Kurzsichtige Medienberichte über Iran: Verteufelte Iraner*innen
Für die deutschen Medien ist die iranische Gesellschaft nichts weiter als eine Projektionsfläche. Wie sonst wurden aus Feminist:innen Islamist:innen?
L iebe deutsche Medienmacher*innen und Politiker*innen, bitte entscheidet euch! Sind wir Iraner*innen jetzt Terroristen oder nicht? Denn die Verwirrung wird mit jeder neuen Schlagzeile größer und schließlich müssen meine Kinder wissen, was aus ihnen mal werden soll. Was sind wir also? Vorbildliche Feminist*innen? Kopftuchhassende Islamfeinde? Oder doch fanatisch Religiöse aus dem Mittleren Osten?
Nach all den „Frau, Leben, Freiheit“-Rufen, dem Haareabschneiden und leeren Versprechen ist es erstaunlich zu sehen, wie schnell sich Narrative ändern. Sobald die Möglichkeit verpufft, unterdrückte Frauen durch ein westliches Hilfsprojekt zu befreien, wird die alte Route eingeschlagen. Seit dem IS-Anschlag in Kerman ist es nämlich wieder en vogue, Nahaufnahmen von Israel und Amerika verteufelnden Iraner*innen auf allen deutschen Medien abzuspielen.
Ein ZDF-Beitrag zeigt etwa einen Mob wütender Männer, die den Hassreden Chomeinis zujubeln. Grund für die erschreckenden Nahaufnahmen ist die bis dahin noch nicht aufgeklärte Explosion in Kerman. Die „Tagesschau“ vermeldet, dass, „egal ob Opposition oder nicht“, alle den ermordeten Offizier verehren.
Dass beim letzten Todestag Soleimanis Menschen „Koteletts“ verteilten und seinen Tod feierten, wurde vergessen. Auch unzählige Proteste, die sich gegen die Israel-Politik Chomeinis wandten, bleiben außen vor. Die iranische Bevölkerung hat sich von überraschend feministisch zu rückständig islamistisch verwandelt.
Weder fundamentalistisch noch regimeverherrlichend
Geschichten wie die von Roya Heshmati gehen unter. Die Aktivistin wurde zu 74 Peitschenhieben verurteilt, der Grund: Sie wollte den Hidschab nicht tragen. Geschichten wie die der Aktivistin gefährden die deutsche Außenpolitik, etwa die kürzlich beschlossene Aufhebung des Abschiebestopps nach Iran, verweist sie doch auf einen weiterführenden Kampf, der weder fundamentalistisch noch vor allem regimeverherrlichend ist. Mehr als ein Jahr „Jin, Jiyan, Azadi“ ist die iranische Bevölkerung hierzulande nichts weiter als eine Projektionsfläche.
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