Kulturbetriebe fordern Rettungspaket: Corona bedroht die Berliner Clubs
Die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern hat höchste Priorität, sagen die Berliner Clubs. Sie fühlen sich aber in ihrer Existenz bedroht.
Die Berliner Clubcommission, in der 200 Berliner Clubs organisiert sind, hat sich Mittwoch mit dem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister gewandt. Sie fordert, kurzfristig einen Rettungsfonds für die von Umsatzeinbußen betroffenen Clubs und Musikspielstätten einzurichten. Für den Fall, dass es zu Zwangsschließungen von Clubs „von nur vier Wochen“ komme, solle ein Rettungspaket in Höhe von mindestens 10 Millionen Euro die Existenz der Clubs sichern.
Am Montag hatten rund 50 Mitglieder der Clubcommission über schnelle Reaktionen beim Umgang mit der Krise beraten und weitere Maßnahmen ergriffen, um das Ansteckungsrisiko zu verringern und Übertragungswege im Fall einer Infektion schnell zurückverfolgen zu können. In Clubs wie dem Kitkat seien bereits Umbaumaßnahmen im Eingangsbereich durchgeführt worden.
Handzettel mit Informationen wurden an Gäste verteilt und Kontaktadressen der Besucher aufgenommen, um beim Hinweis einer Erkrankung eines Besuchers das Gesundheitsamt unmittelbar informieren und die Kontaktdaten weitergeben zu können. Des weiteren sei über Social Media informiert worden.
Clubs würden zwar meist von jungen, gesunden Menschen besucht, aber das Verhindern einer weiteren Ausbreitung des Virus habe höchste Priorität, um das Gesundheitssystem nicht weiter zu belasten. Veranstaltungen wie „Gegen“ oder die „Trauma Bar“ haben sich bereits entschieden, ihre Veranstaltungen abzusagen oder den Betrieb temporär zu schließen, da Besucher und Künstler bei bestimmten Clubs und Veranstaltungen aus Regionen mit hoher Infektionsrate erwartet werden.
Da die Platz- und Lüftungsverhältnisse Auswirkungen auf die Verbreitung des Virus haben, empfiehlt die Clubcommission zudem, die Gästeauslastung auf 70 Prozent zu reduzieren. Zusätzlich würden erweiterte Hygienemaßnahmen durchgeführt und auch die Gäste umfassend über ihre Eigenverantwortung informiert.
Abwegig ist aber auch das Szenario von Zwangsschließungen nicht mehr. Amtsärzte aus den Bezirken haben laut rbb am Mittwoch in einem Schreiben an Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) gefordert, sämtliche Sport- und Kulturveranstaltungen ab sofort nicht mehr stattfinden zu lassen. Das gelte auch für Veranstaltungen in Clubs. Eine einheitliche Lösung für ganz Berlin sei „unverzüglich erforderlich“.
Die Mehrzahl der bis Dienstagmittag bekannten gewordenen 48 Berliner Covid-19-Erkrankten hatte sich Ende Februar in zwei Berliner Clubs infiziert. In der Bar Trompete am Lützowplatz und in „The Reed“ nahe dem Alexanderplatz.
Die Vorsitzende der Clubkommission, Pamela Schobeß sagte am Mittwoch zur taz: „Wir sehen das Risiko und wir tragen auch eine gesundheitliche Verantwortung.“ Aber das wirtschaftliche Risiko müsse abgefedert werden. Die Clubs seien ein Herzstück von Berlin. Auch einen privaten Rettungsfonds versuche die Clubkommission zu initiieren, sagte Schobeß.
Die Clubcommission hat bereits Kontakt nicht nur zum Berliner Senat, sondern auch zu Banken und Crowdfunding-Anbietern aufgenommen, um einen Rettungsfonds für soziale Härtefälle einzurichten. Wichtig sei, dass diese Entscheidung schnell gefällt werde, sagt Schobeß.
Schon seit Ende Februar seien die Clubs im Austausch mit Christian Drosten, dem Chef-Virologen der Charité. Am Mittwoch habe man sich erneut an Drosten gewandt. „Wir wollen wissen, ob es etwas bringt, wenn die Clubs zwei Wochen zuzumachen“, sagte Schobeß. „Und ob wir danach weitermachen können.“ Desinfektionsmittel an den Eingängen gehören in etlichen Clubs mittlerweile zur Ausstattung.
Der Ausfall von Veranstaltungen und der Besucherrückgang trifft nicht nur die Clubs, sondern auch viele andere kleine und mittelständische Kulturbetriebe in Berlin. Zum einem sagten internationale Künstler Veranstaltungen in der Stadt ab, zum anderen stornierten viele Konzertbesucher ihre Tickets, beklagt die Clubcommission. Das betreffe auch das Tournee-Geschäft von Bands, so dass unter der Krise nicht nur Clubs, sondern auch Live-Spielstätten, Labels und Bookingagenturen litten.
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