Lehren aus Corona zum Umgang mit Kindern: Dinosaurierstatus ablegen
Corona war sicher nicht die letzte Pandemie. Die Krise hat aber Defizite im Bildungsbereich aufgezeigt, die Deutschland schnellstens beheben muss.
S pät, aber endlich doch gelangen Politik und Behörden zu der Einsicht, dass Kinder während der Pandemie einzig zu potenziellen Virusträgern reduziert wurden. Zu Unrecht. Sie, deren Interessen und Bedürfnisse über Monate missachtet wurden, rücken jetzt in den Fokus: Die Kultusminister streben eine Rückkehr zum Regelbetrieb an Schulen an, die oppositionellen Grünen laden Mitte der Woche zu einem Schul-und-Kita-Gipfel, das Interesse der Wissenschaft, die Infektiosität von Kindern zu erforschen, ist plötzlich immens. Und die Gesundheitsminister der Länder analysieren das Infektionsgeschehen an den wiedereröffneten Schulen und Kitas mit bemerkenswerter Präzision.
Ihre mehrheitliche Empfehlung – eine möglichst baldige Wiederaufnahme des Präsenzbetriebs ungeachtet noch ausstehender Ergebnisse der Forschung über die Übertragungswege – zeigt, wie sehr sie inzwischen sensibilisiert sind auch für psychische und soziale Fragen.
Das alles ist gut – auch für den künftigen Umgang mit vulnerablen Gruppen (seien es nun Kinder oder Senioren) in Krisensituationen, in denen unter großer Unsicherheit schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen. Solche Entscheidungen, das stimmt, können nicht immer perfekt sein.
Jetzt zu schlussfolgern, man könne beruhigt hinter den Komplex „Corona, Kinder und Bildung“ ein Häkchen setzen, wäre freilich eine Fehleinschätzung. Die Krise hat gezeigt, welche Defizite insbesondere im Bereich des digitalen Unterrichts existieren. Deutschland muss seinen Dinosaurierstatus hier ablegen, Lehrerinnen und Lehrer schnellstmöglich weiterbilden und Schulen mit der Technik ausstatten, die den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Denn sicher ist: Corona war nicht die letzte Pandemie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann