Laubbläser gefährden Tiere: Vom Wrroooooooo verweht
Laubbläser schießen auch Käfer und Jungigel mit 250 Stundenkilometern durch die Luft. Unser Autor fordert herzhafte Verbote zur richtigen Zeit.
V or meinem Fenster leuchtet die Ampel. In diesen Tagen der Vor-Parallel-und-Jetzt-aber-wirklich-Sondierungen ist das ja schon eine Schlagzeile. Knallig rot, gelb und grün strahlen die Bäume in unserem Hinterhof in den schönsten Herbstfarben.
Und am Boden liegen die Blätter, auf denen … Wrroooooooo … Entschuldigung, wo war ich? Können Sie mich hören? Ja, das ist hier gerade ein bisschen schwierig zu verstehen, der Hausmeister ist mit dem Laubblasgerät unterwegs, um den Fallout des Ahorns zu …wrroooooooo …
Auch in unserem Hof wütet also einer dieser Rucksacktornados, die jetzt wieder als Ohrenpest Stadt und Land überziehen. Zu den Holzbläsern und Blechbläsern kommen im Oktober die Laubbläser, die mir mit ihrem an- und abschwellenden Wrroooooooo das Hirn weichklopfen. Der Hausmeister hat einen Kopfhörer, während ich hier in die Tischkante … wrroooooooo…
In meiner Wut bin ich nicht allein. Die Deutsche Wildtierstiftung liefert „Gründe, warum der Laubbläser (und auch der Laubsauger) endgültig in die Schuppenecke gehört“: Mit 250 Stundenkilometern werden nicht nur Blätter, sondern gleich alle Spinnen, Käfer und sogar Mäuse und Jungigel „mit 70 Metern pro Sekunde durch die Luft geschossen“. Dabei dröhnt das Wrroooooooo wie ein Presslufthammer mit bis zu 100 Dezibel.
Laubsauger wiederum zerhäckseln gleich alles, was sie ansaugen. Und mit dem Laubteppich, der vom Winde verweht wird, verschwinden auch die Winterquartiere für Spitzmaus, Erdkröte, Ringelnatter, Schmetterling und Molch. Also … Wrroooooooo … lieber Harke und Besen nehmen, Beete mit Laub bedecken, Feinstaub und Kohlendioxid sparen.
Mich wundert nur, was die WildtierhüterInnen nicht fordern: diese Folterinstrumente schlicht zu untersagen. Denn die wirklichen Sprach- und Denkverbote in diesem Land betreffen nicht durchgeknallte Querdenker-Theorien, sondern das Wort Verbwrrooooooooot. Qualfleisch, Inlandsflüge, Dieselmonster? Nicht schön, aber bitte nicht verbieten!
Ganz falsch. Ein herzhaftes Verbot zur richtigen Zeit ist eine feine Sache. Wenn man es anders nennt, finden es sogar SPD und FDP gut. Denn was sonst sind rote Ampeln, die Verpflichtung zum Steuerzahlen, der Zwang zur Kfz-Versicherung oder die Einschränkung beim Waffentragen? All das beschneidet unsere Freiheit!
Gut so. Und psst, nicht weitersagen: Es gibt sogar Verbote, die auch die liberalsten Liberalen gut finden. Etwa die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente, die den Apotheken nützt. Oder Subventionen für Dienstwagen, die ja untersagen, alle Autofahrer gleich zu behandeln.
Und huch!, wenn man mal nachdenkt, ist sogar der Emissionshandel für CO2-Zertifikate, von der FDP zum Heiligen Gral der Klimapolitik erhoben, wegen seiner Obergrenze an Emissionen eigentlich auch ein Verbwrroooooooo …
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung