piwik no script img

Kritik an Trump nach Treffen mit Putin„Verrat“, „erbärmlich“, „beschämend“

Die Empörung über Trumps Auftritt beim Treffen mit Putin in Helsinki hat in den USA auch Konservative erfasst, die sich sonst zurückhalten.

Nicht nur die Demonstranten sind wütend, sondern auch zahlreiche Republikaner Foto: reuters

New York taz | Wie nennt man es, wenn der US-Präsident bei einem Treffen mit dem russischen Präsidenten in Finland die Institutionen der eigenen Republik – von der Justiz über die Geheimdienste, die Opposition und bis hin zu den Medien – beleidigt und desavouiert? Und wenn er dem Russen, der für massive Störungen im eigenen Wahlkampf verantwortlich gemacht wird, der die international kritisierte Besatzung eines anderen Landes organisiert und der für zahlreiche militärische Konfrontationen in anderen Ländern verantwortlich ist, ein Kompliment nach dem anderen zuwirft, ihn mit keiner kritischen Frage konfrontiert und und ihn wegen nichts zur Rede stellt?

„Verrat“ nennt es John Brennan, der unter Barack Obama Chef des CIA war. „Erbärmlich“ der republikanische Senator und Ex-Präsidentschaftskandidat und Senator John McCain. „Beschämend“ der republikanische Senator Jeff Flake.

Die Empörung über den Auftritt in Helsinki ging dieses Mal in den USA weit über demokratische Oppositionelle und ihnen freundlich gesonnene JournalistInnen hinaus. Sie erfasste Konservative, die ihre Kritik an Trump sonst für sich behalten. Sie schwiegen zu seinem selbstherrlichen Gebaren gegenüber Merkel und May, zu seinem erpresserischen Eintreten für die Erhöhung der Militärhaushalte in den Nato-Mitgliedsländern, bis hin zu seiner Einschätzung der EU als „Gegner“. Doch nun haben sich zahlreiche RepublikanerInnen zu Wort gemeldet und verlangt, dass Trump den russischen Präsidenten zur Rechenschaft zieht.

Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, kritisierte Trump mit den Worten: „Es ist keine Frage, dass Russland sich in unsere Wahlen eingemischt hat und weiterhin versucht, unsere Demokratie hier und im Rest der Welt auszuhöhlen. Russland ist nicht unser Alliierter, sondern weiterhin feindselig gegen unsere grundlegendsten Werte und Ideale.“ Und der Republikaner Newt Gingrich bescheinigte Trump, den „schwersten Fehler seiner Präsidentschaft“.

US-Geheimdienst sieht russische Einmischung

Verhaltener als bei dem von Barack Obama ernannten ehemaligen CIA-Chef Brennan, aber dennoch eindeutig, fiel die Reaktion eines gegenwärtigen Spitzengeheimdienstlers aus. Der von Trump eingesetzte Direktor der National Intelligence, Dan Coats, erinnerte daran, dass die „Geheimdienst-Community“ die Aufgabe habe, dem Präsidenten „die besten Informationen und auf Fakten basierenden Beurteilungen“ zu liefern. „Wir sind eindeutig sowohl bei unserer Einschätzung der russischen Einmischung in die Wahlen 2016 als auch bei der fortlaufenden und allgegenwärtigen Anstrengungen, unsere Demokratie zu unterlaufen“, versicherte Coats nach Trumps Pressekonferenz.

Vergangene Woche hatte die US-Justiz zwölf Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes unter Anklage gestellt. Ihnen wird vorgeworfen, für Hackerangriffe unter anderem gegen das direkte Umfeld der Trump-Rivalin Hillary Clinton verantwortlich zu sein.

Selbst konservative Medien haben Trump scharf kritisiert. Auf seinem Hofsender Fox nannte Neil Cavuto die Pressekonferenz „widerlich“. Und das Wall Street Journal befand, dass er Putin einen „großen Propagandasieg“ verschafft habe. Das Wall Street Journal berichtet auch, dass das Weiße Haus ein „konfrontativeres Vorgehen“ von Trump bei der Pressekonferenz geplant habe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Kritik mag berechtig sein, jedenfalls aus Putins Umfeld, würde sich niemand trauen die Gespräche mit Trump als "Verrat", "erbärmlich", "beschämend" zu bezeichnen. Das ist der Unterschied zwischen Putins Diktatur ohne Pressefreiheit und Trumps Demokratie mit Pressefreiheit.

  • "Die Empörung [...] hat in den USA auch Konservative erfasst, die sich sonst zurückhalten."

    McCain, Brennan, Flake sind also eher zurückhaltend ? Ist bei Ihnen Fernsehen, Radio und Internet ausgefallen ?



    Diese Typen würden Trump sogar kritisieren, wenn er im Winter nackt in den Potomac springen würde, um ein Katzenbaby zu retten.

    • @jhwh:

      Sehr richtig was sie schreiben.

      Und die ,erwartbar, heftigere Reaktion der Demokraten sprengt wirklich alle Grenzen. Als Beispiel sei Jill Wine-Banks, seinerzeit Ermittlerin im Watergateskandal, genannt. Sie setzte in einer Sendung von MSNBC Trumps Auftritt in Helsinki mit Ereignissen wie Pearl Habour, der Kuba Krise, der Reichspogromnacht und dem 11. September gleich.

      Wenn Trump es schafft solch heftige Reaktionen bei den Anhängern der Partei hervorzurufen, deren Präsidentschaftskandidatin Russland öffentlich mit Krieg gedroht hat, muß er m.E. zumindest etwas richtig gemacht haben.....

  • Brennen, McCain, Flake. Allesamt "Never Trumper" innerhalb der republikanischen Partei. Das von Verrat geredet wird ist ein starkes Stück. Aber sie hätten Trump so oder so kritisiert; egal was beim Gipfel nun raus kam. Das die Demokraten und der überwältigende Anteil der amerikanischen Medien sich positiv über den Gipfel äußern würden war sowieso nicht zu erwarten.

    Trump hatte völlig recht als er vorm Gipfel folgendes tweetete:



    "Heading to Helsinki, Finland – looking forward to meeting with President Putin tomorrow. Unfortunately, no matter how well I do at the Summit, if I was given the great city of Moscow as retribution for all of the sins and evils committed by Russia..."

    "...over the years, I would return to criticism that it wasn’t good enough – that I should have gotten Saint Petersburg in addition! Much of our news media is indeed the enemy of the people and all the Dems..."

    "...know how to do is resist and obstruct! This is why there is such hatred and dissension in our country – but at some point, it will heal!"

    Und ja, Trump hat sich achtbar geschlagen. Krim, Syrien, Ukraine, Iran, Nordkorea. Alle, aus US Sicht, dringenden Probleme wurden angesprochen. Und Trump wich nicht einen Millimeter von seiner Position ab; selbst in den größten Streitfragen nicht. Stattdessen machte er Putin klar, das die USA Erdgaß und -öl in wesentlich größeren Umfang in Europa verkaufen wollen als bisher. Eine Hiobsbotschaft für Putin, verliert er doch in seinen Expansionsbestrebungen ein entscheidendes Druckmittel wenn die osteuropäischen Staaten ihr Öl und Gas in Zukunft von den USA kaufen.

  • Der ehemalige CIA Chef heisst Brennan, nicht Bannon!

  • Tja...wenn man jetzt unterstellt, dass Putin den Trump im Sack hat, weil er aufgrund von Wahlbeeinflussung zu dessen Sieg beigetragen hat...dann macht das ganze Verhalten doch Sinn!?



    Natürlich kriecht Trump ihm dann in den Hintern, weil er erpressbar ist.

    Und dass die Geheimdienste ihrer Sache sicher sind zeigt ja, dass da was im Busch ist.

    Jetzt muss nur noch der Vorhang fallen vor diesem Geheimnis...dann war's das wohl für Trump. Vielleicht fallen ihm ja jetzt die brüskierten Geheimdienstler in den Rücken.

  • Das gerade die durch globalisierten Medienkonzerne unterstützt durch das Establishment, das Treffen Trump / Putin madig gemacht wird, liegt auf der Hand.

    Gerade die Ausrangierten, die üblichen Verdächtigen, unter der republikanischen Parteiführung, wie etwa Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses der im Herbst nicht mehr zu Wiederwahl stehen wird, weil Trump das so vorgesehen hat, kritisieren jetzt lautstark Trump, weil er sich rächen will. Aber auch deswegen, weil in Frieden kein Geld mit Waffenverkäufen zu verdienen ist und ohne Sanktionen wohl weniger Schmiergeldgeschäfte laufen.



    P. Ryhan:



    „Russland sei ein Feind der Demokratie und Freiheit und müsse zur Verantwortung gezogen werden“



    McCain bezeichnete Putin als einen Tyrannen und führt aus, „ Die USA müssen die Sanktionen gegen Russland weiter verschärfen und unser Militär aufbauen, unsere Nuklearstreitkräfte modernisieren, unsere Raketenabwehr stärken und mehr Waffen zu unseren Verbündeten schicken“ „Stärke ist die einzige Sprache, für die Wladimir Putin keine Übersetzer braucht“

    Trump verteidigte sich auf Twitter:“Die beiden größten Atommächte der Welt können sich nicht nur mit der Vergangenheit befassen. Vielmehr müssen wir aktuell miteinander zurechtkommen. Es geht um eine bessere Zukunft!“

    Ich glaube, es ist nicht schwer, wer tatsächlich die verrückte Position einnimmt. Ausnahmsweise ist es diesmal nicht Trump.