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Landgrabbing in DeutschlandDen Ausverkauf stoppen

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Immer mehr Investoren erwerben Agrarbetriebe vor allem im Osten Deutschlands. Die Länder müssen endlich mit neuen Gesetzen einschreiten.

Zunehmend im Visier: landwirtschaftliche Flächen, hier ein Kartoffelacker Foto: dpa/Jens Büttner

D er Einstieg schwerreicher Erben der Discounterdynastie Aldi in einen Agrarbetrieb ist ein Weckruf. Er zeigt exemplarisch, dass immer mehr landwirtschaftliche Unternehmen bei großen Investoren landen, die fernab der Höfe wohnen. Das betrifft vor allem Ostdeutschland mit seinen traditionell sehr großen Betrieben. Denn ein Konzern wie der weltgrößte Rückversicherer Munich Re, der Möbelhaus-Clan Steinhoff oder die Pharmaerben Merckle (Ratiopharm) wollen nicht ein paar Hunderttausend Euro anlegen, sondern Millionen.

Für diese Reichen sind Agrarbetriebe vor allem wegen der Landwirtschaftssubventionen attraktiv. Die Europäische Union vergibt diese EU-weit rund 58 Milliarden Euro pro Jahr bisher vor allem in Form von „Direktzahlungen“, die die Landwirte einfach pro Hektar bekommen. Wer also viel Land hat, bekommt auch besonders viel Geld vom Staat. Dieses viel kritisierte System garantiert Investoren wie den Aldi-Erben eine sichere Rendite, die wegen der andauernden Niedrig-Zins-Phase höher ist als die jeder einigermaßen sicheren Anleihe auf dem Kapitalmarkt.

Eigentlich soll dieses Staatsgeld ländliche Regionen etwa in Mecklenburg oder Sachsen-Anhalt stärken. Doch immer mehr Eigentümer der Agrarbetriebe dort leben in Starnberg, Hamburg oder Hannover. Deshalb fließt immer mehr dieser Subventionen anstatt in die wirtschaftlich schwachen Regionen im Osten in den wohlhabenderen Westen. An Leute, die es eh nicht brauchen, weil sie ja schon auf Millionen oder Milliarden – oft nur geerbt – sitzen.

Diese Umverteilung von Ost nach West, von Arm zu Reich, nehmen viele Leute in den Dörfern wahr. Das trägt zu dem weit verbreiteten Gefühl bei, abgehängt zu sein und dem Eindruck, dass die Reichen immer reicher werden. Auch das speist den Unmut, von dem die AfD profitieren kann. Landgrabbing ist also auch eine Gefahr für unsere tolerante Gesellschaft.

Deshalb sollten die seit der Föderalismusreform zuständigen Länder endlich Gesetze verabschieden, um Verkäufe von Agrarbetrieben an überregionale Großinvestoren verbieten zu können. Bisher dürfen die Behörden nur den Verkauf von Agrarland untersagen.

Es gab zum Beispiel in Sachsen-Anhalt einen Gesetzentwurf in diese Richtung. Doch ausgerechnet der Bauernverband hat ihn verhindert. Schließlich sitzen in seinen Reihen Profiteure des Ausverkaufs. Die Regierungsfraktionen zum Beispiel in Magdeburg oder Potsdam sollten den Schneid haben, sich über so ein Veto hinwegzusetzen. Schließlich sind sie vom Volk, nicht von einer egoistischen Lobbygruppe gewählt worden.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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10 Kommentare

