Kurde über seine Abschiebung: „Sie werden mich hinrichten“
Der kurdische Iraner Kavan Heidari isst und trinkt nichts. Er streikt seit acht Tagen in einem Hamburger Gefängnis gegen seine Abschiebung.
taz: Herr Heidari, wie geht es Ihnen im Abschiebegewahrsam?
Kavan Heidari: Sehr schlecht. Ich bin seit sieben Tagen im trockenen Hungerstreik. Ich kann weder sitzen noch stehen oder duschen. Mein ganzer Körper tut weh. Außerdem habe ich einen Tumor im Hals und Schäden an den Stimmbändern. Das sind Folgen eines Gifts, das mir als Folter im Iran verabreicht wurde.
Sie wurden als Regimegegner im Iran gefoltert, aber werden in Europa nicht als Flüchtling anerkannt?
Genau. Ich bin bei der kurdisch-demokratischen Partei, die im Grenzgebiet Iran-Irak aktiv und im Iran verboten ist. Ich wurde tausende Male gefoltert, bevor ich in den Untergrund gegangen bin. 2017 kam ich über Rumänien nach Deutschland, deshalb gucken sich die deutschen Behörden meinen Fall gar nicht an sondern wollen mich am 7. April nach Rumänien abschieben. Aber dort haben Iranische Flüchtlinge keine Rechte, da kann ich nicht bleiben.
Welche Hoffnung gibt es noch, dass Sie Asyl bekommen?
Ich hoffe, dass ich nach der vierten Genfer Konvention als politischer Flüchtling anerkannt werde. Aber mein Anwalt sagt, er kann nichts tun. Ich habe ein Schreiben von der kurdisch-demokratischen Partei Irans, das mein Engagement dort nachweist und auch, dass ich dort bereits im Gefängnis war.
42, war im Iran LKW-Fahrer. Wegen seines Engagements bei der kurdisch-demokratischen Partei Irans wurde er gefoltert. 2017 kam er nach Deutschland.
Sind Sie denn überhaupt noch haft- und transportfähig?
Nein, weder körperlich noch psychisch. Ich habe heute darum gebeten, ins Krankenhaus gebracht zu werden, aber sie haben es abgelehnt. Eine Vertrauensperson von mir hat beim Gericht Beschwerde gegen den Haftbescheid eingelegt, das Gericht prüft das derzeit noch.
Sie wurden schon mehrfach aus Deutschland abgeschoben.
Ja, schon zwei Mal. Das letzte Mal war 2019 von München nach Rumänien. Sie haben mich barfuß und an Händen und Füßen gefesselt zum Flughafen gefahren. Als ich gesagt habe, dass ich nicht einsteigen werde, haben sie mir zwei Rippen gebrochen und die Nase blutig geschlagen.
Was droht Ihnen, wenn Sie in den Iran zurück gehen?
Sie werden mich hundertprozentig hinrichten.
Was hat Sie dazu gebracht, sich zu engagieren, obwohl es so gefährlich ist?
Ich hatte keine Wahl, ich musste mich der Partei anschließen, weil ich die Unterdrückung der Kurden gesehen habe. Ich habe mich politisch, zivilgesellschaftlich und in der Umweltbewegung engagiert. Als der Druck zu hoch war, bin ich geflüchtet. Der Kampf für die Demokratie und Freiheit meines Volkes gibt mir Hoffnung.
Haben Sie keine Angst, dafür zu sterben?
Ich wurde schon so oft vom iranischen Regime gefoltert, dass ich keine Angst mehr vor dem Tod habe.
Wie sollte die Bundesregierung mit dem iranischen Regime umgehen?
Ich möchte, dass die Bundesregierung Druck auf den Iran ausübt, auch auf wirtschaftlicher Ebene. Der iranische Staat hat keine Gnade für niemanden. Es gibt keine kurdische Familie, die keine Angehörigen hat, die hingerichtet wurden oder lebenslänglich im Gefängnis sitzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“