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Kritik an neuer EU-Abgasnorm 7Grottig und giftig

Das EU-Parlament plädiert für neue Abgasnorm. KritikerInnen halten sie für zu lax, die Industrie warnt hingegen vor den Folgen harter Regeln.

Das EU-Parlament hat für eine abgeschwächte Variante der neuen Abgasnorm gestimmt Foto: Michael Gstettenbauer/imago

Brüssel taz | Die geplante neue europäische Abgasnorm Euro 7 für Kraftfahrzeuge dürfte nicht so streng ausfallen wie zunächst erwartet. Nachdem die Autolobby den Entwurf bereits verwässert hatte, weicht das Europa­parlament die Vorgaben nun weiter auf.

Mit 329 Ja-, 230 Nein-Stimmen und 41 Enthaltungen haben die Abgeordneten am Donnerstag in Brüssel eine industrienahe Verhandlungsposition für die letzten Beratungen beschlossen. Der von Umweltverbänden und der Bundesregierung als zu schwach kritisierte Entwurf des Umweltausschusses wurde damit bestätigt. Der Text baut auf der alten Euro-6-Verordnung auf, bringt jedoch kaum Verschärfungen. Zwar enthält er neue Standards für die Mindestlebensdauer von E-Auto-Batterien und für den Abrieb von Bremsen und Reifen. Die Abgeordneten fordern auch niedrigere Grenzwerte für Busse und schwere Nutzfahrzeuge.

Doch die Grenzwerte für Schadstoffe aus dem Auspuff wurden kaum verändert, laut der Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) wurden einige Vorgaben sogar aufgeweicht. „Der neue Euro-7-Standard ist schlechter als nutzlos“, sagte Anna Krajinska von T&E.

Die Hersteller weisen diesen Vorwurf zurück. Schärfere neue Abgasnormen würden den von der EU geforderten Umstieg auf Elektromobilität verzögern, argumentieren sie. Denn sie würden zusätzliche Investitionen in den Verbrennungsmotor erfordern. Zudem würden die Kosten für neue Benzin- und Dieselfahrzeuge steigen.

„Das schlechteste Ergebnis für den Automobilstandort“

Nachdem die Mitgliedstaaten im Rat weitgehend dieser Argumentation gefolgt waren, liegt nun auch das Europa­parla­ment auf der industriefreundlichen Linie. Für die knappe Mehrheit sorgten offenbar Konservative, Liberale, Nationalisten und Rechtsradikale. Sie hätten gemeinsam für den Entwurf gestimmt, so Tiemo Wölken (SPD).

Der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss nannte die neue Euro-7-Position „grottig“. Das Europaparlament habe „ein Lobbypapier“ verabschiedet. Laxe Standards seien kein Vorteil für die europäische Produktion. Vielmehr könne China nun die Regeln bestimmen. Das wäre „das schlechteste Ergebnis für den Automobilstandort Europa“, so Bloss.

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8 Kommentare

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  • Brüsseler Träumereien



    Schon jetzt sind die vorgeschriebenen Abgaswerte in der Praxis unerreichbar, was also soll eine weitere Verschärfung bringen?



    Dann seid so ehrlich und verbietet Verbrennermotoren, aber da fürchtet ihr des Wählers Stimme.

  • Es wurde aber auch langsam mal Zeit, dass sich wieder die Vernunft durchsetzt. Wenn man per Norm das Entwickeln solcher Motoren in der EU unmöglich macht, dann werden sie eben ganz einfach im Ausland entwickelt und auch dort gebaut, z.B. in den USA, Japan oder China.

    Was hat man dann am Ende des Tages damit gewonnen? Genau: gar nichts! Es gibt genügend Bereiche, wo uns Verbrenner noch lange Zeit begleiten werden, weil da einfach Elektromobilität keine Lösung ist.

  • Wieso giftig? Schon EURO-1 reduzierte die Schadstoffemissionen um 90%. Wie haben wir nur überlebt, als die Städte voller Autos ohne Kat waren?

    • @Gorres:

      Man stirbt ja nicht sofort an Schadstoffen, sondern einfach nur früher. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Verfassung) wird so ignoriert.

      • @Gostav:

        Naja, eine negative Korrelation Autoverkehr-Lebenserwartung gibt es nicht. Die Massenmotorisierung begann um 1970, vorher war die Lebenserwartung schlecher als heute. Seit 2006 ist sie unverändert hoch.

        de.statista.com/st...g-nach-geschlecht/

        Andere Statistiken belegen, dass die Lebenserwartung auf dem "sauberen" Land nicht besser ist als in der "dreckigen" Stadt.

        Ich sehe nicht, wie das Auto dem langen Leben abträglich sein sollte.

    • @Gorres:

      "Wie haben wir nur überlebt, als die Städte voller Autos ohne Kat waren?"



      ...und die Benzintanks voll mit leckerem Tetraethylblei?



      Manchmal habe ich den Eindruck, ziemlich viele Leute wissen gar nicht mehr, was Luftverschmutzung ist...

    • @Gorres:

      Die Städte waren damals noch nicht "voller Autos".

      Auch beim Kat wurde der Nutzen dann bereits von steigenden Zulassungszahlen und ständig zunehmender Motorleistung aufgefressen.



      Die heutigen Regulierungen nutzen wenig, wenn der Fahrzeugmarkt vor allem im "fetten" Bereich boomt. Immer mehr Schwergewichte, angetrieben von riesigen Motoren. (Eineinhalb und mehr Tonnen, um 80 - 120 kg Mensch + Hund und Keks zu befördern. Effizienz geht anders.)

      de.statista.com/in...nd-in-deutschland/

      • @Woodbine:

        Doch, die Städte waren "voller Autos".

        Nach der Statistik in dem Link, den Sie gepostet haben, gab es 1985 etwa halb so viele Autos wie heute, und auf dem Schulweg waren Parkreihen am Straßenrand und Warten an der Ampel durchaus alltägliche Phänomene.

        Seither hat der Kat mindestens 90% der Gifte pro Auto herausgefiltert, die Anzahl der Autos hat sich verdoppelt, also haben sich die Schadstoffe immer noch um 80% reduziert. Das heißt: 1985 hatten wir 5-mal so viel Gift in der Luft, und haben auch überlebt.

        Und was die schweren Autos betrifft, die Euronormen betreffen Schadstoffe pro Kilometer. Da ist es egal, was der Wagen wiegt.

        Ich stimme Ihnen allerdings zu, dass Autos heutzutage oft viel zu groß und schwer sind. Aber seien Sie vorsichtig mit dem Tonnenvergleich - ein ICE wiegt pro Sitzplatz 1 Tonne, bei üblicher Auslastung wird hier pro Passagier 2t Material bewegt.