Linken-Konzept für kommunalen Wohnungsbau: Lederer legt ne Schippe drauf
Die Linke will den Bau von bezahlbaren Wohnungen ankurbeln. Landeseigene Gesellschaften sollen Eigenkapital erhalten – und 7.500 Wohnungen pro Jahr bauen.
Damit es dazu nicht kommt, hat die Berliner Linke am Mittwoch ein Konzept für ein kommunales Wohnungsbauprogramm vorgeschlagen, durch das der Bau von jährlich 7.500 bezahlbaren Wohnungen durch die landeseigen Wohnungsbaugesellschaften (LWU) sichergestellt werden soll.
Die Zielzahl von insgesamt 20.000 Neubauwohnungen im Jahr, an der die Politik immer wieder aufs Neue scheitert, und die dennoch von den Parteien wie ein Mantra vor sich hergetragen wird, bezeichnet Lederer als „Prinzip Hoffnung“. Das sei aber nicht mehr die relevante Größe. Stattdessen komme es darauf an, was gebaut wird: Neubauwohnungen mit Preisen von 20 Euro pro Quadratmeter „gehörten nicht dazu“, sagt Lederer. So sieht es auch der Berliner Mieterverein, deren Geschäftsführerin Ulrike Hamann bei der Pressekonferenz der Linken sagte: „Nicht jeder Neubau ist sinnvoll.“
7.500 Neubauwohnungen im Jahr zu Mieten von 7 bis 7,50 Euro pro Quadratmeter, so wie es die Partei es sich vorstellt, wären für den sozialen Wohnungsbau in Berlin mehr als nur ein Meilenstein. Lediglich 8.895 Sozialwohnungen sind von 2016 bis zum dritten Quartal 2022 fertiggestellt worden – etwa doppelt so viel wurden genehmigt. Das Ziel von 5.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr bleibt trotz zuletzt ansteigender Zahlen bei den landeseigenen Gesellschaften in weiter Ferne.
Das Ergebnis ist niederschmetternd: Der Bau neuer Sozialwohnungen hält nicht Stand mit dem Verlust durch auslaufende Sozialbindungen. Der Bestand ist auf deutlich unter 100.000 gesunken – bei einer Million Berliner:innen, die aufgrund ihres geringen Einkommens Anspruch darauf hätten.
Die Kommunalen sollen es richten
„Der Markt wird es nicht lösen“, sagt Lederer und hätte verweisen können auf die nur 166 Sozialwohnungen, die 2022 durch Private gebaut wurden: Wohnungen zudem, die 30 Jahre lang staatlich bezuschusst werden, ehe sie dann ohne Mietpreisbindung teuer vermietet werden können. Linken-Mietenexperte Niklas Schenker nennt das Konzept des privaten Sozialwohnungsbaus „Investorenförderung mit sozialer Zwischennutzung“.
Es anders zu machen bedeutet für die Linke demnach, so Lederer: „Deutlich mehr Investitionen in den kommunalen Neubau.“ Damit sollten Wohnungen entstehen, die dauerhaft für den großen Teil der Berliner:innen zur Verfügung stehen, die nicht überdurchschnittlich verdienen.
Das bisherige Fördersystem funktioniert so: Das Land vergibt zinsvergünstigte Darlehen und Zuschüsse. Die Linke will stattdessen nun den Landeseigenen direkt Eigenkapital zuführen. Diese sollen den Neubau also nicht mehr vor allem durch ihre Mieteinnahmen finanzieren müssen.
6.5000 Wohnungen haben die sechs Gesellschaften im vergangenen Jahr fertiggestellt – und dabei die bisherige Sozialwohnungsquote von 50 Prozent knapp verfehlt. Zukünftig sollen sie also auf den Bau frei finanzierter Wohnungen, die auch schon mal 14 Euro pro Quadratmeter kosten, verzichten können.
1 Milliarde pro Jahr
Insgesamt fast eine Milliarde Euro jährlich sollen den Wohnungsbaugesellschaften dafür vom Staat zur Verfügung gestellt werden, 130.000 Euro pro Wohnung – etwa die Hälfte der tatsächlichen Kosten. Der Rest soll durch Eigenkapital der Wohnungsbaugesellschaften sowie Kredite finanziert werden.
Was nach viel, viel Geld klingt, relativiert sich beim Blick auf die Summe, die bislang schon zur Verfügung steht – laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 739 Millionen Euro pro Jahr. Abgerufen wird es dagegen nur zu einem Teil. Laut der Linken soll es auch weiter Fördergelder für Genossenschaften und Private geben – dies ist auch die Voraussetzung dafür, dass Berlin keine Mittel des Bundes verlorengehen.
Um die kommunalen Gesellschaften in die Lage zu versetzen, mehr und bezahlbar zu bauen, will die Linke eine „eigenständige Projektentwicklung durch den Aufbau von landeseigenen Bau- und Planungskapazitäten“ an zentraler Stelle. Bislang ist es Usus, dass Degewo, Howoge und Co. jeweils für sich planen und private Entwickler mit dem Bau beauftragen. Die Linke will dagegen eine gemeinsame Tochter der LWUs zur Projektentwicklung sowie eine landeseigene Gesellschaft zur Baulanderschließung gründen.
In ferner Zukunft stellt man sich auch eine „Bauhütte“ vor, in der Bauteile seriell gefertigt werden. Die Idee hat der linke Stadtforscher Andrej Holm schon vor Jahren aufgebracht.
Geisel reagiert abwehrend
Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) sagte auf taz-Anfrage: „Ich begrüße die Fähigkeit der Linkspartei zur Selbstkritik, nachdem sie jahrelang den Wohnungsbau verlangsamt oder gar gestoppt hat.“ Er verwies auf das bereits vereinbarte Ziel von 7.000 landeseigenen Neubauwohngen pro Jahr. Eine neue Gesellschaft sei eine „weitere Bürokratieebene“, es brauche dagegen „schlanke Strukturen, schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren, zügige Umsetzung, engagierte Aktivierung landeseigener Flächen“, sagt er.
Der Linken-Abgeordnete Schenker sagte dagegen, Geisel habe unter Beweis gestellt, dass er „nicht willens oder ausreichend in der Lage ist, für bezahlbares Wohnen zu sorgen“. Der Bau von 7.500 Sozialwohnungen „entspricht einer Verdopplung des aktuellen bezahlbaren Neubaus“. Auch das Argument mit der weiteren „Bürokratieebene“ will er nicht gelten lassen. Der „Aufbau kommunaler Bauträger“ sorge für eine „Beschleunigung und Ausweitung des bezahlbaren Neubaus“, meint er.
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