Linksbündnis in Frankreich: Wer ist wer in der „Volksfront“?
Ein Linkspopulist, eine Grüne, ein Sozialist, ein Gewerkschafter: Das sind die vier wichtigsten Personen in Frankreichs Linksbündnis. Was wollen sie?
Jean-Luc Mélenchon
Der 72-jährige Jean-Luc Mélenchon von der linkspopulistischen Partei La France Insoumise („Das unbeugsame Frankreich“) ist seit Jahrzehnten eine feste Größe in der französischen Politik. Zunächst war er Mitglied der Sozialistischen Partei (PS) und hatte vorübergehend auch einen Ministerposten inne.
2012, 2017 und 2022 kandidierte er für das Präsidentenamt und verbesserte jedes Mal sein Ergebnis. Im Jahr 2022 belegte er Platz drei, knapp hinter Marine Le Pen vom rechtsnationalen Rassemblement National (RN).
Mélenchon ist ein erklärter Bewunderer des kubanischen Revolutionsführers Fidel Castro und eine der am stärksten polarisierenden Figuren in der französischen Politik. Seine Steuer- und Ausgabenvorschläge, seine Rhetorik und außenpolitischen Positionen kommen bei vielen nicht gut an. Er plädiert etwa für eine Reichensteuer und den Austritt aus der Nato. Weil er sich unter anderem für die Rechte der Palästinenser stark macht, beschuldigen ihn Kritiker des Antisemitismus. Er bestreitet diese Vorwürfe.
Marine Tondelier
Marine Tondelier (37) ist die Chefin der französischen Grünen. Sie kommt aus Henin-Beaumont im Norden Frankreichs, einer Hochburg des rechtsextremen Rassemblement National (RN) und ihrer Anführerin Marine Le Pen.
Im Jahr 2014 wurde Tondelier als Oppositionsmitglied in den Gemeinderat der Stadt gewählt. In einem Buch mit dem Titel „Nouvelles du Front“ („Neuigkeiten von der Front“) dokumentierte sie ihre Erfahrungen mit der Arbeit unter einem RN-Bürgermeister und die ihrer Meinung nach bedrückende Atmosphäre, die von der rechtsextremen Regierung geschaffen wurde.
Tondelier wurde 2021 auch in den Regionalrat des Nordens gewählt und übernahm im darauffolgenden Jahr den Vorsitz von Frankreichs bekanntester ökologischer Partei, den Grünen.
Raphael Glucksmann
Raphael Glucksmann (44) führte die Kandidatenliste der altehrwürdigen Sozialistische Partei bei den Europa-Wahlen Anfang Juni an. Sie erhielten fast 14 Prozent der Stimmen und landeten damit knapp hinter Macrons Gruppe „Ensemble“. Das Ergebnis wurde als Zeichen der Wiederbelebung der ehemaligen Regierungspartei gewertet, die zunehmend in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht war.
Glucksmann, ein ehemaliger Eliteschüler, war zunächst Journalist und machte Karriere im Rundfunk. Später orientierte er sich um, unter anderem war er Berater des damaligen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili.
Glucksmann steht für eine starke europäische Unterstützung für die Ukraine in ihrem Widerstand gegen die russische Invasion.
Laurent Berger
Laurent Berger (55) ist ein ehemaliger Gewerkschaftsführer. Er war Vorsitzender einer der größten französischen Gewerkschaften, der gemäßigten CFDT (Confedertation Francaise Democratique du Travail) und hat sich in der Vergangenheit als starker Gegner des rechtsextremen Rassemblement National (RN) positioniert.
Berger hat zwar gesagt, dass er nicht Ministerpräsident werden wolle. Er gilt vielen als Gegenpol und beliebte Alternative zu Jean-Luc Melenchon.
Wie ist die Lage im Parlament?
Das Linksbündnis Nouveau Front populaire errang bei der Parlamentswahl mehr als 180 der 577 Sitze und wird damit neue stärkste Kraft in der Nationalversammlung. Allerdings verfehlte es deutlich die absolute Mehrheit von 289 Mandaten. Mit Macrons zweitplatziertem Bündnis der Mitte (mit mehr als 160 Sitzen) und der rechtsnationalen Partei Rassemblement National von Marine Le Pen als drittstärkste Kraft (mit mehr als 140 Sitzen) haben die französischen Wähler das Parlament in drei große Blöcke aufgeteilt.
Macron hatte nach der Europawahl vorgezogene Neuwahlen ausgerufen, um – so seine Hoffnung – klare Verhältnisse zu schaffen. Doch das Ergebnis der Wahl bescherte ihm das Gegenteil. Frankreich, der zweitgrößten Volkswirtschaft der EU, droht kurz vor den Olympischen Spielen in Paris eine politische Hängepartie.
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Nach der ersten Runde der Parlamentswahl war eine absolute Mehrheit für die Rechtsnationalen erwartet worden. Doch Absprachen zwischen dem Linksbündnis und Macrons Lager mit dem Rückzug zahlreicher Kandidaten zugunsten der jeweils anderen zeigten Wirkung. Ungeachtet des verpassten Wahlsiegs war es für den RN dennoch das beste Ergebnis der Geschichte. Bei ihrem bislang größten Erfolg hatte die Partei es im Jahr 2022 auf 89 Sitze gebracht.
Was will das Linksbündnis?
Ein Parlament ohne klare Mehrheitsverhältnisse ist im modernen Frankreich ein Novum und eine politische Hängepartie könnte weitreichende Auswirkungen auf die Unterstützung für die Ukraine, diplomatische Initiativen und die wirtschaftliche Stabilität in Europa haben.
Die Führung des Linksbündnisses forderte als stärkste Kraft die erste Möglichkeit, eine Regierung zu bilden und einen Premierminister oder eine Premierministerin vorzuschlagen. Die Linke will viele Reformen Macrons rückgängig machen, Staatsausgaben erhöhen und eine härtere Haltung gegenüber Israel vertreten.
Allerdings ist unklar, ob sich die Parteien aus dem Bündnis überhaupt auf einen Regierungschef einigen könnten. „Wir brauchen jemanden, der uns Konsens bietet“, sagte Sozialisten-Chef Olivier Faure, dessen Partei Teil des Bündnisses ist
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