Lindemann im KitKat: Kein Safe Space für Till
Der Rammsteinsänger steht beim Besuch im KitKat vor offenen Türen. Der sex-positive Club hat sich damit zum Non-Safe-Space gemacht.
D ie Füße stillhalten konnte Rammstein noch nie. Auch jetzt, wo zahlreiche Frauen nicht mehr nur dem Frontsänger Till Lindemann, sondern auch dem Keyboarder Christian Flake Lorenz sexualisierte Gewalt vorwerfen, provoziert die Band weiter: Auf den Berliner Konzerten brüllt Lindemann statt wie üblich „alle haben Angst vorm Schwarzen Mann“, „alle haben Angst vor Lindemann“. Und weil die Aftershowparties im Olympiastadion von Innensenatorin Iris Spranger (CDU) verboten wurden, geht er halt in aller Öffentlichkeit in den sex-positiven Technoclub KitKat.
Damit ist endgültig klar: Lindemann und Flake sind die Missbrauchsvorwürfe egal. Das ist angesichts des Verhaltens der Band seit Bekanntwerden der Vorwürfe wenig überraschend. Doch es bleibt noch ein weiteres ungutes Gefühl: Wie sicher können sich KitKat-Besucher*innen vor übergriffigen Männern fühlen?
Eigentlich ist die Location mit ihrer strengen Türpolitik, bei der auch die Handykameras der Gäste abgeklebt werden, darauf aus, Freiräume zu schaffen. Die Freiheit, die das KitKat als vermeintlicher Safe Space immer garantieren wollte, ist jetzt aber dahin. Wer fühlt sich schon frei in einem Club, in dem ein mutmaßlicher Sexualstraftäter unbehelligt neben einem abgeht? Dabei ist egal, ob die Türsteher den Rammstein-Sänger nun absichtlich oder wegen Überforderung reingelassen haben, ein gut geschultes Team sieht anders aus. Offenbar ist der Schuppen in Sachen Awareness schlecht aufgestellt – für einen Freiraum für Sex ist das verheerend.
Neben dem Schaden, den der Club sich damit selbst zugefügt hat, ist er auch zur Stütze des Systems „Lindemann“ geworden. Wieder einmal stehen dem Rammstein-Macho alle Türen offen – auch der Eingang zum KitKat. Die Konsequenzen ihres Handelns wurden der Band wieder einmal nicht aufgezeigt.
Was bleibt, ist die Frage: Können im KitKat auch andere mutmaßliche Sexualtäter einfach ein und aus gehen? Lust auf einen Besuch macht das nicht.
Richtigstellung
Die taz hat an dieser Stelle berichtet, dass Till Lindemann mit seinen Kollegen in den KitKat Club gegangen sei. Das stimmt nicht. Till Lindemann war von Sonntag auf Montag, 16. auf 17. Juli 2023, ohne seine Kollegen im KitKat. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. Die Redaktion
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen