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Kündigung bei nachgezahlten MietschuldenKein Erbarmen wegen CDU und FDP

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Auch wenn Mietschulden nachgezahlt werden, kann der Vermieter kündigen. Für eine Reform der Praxis bräuchte es eine CDU- und FDP-freie Regierung.

Trotz beglichener Mietschulden: Vermieter können ihren Mietern weiterhin kündigen Foto: Bernd Brueggemann/Zoonar/imago

D er Bundesgerichtshof (BGH) hat seine Auffassung bekräftigt, dass säumige Mieter auch dann ordentlich gekündigt werden können, wenn sie binnen der gesetzlichen Schonfrist von zwei Monaten die Mietschulden nachzahlen. Die Nachzahlung beseitige nur eine fristlose Kündigung.

Dieses Urteil hat eigentlich keinen Nachrichtenwert. Denn der BGH hat schon oft so entschieden. Allerdings muss er das immer wieder tun, weil eine Mietrechtskammer am Landgericht Berlin ihm partout nicht folgen will – und die ordentliche Kündigung für unwirksam erklärt, wenn die fällige Miete in der Schonfrist nachgezahlt wird.

Die Berliner Rich­te­r:in­nen haben gute Argumente: Was bringt eine gesetzliche Schonfrist, die Obdachlosigkeit vermeiden soll, wenn sie durch eine parallele ordentliche Kündigung einfach ausgehebelt werden kann? Wenig stimmig ist es auch, dass die Jobcenter gesetzlich verpflichtet sind, Mietschulden zu übernehmen, um Obdachlosigkeit zu vermeiden, obwohl dies letztlich gar nicht gelingen kann.

Andererseits gibt es auch wichtige Unterschiede zwischen fristloser und ordentlicher Kündigung. Bei einer Kündigungsfrist von (je nach Mietdauer) bis zu zwölf Monaten kann eher eine neue Wohnung gefunden werden, als wenn man sofort auf der Straße steht.

Breite Zustimmung für Reform

SPD, Grüne, Linke und auch die AfD sind schon seit Langem für eine gesetzliche Klarstellung, dass Schonfristzahlungen auch ordentliche Kündigungen unwirksam machen. Es passiert aber nichts, weil stets entweder die CDU/CSU oder die FDP an der Regierung mitbeteiligt ist. Im Bundesrat gab es Initiativen von Brandenburg, Berlin und zuletzt Hamburg, die alle versandeten.

Auch die Ampelkoalition wollte prüfen, ob sie bei der Schonfristregelung nachsteuern muss. Doch wieder passierte nichts. Nicht einmal ein Eckpunktepapier wurde vorgelegt. Denn federführend ist Justizminister Marco Buschmann von der FDP, der mieterfreundliche Gesetzesänderungen ähnlich wichtig findet wie ein Tempolimit auf Autobahnen. Es ist ein neues Kapitel im Fortsetzungsdrama der „progressiven“ Ampelkoalition.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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3 Kommentare

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  • Wo ist das Problem? Gegen eine ordentliche Kündigung kann man rechtlich vorgehen und wird in den allermeisten Fällen als Mieter recht bekommen. Wenn man das verpennt oder gewichtige Gründe für die ordentliche Kündigung geliefert hat wie z.B. dauerhafter Mietverzug, der will es nicht anders.

  • Schuldhaft und nicht unerheblich heißt es in dem Gesetz, welches den Vermieter zur ordentlichen Kündigung berechtigt. Es reicht also auch, wenn ständig unpünktlich gezahlt wird.



    Mir sind zwei Gruppen von Mietschuldnern begegnet. Die einen kümmern sich schnell, die anderen gar nicht. Bei ersteren wüsste ich nicht, warum ihnen in der Krise es noch schwerer gemacht werden sollte. Die anderen willst du loswerden.



    Laut einer Erhebung des Finanztests fahren nur die Hälfte der Privatvermietenden einen Gewinn ein. Allen zusammen stehen nur 3 Monatsmieten ohne Vorauszahlung als Sicherheit zu. Die sind schnell weg.



    M. E. wäre die Lösung gerade nicht der Entfall der Kündigung sondern ein schneller Eintritt des Staates in die Mietzahlung. Besser wäre noch, wenn es breit bezahlbaren Wohnraum gäbe.

  • Schade, dass gerade diese beiden Parteien wegen des Ampel-Totalversagens ab der nächsten Legis'periodeunser alle Geschicke maßgeblichbestimmen wird ...



    Allerdings wäre die Alternative dazu noch viel, viel schlimmer.