um die Marke VW. Wird immer mal nicht sauber getrennt.

      • @fly:

        Das stimmt, allerdings sind die überwiegenden Produktionsstandorte von VW in Deutschland in NDS u.



        da hat die Regierung in Hannover, die ja auch 2 AR-Mandate innehat, als Gesellschafter ein massives Interesse am Erhalt. Das wird sie zusammen mit der IG Metall in die Verhandlungen eingebracht haben.

  • "Überhaupt nicht mehr nachvollziehbar ist, dass die Eigentümerseite weiterhin nicht zu einem Renditeverzicht bereit zu sein scheint. Für das vergangene Geschäftsjahr erhielt sie 4,5 Milliarden Euro. "

    Nur die Eigentümerseite? Das Land Niedersachsen erhielt 20 Prozent von diesem Kunden. Sollen die beim Verzicht nicht mit gutem Beispiel voran gehen?

  • "Überhaupt nicht mehr nachvollziehbar ist, dass die Eigentümerseite weiterhin nicht zu einem Renditeverzicht bereit zu sein scheint. Für das vergangene Geschäftsjahr erhielt sie 4,5 Milliarden Euro. "

    Sehr richtig. Es dreht einem den Magen rum! -- Das muss der Zusammenhang zwischen (Markt-)Risiko und Rendite sein, von dem man immer soviel liest... Und so ist das jedes Mal: Diejenigen, die systemisch in einer "Marktwirtschaft" die Risiken tragen sollten und könnten (!), die haben genug Macht um sich dieses Risikos auf Kosten derer, die nur ihre Arbeitskraft haben, zu entledigen. Das hindert aber niemanden daran, zum hundert tausendsten Mal mit diesen hohen Risiken zu argumentieren, wenn es mal wieder um Löhne, Vorstandsgehälter oder die schlimmen "Eingriffe" des Staates in den Markt geht. Da sind dann alle immer sehr korrekt!

  • Sorry aber ich finde den Artikel sehr einseitig.

    1. VW hat die höchsten Lohnkosten.



    Über Mercedes und BMW verdient man hier am Band am Besten.



    2. Verdienen Vorstände generell ein Vielfaches von Mitarbeitern. Kapitalismus, Angebot und Nachfrage.



    Wem das nicht gefällt. Studium, Ausbildung, ...



    3. China sorgt für einen massiven Strukturwandel.



    Das ist wie Nokia und das Iphone, nur dass das "Iphone" die hälfte kostet...



    Es wird schlicht keine Autoindustrie mehr geben wenn wir diese Herausforderung, diesen strukturellen Wandel nicht annehmen.



    4. Ein Unternehmen bei dem Gewerkschaft plus Staat die Mehrheit im Aufsichtsrat haben ist absolut einmalig in Deutschland und meiner Meinung nach der größte Schwachsinn.



    Ich hätte den Job des CEO egal zu welchen Gehalt nicht gewollt.

    • @Thomas Ihle:

      Solch ein Job ist allerdings auch nur zu haben, wenn man geradeaus denken kann...

    • @Thomas Ihle:

      Also ehrlich gesagt, das ist noch nicht einseitig genug. Ich habs mal überschlagen: VW hat in den letzten 10 Jahren ~47Mrd.€ an Dividenden ausgeschüttet. Der Skandal um Abschalteinrichtungen (den irgendwie jeder schon vergessen hat) hat min. 32. Mrd € (nach gröbstem googlen) gekostet. Dazu kommt der Konzern in Größenordnungen in den Genuss von staatl. Hilfen - die genauer zu beziffern, ist mir jetzt aber zu aufwändig, als einziges, kleines Stichwort mal: Abwrackprämie. Das ergäbe erneut etliche Mrd. €. VW mag hohe Lohnkosten haben, aber VW war auch immer ein hoch profitables Unternehmen! Dass VW jetzt Absatzschwierigkeiten hat, kommt nicht von zu hohen Lohnkosten oder "China" (ist das nicht der "Markt"??), sondern daher, dass in der Vergangenheit zu wenig in Innovation und zu viel in Dividenden und Illegalitäten geflossen ist. Der Konzern hat die Zukunft nicht erkannt und sich schlecht positioniert. So einfach ist das. Das Problem da dran ist: Divid. fließen lustig weiter (auch während den größten Skandalen) und am Ende zahlen die Zeche nicht die Eigentümer, sondern die Arbeiter. Skandalös ist das. Aber das ist bei VW auch nicht anders, als irgendwo sonst in der feien Wirtschaft.