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  • Welche antidemokratisch gesellschaftspolitische Brisanz diese Art EU Agrarsubvention entfalten kann, erweist sich an der Agrasubvention in der Weimarer Republik unter Reichskanzler Heinrich Brüning bis 1932, der mit sog Osthilfe insbesondere unterfinanziert, überschuldet ostelbischen, ostpreußischen Landwirten die Existenz durch Entschuldung per nicht rückzahlbarer Zuschüsse und über zinsgünstige Kredite sichern, das Bauernlegen nach der Weltfinanzkrise 1929 beenden, Arbeitslose aus Industriegebieten als Kleinbauern ansiedeln wollte. Was letztlich dazu führte, dass Großagrarier, Junker, z. Teil wie der preußische Hohenzollern Kronprinz, der Sohn Reichspräsidenten Hindenburg Oskar, sich durch Vortäuschung von Überschuldung diese Subventionen ungesetzlich erschlichen, allein Exil Kaiser Wilhelm II zweite Gattin Hermine in Doorn/Holland etwa 600 000 RM (Quelle Bernt Engelmann "Einig ggen Recht und Freiheit" , 1975, C. Bertelsmann Verlag, S. 191). Weihnachten 1932 flog dieser Skandal mit der Folge auf, dass interessiert ostelbische Junker Kreise, darunter Reichspräsident Hindenburg und Sohn, am 30. Januar 1933 für die Machtübernahme Hitlers sorgten, der in Vier Augen Gesprächen hochstehend Beschuldigten im Fall seiner Kanzlerschaft Straffreiheit zugesichert hatte und dann auch mit Erpressungspotenzial zu anderem Zwecke gewährleistete.

    Gut vom Landgrapping hierzulande wie in Afrika durch deutsche Großinvestoren zu sprechen, aber was ist mit christlichen Kirchen hierzulande, die seit Ende Bauernkriegen 1525 nach dem Staat zweitgrößter Grund- , Boden- , Immobilieneigentümer sind, ebenfalls mit ihren Agrar-Tendenzbetrieben Unsummen an EU Subventionen abgreifen, neben 580 Millionen €/anno aus angeblich alten Rechtstiteln seit 1806, erneuert 1919, bestärkt 1949, dynamisiert prolongiert im Wege Deutscher Einheit 1990?

  • Warum werden diese Flächen verkauft, wenn man dadurch die Liezens zum Geldrucken hat ? hat der vorherige Besitzer sein Geld schon beieinander, und lässt nun andere an die Fleischtöpfe ?



    Es ist die selbe Idiologie, Reiche als Feindbilder aufzubauen, die andere benutzen gegen Ausländer. Man braucht halt ein Feindbild, dann fühlt man sich gut.

    Ausgleichzahlungen dienen bei uns zwei Zwecken :



    1. Massenweise billige Lebensmittel auf höchstem Niveau, damit genug freies Geld für andere Produkte da ist.



    2. solange ein Landwirt diese erhalten will, muss er Wirtschaften wie es vorgeschrieben wird d.h. er muss befolgen was er anbaut ( Fruchtfolge ) wie er Düngt ( Düngebilanz ) wie er seine Felder Bearbeitet ( Greening ) wann er Düngen darf ( Sperrzeiten ) Pflanzenschutz ist dann noch abhängig, wo sich seine Felder befinden ( Wasserschutz )

    • @Günter Witte:

      Ich frage mich, wie kann es sein, dass noch immer so viele den Reichen das Wort reden?

      Reiche werden doch nicht reicher auf grund von eigener Leistung, oder weil sie besonders fleißig wären, sondern weil sie Menschen in diesem Land ausbeuten dürfen.

      Wie sagte einmal ein älterer Herr: "Hinter jedem großen Vermögen, steht ein großes Verbrechen"

      Und wenn man sich anschaut, dass eine reiche Minderheit von über mehr als 5000 Milliarden Euro Barvermögen verfügen, ohne Immobilien, und der Rest am Ende des Tages nicht weiß, ob sie von dem Hungerlohn, ihre Miete bezahlen oder Essen kaufen sollen? Beides geht oftmals heute nicht mehr?

      Und wenn man dann sich noch die westdeutsche reichenfreundliche steuer und sozialgesetzgebung nur seit Adenauer anschaut. Dann kann man wohl behaupten: "Deutschland den Reichen" Und das offensichtlich finden auch Teile der Bürger nocht gut? Weil sie glauben, wenn sie sich nur irgendwie toll anstrengen, auch dazu zu gehören? Toi Toi Toi.

