Lindners Wirtschaftspapier: Keine Zeitenwende
Finanzminister Lindner hat ein Papier erstellt, das eine Zeitenwende in der Wirtschaftspolitik fordert. Es besteht aus den bekannten FDP-Forderungen.
N ach dem Wahlkampf ist vor dem Wahlkampf: Für die Liberalen gibt es keine Pause. Während alle anderen PolitikerInnen ihre Weihnachtsferien genießen, schaltet FDP-Chef Christian Lindner bereits auf Angriff. Denn im nächsten Jahr stehen gleich drei Landtagswahlen an – in Bremen, Bayern und Hessen.
Also ließ Lindner ein fünfseitiges Papier erstellen, das eine „Zeitenwende in der Wirtschafts- und Finanzpolitik“ fordert. An diesem Werk fällt vor allem auf, dass es keine Zeitenwende ist. Jedenfalls nicht für die Liberalen. Stattdessen stehen dort die gleichen Forderungen, die die FDP immerzu erhebt: Die Steuern für die Reichen und die Unternehmen sollen sinken.
Lindner scheint zu glauben, dass es WählerInnen gibt, die noch nicht wissen, dass die FDP die selbsternannte Steuersenkungspartei ist, und die daher eine weitere Epistel benötigen. Das ist eine seltsame Annahme. Schließlich erzählen die Liberalen seit nunmehr 40 Jahren immer das Gleiche, nämlich dass die Unternehmen und Spitzenverdiener „entlastet“ werden müssen.
Steuersenkung zieht nicht
Lindner müsste eigentlich zu der Einsicht gekommen sein, dass das Thema Steuersenkung derzeit nicht zieht. Denn die Wahlen in diesem Jahr waren für die Liberalen eine Katastrophe. Im Saarland verpasste die FDP erneut den Einzug in den Landtag, in Niedersachsen flog sie raus. In Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen hat sie es zwar knapp in die Parlamente geschafft, sitzt aber nicht mehr in der Regierung. In beiden Ländern regiert jetzt Schwarz-Grün.
Schwarz-Grün ist die Urangst der Liberalen, zeigt dieses Bündnis doch, dass das bürgerliche Lager die FDP nicht mehr braucht, um Mehrheiten zu erzeugen. 2025 könnte es auch im Bund so weit sein, denn die Liberalen dümpeln derzeit bei 7 Prozent in den Umfragen. Also versucht Lindner, in die Offensive zu kommen. Das wird aber nicht mit Forderungen gelingen, die 40 Jahre alt sind und die jede sattsam kennt. Die FDP müsste sich neu erfinden. Diese Zeitenwende wird nicht demnächst stattfinden – wie das Papier namens „Zeitenwende“ klar zeigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Autounfälle
Das Tötungsprivileg