  • Nicht nur die Manager verdienen bei VW super auch die Mitarbeiter in Deutschland.



    Das Brutto Durchschnittsgehalt der Mitarbeiter in der Produktion liegt bei 6.000€ im Monat. Dazu kommen noch Jahresboni.



    Und die IG Metall hat dafür im Gegenzug die Managergehälter mit abgewunken.



    Kein Wunder also das bei den Gehältern kein Voökswagen mehr gebaut werden kann.

    • @Bernd Simon:

      Und es gab Zeiten, da ist man zusammen in „Vergnügungslokale“ ( um es vorsichtig zu umschreiben)



      gegangen u. feierte den Schulterschluss.

  • Also mal zur Vollständigkeit: es geht um 4.000 Manager der Marke VW. Das sind Angestellte. Das sind KEINE Vorstände. Und diese 4.000 erhalten nicht das hundertfache oder noch mehr eines Arbeiters am Band. Das Management unterhalb Vorstand liegt inn der Spitze bei rund 500.000 p.a.

    • @QuerBeetLeser:

      Das bedeutet, dass ein solcher Manager 40 - 60 Stunden täglich arbeitet? Kraaasss!!



      Oder hat er so ein furchtbares existenzielles Risiko, dass er abgesichert werden muss, damit seine Familie nicht hungern muss, falls mal etwas schief geht? Das müssen ja schlimme Voraussetzungen sein, unter denen die da leben.

  • Dass der taz das Wohl und Wehe eines Automobilherstellers am Herzen liegt, ist eine interessante Facette in der aktuellen Diskussion, die sich häufig in der Floskel vom Managementversagen erschöpft. Möglicherweise ist der VW-Vorstand auch für Tausende unverkaufte Teslas verantwortlich, die in Neuhardenberg vor sich hin gammeln.



    Dann liest man immer wieder, die deutsche Automobilindustrie habe die Zukunft verschlafen. Nach Frau Cavallo, Betriebsratschefin bei VW, hat man dagegen zu sehr aufs E-Auto gesetzt. Passt irgendwie nicht zusammen.



    VW hatte in den letzten Jahren die Anzahl der Mitarbeiter um über 100.000 aufgestockt. Dafür habe nirgends ein Lob gelesen.



    Nun schlägt das Pendel zurück, und in Mitteleuropa kommt zur Flugscham teilweise die Fahrscham noch hinzu. Mann muss doch nur mal im Freundes- und Bekanntenkreis herum schauen, wer dort als Mitglied der Generation Z ein Auto sein eigen nennt. Dann kann man sich über das Auslaufenlassen von 35.000 Beschäftigungsverhältnissen eigentlich nicht beschweren.

    • @Jan Schubert:

      Dass der TAZ das "...Wohl und Wehe eines Automobilherstellers am Herzen liegt..." - gibt's dafür irgendwo einen Beleg? Dass man bei E-Autos nur auf SUV's gesetzt und kleine Modelle einfach wegen geringerer Gewinne ignoriert hat - das passt sehr wohl zusammen mit den extremen Managementfehlern. 100000 neue Stellen bei VW wurden ganz gewiss nur aus reiner Menschlichkeit geschaffen, da hatte man keineswegs im Sinn, den Profit weiter zu erhöhen, ist klar. Ja, Fahrscham sollte in der Tat dazukommen, zumindest für Spritschlucker.

