Küstenschutz in Spanien: Die Kleinen müssen bluten

Ein neues Gesetz soll Spaniens Klippen und Strände schützen. Es nützt den großen Hoteliers und benachteiligt die Privatbesitzer.

Hauptsache, die Mallorca-Touristen bekommen ihre Hotels. Bild: dpa

MADRID taz | Unterschiedlicher könnten die Szenen nicht sein. Während im südspanischen Nationalpark Cabo de Gata die Betreiber des Hotels Azata del Sol allen Grund zum Feiern haben, macht sich in Denia an der ostspanischen Mittelmeerküste Sorge breit. Das Hotel darf weitergebaut werden, obwohl es keine 25 Meter vom Meer entfernt errichtet wird. So beschloss es das Oberste Gericht der südspanischen Region Andalusien. In Denia droht Hunderten von Häusern der Abriss. Sie stehen knapp hundert Meter vom Meer entfernt. Zu nahe.

„Zwei Jahre nach der Reform des Gesetzes zum Küstenschutz bestätigen sich unsere Befürchtungen“, erklärt die Sprecherin der Umweltschutzorganisation Greenpeace, Pilar Marcos. „Mit dem Gesetz in der Hand werden die Großen geschützt und die Kleinen verfolgt“, sagt die Verantwortliche für den Schutz der Ozeane. Greenpeace kritisierte die Reform des Gesetzes zum Schutz der Küste, die die konservative Regierung im Mai 2013 erließ, von Anfang an. „Wer politische Unterstützung erhält, kann mit positiven Entscheidungen rechnen“, weiß Marcos zu berichten.

Eigentlich sind die ersten einhundert Meter Küste geschützt, gemessen von der Linie an, die das Wasser bei Unwettern erreicht. Dieser Streifen darf nicht bebaut werden. Doch es gibt eine lange Liste von Ausnahmen, die immer wieder dort greifen, wo Großinvestoren ihr Interesse anmelden.

Unter ihnen befinden sich so manche Namen von Politikern aus den Reihen der regierenden Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy. Spaniens ehemaliger Außenminister Abel Matutes, der sich damit brüstet, das Gesetz mit ausgearbeitet zu haben, besitzt Hotels an der Küste. Der ehemalige Landwirtschaftsminister und jetzige EU-Kommissar für Energie, Arías Cañete, hat ebenfalls an der Küste investiert.

Neuvermessung der Küsten

Das Gesetz ermöglicht eine Neuvermessung der Küste, wenn dies vom Eigner beantragt und finanziert wird. „Wir haben Revisionen des Küstenverlaufs erlebt, die schlicht unglaublich sind“, berichtet Anwalt José Ortega. Er verteidigt die Bürgerinitiativen derer, die dem Küstenschutz zum Opfer fallen, unter ihnen auch die Betroffenen aus Denia. In Alcudía auf Mallorca wurde eine solche Vermessung vorgenommen. „Alte Landhäuschen am Wasser liegen innerhalb der geschützten Zone. Dort wo Hotels stehen, macht die neue Grenzlinie plötzlich einen rechten Winkel. Die Hotels befinden sich dadurch im ungeschützten Gebiet“, berichtet der Anwalt.

Es ist nicht der einzige Fall. In Huelva wurden Hotelanlagen ausgenommen, die auf Dünen errichtet wurden. Das Gleiche gilt für die Anlagen der Marina d’Or in Oropesa del Mar in der Region Valencia. Die Hochhäuser stellen einen baulichen Riegel zwischen dem Hinterland und der Küste dar. Das ist laut Gesetz nicht zulässig. Doch auch hier schauten die Behörden weg.

Für Kleinbesitzer ist eine Neuvermessung so gut wie unmöglich. „Einer meiner Klienten musste für 200 Meter 50.000 Euro bezahlen“, sagt Ortega. Viele der privaten Häuser wurden vor 1988 und damit vor dem ersten Gesetz zum Küstenschutz gebaut. Wer einen solchen kleinen Privatbesitz im geschützten Bereich sein eigen nennt, bekam 1988 eine 30-jährige Schonfrist eingeräumt. Diese läuft 2018 ab. Das neue Gesetz sieht eine weitere Frist bis zum Abriss von erneut 75 Jahren vor. Allerdings werden dafür pro Jahr 8 Prozent des im Grundbuch eingetragenen Wertes der Immobilie als Gebühr fällig.

„Während dies für Hotels meist rentabel ist, können die normalen Besitzer kaum bezahlen“, weiß Ortega. Die Besitzer aus Denia sind nicht alleine. „300.000 bis 400.000 Familien sind von dieser Regelung betroffen“, berichtet Ortega.

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