    • @Günter Witte:

      "Warum werden diese Flächen verkauft, wenn man dadurch die Liezens zum Geldrucken hat ?"



      Ganz einfach: Ein Landwirt sieht seine Aufgabe darin, Landwirtschaftliche Erzeugnisse zu erzeugen.



      Die Heuschrecken sehe Ihre Aufgabe darin, Geld abzugreifen, wo es nur geht.



      Also: Der Landwirt besitzt zwar die Gelddruckmaschine, benutzt sie aber aus Gesellschaftlicher Verantwortung nicht. Die "Großinvestoren" fühlen sich nicht der Gesellschaft sondern nur Ihren Investoren verpflichtet und haben solche Skrupel also nicht.

      • @Franz Georg:

        FALSCH !



        Landwirte sind Unternehmer, und auch Landwirte wollen für ihre Arbeit entlohnt werden. Die Ausgleichszahlungen machen heute ca. 1/3 des Gewinnes aus. Wenn man sich die mittleren Gewinne je Betrieb anschaut, wieviel Personen je Betrieb, wieviel Stunden im Jahr Arbeiten, schaffen viele Betriebe nicht die Entlohnung, was für Angestellte als Mindestarbeitslohn gilt.



        Schauen Sie sich im Internet, für jedem frei zugänglich, die Liste der Subventions- Empfänger an, wer die wahren "Heuschrecken" sind, Landesbehörden, Ministerien, Erzeugergemeinschaften, Konzerne, Umweltverbände ( BUND + NABU gehören zu den größten Flächenbesitzern in D ). 2018 gab es in Deutschland ca. 266,7 Tausend Landwirtschaftliche Betriebe und ca.326000 Empfänger der Ausgleichzahlungen.



        Ausgleichszahlungen sofort weg, höhere Preise, würden Sie da mitmachen ?

  • Nun, ich dachte bei Immos, Wald und Landwirtschaft muss der Verkauf stets den Kommunen angezeigt werden und die auch heute schon ein Vorkaufsrecht haben. Das nimmt nur niemand wahr.



    Geesetz nicht zu verkaufen an bestimmte Leute?



    Also heißt das ja, dass jemand sein Eigentum gar nicht mehr verkaufen kann/darf. Was soll dass denn? Zwangsbesitz?



    Nein: Der Staat muss sein Vorkaufsrecht nutzen....dazu braucht es Money... wie wäre es mit einem Fonds und Bürgerbeteiligung, wie übrigens auch bei BMW und Co und dem Thema Rentensicherung der Bürger.



    Sorry, bin da eher der Proaktive nicht der Verbieter.

    • @Tom Farmer:

      "Das [Vorkaufsrecht] nimmt nur niemand wahr"



      Wie der Name schon sagt, ist das Vorkaufsrecht ein Recht etwas bevorzugt (also als erster) zu KAUFEN.



      Um sein Vorkaufsrecht wahrzunehmen braucht man also Geld.



      Leider ist in unserer (neoliberal indoktrinierten) Gesellschaft kein Geld zum Erhalt der Funktionsweise der Gesellschaft bereit ;-)



      [Hier schlägt der durch die Neoliberalen propagierte "Egoismus" und die "Kurzsichtigkeit" voll durch ... sollte man sich vllt mal überlegen, ob diese "Ideale" so ideal sind ;-)]

    • @Tom Farmer:

      Ausser bei share deals. Die auch noch den zusätzlichen Charme haben, sich um die Grunderwerbssteuer drücken zu können.

      Für jeden Trick haben die Reichen ein Gegentrick. Wir haben viel zu lange dem tatenlos zugeschaut, Gegensteuern wird echt schwierig sein: ohne die eine oder andere "robuste" Massnahme sehe ich da schwarz.

      Wenn hier manche beim Wort "Enteignung" schon nach den Riechsalzen greifen...