      • @Perkele:

        In Anbetracht der hohen Produktionskosten in D blieb bei der E-Autoherstellung wenig übrig als auf teure Autos zu setzen, möchte man denn Gewinne machen.

        Kleinere E-Modelle erwirtschafteten hingegen nicht "weniger Gewinn", sondern Verluste. Denken Sie ernsthaft, der Vorstand von VW hätte Manager toleriert, die dauerhaft an einer Verlustserie bei der Automobilproduktion festhalten wollen?

        Und was Ihre Bedenken hinsichtlich der fehlenden Moral bei der Einstellungsoffensive betrifft: zukünftig wird dann VW den Profit weiter erhöhen ohne neue Mitarbeiter einzustellen. Das ist bestimmt viel besser :D

      • @Perkele:

        Sie benötigen nach Lektüre des Artikels ernsthaft einen Beleg? Wenn man Managementfehler beklagt, dann impliziert das den Vorwurf, dass ohne diese Fehler mehr Autos verkauft worden wären und damit Stellenabbau und Werksschließungen obsolet geworden wären.



        Und: der E-Golf war kein SUV, der E-Up war kein SUV, der ID3 ist kein SUV, der ID 7 ist kein SUV...

  • Wer weiß, ob sich das Management das Geld nicht doch indirekt wieder holt. Wirklich viel gibt nur die Belegschaft und zeigt, dass auf sie Verlass ist. Es ist schade, dass die Eigentümer und Manager so egoistisch und wenig dialogfähig sind.

  • Tja, so ist das.



    Sparen sollen nur die "anderen".



    Die "anderen" sind natürlich nicht die Eigentümer wo kommen wir den dahin?



    Es gibt nur noch wenige 'Eigentümer' denen die Firma und deren Beschäftigten was liegt.



    Besonders schlimm ist es bei den Aktiengesellschaften. (VW und so weiter..)

  • Schon simple Rechenkunst zeigt, dass die Mitarbeiter sehr wohl mitverantwortlich sind für die VW-Misere. Ihre Gehälter sind nichts weniger als fürstlich und waren seit langem der Wertschöpfung speziell in Wolfsburg nicht angemessen. Die nötigen Profite wurden auf dem Rücken der ausländischen Kollegen generiert.

  • Tja, so ist das mit dem Kapitalismus. Die VW-Mitarbeiter sollten so viele Aktien (Stammaktien natürlich) der Firma kaufen, wie sie kriegen können. Irgendwann haben sie dann genug Mitspracherecht in ihrer Firma, wenn sie sich zusammentun. VW hat gerade eine Marktkapitalisierung von "nur" 60 Mrd. Euro. Ca. 500 Mio. Aktien sind in Umlauf. Die Gelegenheit ist günstig.

    • @Aurego:

      Leider ist das Angebot an Stammaktien relativ überschaubar, Volumen zwischen 50.000 und 130.000 Stück je Handelstag. Bei den Vorzugsaktien gehen auch schon mal 2.600.000 an einem Tag über die Theke.

      Und solange der Piech-Clan seine Mehrheit an den Stammaktien hält, kann man kaufen, wie man lustig ist, erhält höchstens einen besseren Einblick in die Bücher.

    • @Aurego:

      Na klar! Die Arbeiterin an der Produktionsstraße soll mal eben Aktien kaufen. Wo von?



      Der Kapitalismus ist vielleicht die Antwort auf die Fragen unserer Zeit...

      • @Erwin1.:

        Ihnen scheint nicht klar zu sein, was frau bei VW am Band verdient: im Schnitt ohne Jahresboni! Das reicht für Aktien.

    • @Aurego:

      Immerhin zahlt VW eine gute Dividende pro Aktie, zumindest die letzten Jahre. Bin gespannt auf die Dividende für 2024. Und die Vorzugsaktien bekommt man eben vergünstigt. Zugreifen!

      • @Der Cleo Patra:

        Aktien ohne Stimmrecht würde ich von VW nicht kaufen.