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Kritik an Kolumbus-Feiertag in den USADarf man das feiern?

Die US-Regierung feiert die Entdeckung des Kontinents – weiterhin ohne die nötige Kritik an den Plünderungen und Morden nach 1492.

Donald Trump schwärmt von einer „ehrgeizigen und tollkühnen Reise“ Foto: reuters

Unter Christopher Kolumbus und seinen Reisegefährten, mit denen er im Morgengrauen des 12. Oktober 1492 in Bahama landete, mögen gute Menschen gewesen sein. Doch vor allem war es ein Haufen von Vergewaltigern, Plünderern und Mördern. Sie brachten tödliche Krankheiten und Versklavung in die Amerikas und sie begannen den Genozid an den Ureinwohnern.

Kolumbus hatte all dies von Anfang an im Sinn. Unmittelbar nachdem er von Bord seiner schiffbrüchigen Santa Maria ging, stellte er fest, dass die freundlichen Ureinwohner der Insel mit „50 Männern unterworfen werden können“.

Doch 525 Jahre danach feiert der Präsident der USA die Landung von Kolumbus als uneingeschränkt positives Ereignis. In der Verkündung des diesjährigen Columbus Days, an dem heute die Fahnen in den USA gehisst werden und Schulen und Postämter geschlossen bleiben, schwärmt Donald Trump von einer „ehrgeizigen und tollkühnen Reise“, von einer „mutigen Leistung, die Kontinente zusammen gebracht“ und „die Grundlage für die Entwicklung unserer großartigen Nation geschaffen“ habe.

Es ist nicht neu, dass die USA Kolumbus feiern. Er ist quer durch das Land präsent. Wer den Bahnhof in Washington verlässt, rennt als Erstes in eine Kolumbus-Statue. In New York stehen gleich zwei Bronzeversionen von ihm in knapp einem Kilometer Entfernung auf Sockeln – am Columbus Circle und im Central Park.

Obama erinnerte an die Schicksale

Eine große Stadt in Ohio, sowie Counties, Schulen und Bibliotheken quer durch das Land benutzen seinen Namen. Schulkinder lernen, dass Kolumbus ein „Gründer“ sei. Und an jedem zweiten Montag im Oktober wird er national mit Umzügen und Reden gefeiert.

Doch nicht alle in den USA huldigen dem unsympathischen Charakter. Die Gemeinde Berkeley in Kalifornien widmete schon 1992 den Tag zu Ehren der Ureinwohner um. Seither sind Städte von Minneapolis über Missoula und Seattle bis Phoenix diesem Beispiel gefolgt.

Und Expräsident Barack Obama erinnerte bei seinen alljährlichen Columbus-Day-Proklamationen immerhin an die „tragischen Konsequenzen für die Ureinwohner“. In der Debatte über den Platz für Denkmäler für Verbrecher, die immer wieder in den USA hoch kocht, ist in diesem Sommer auch Kolumbus aufgetaucht. Erst Ende September haben Unbekannte seine Hände im Central Park blutig rot gemalt.

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21 Kommentare

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  • Feiern tun europäische Einwanderer.

     

    Die Geschichte der USA haben Europäer gestaltet.

     

    60 Millionen der US Bevölkerung stammen von Deutschen ab.

     

    Trump auch.

     

    Was nun?

  • Die Amerikaner suchen nach Geschichte. Kolumbus suchte einen kürzeren, billigeren Schifffahrtsweg, Gold und Land. So kommt eins zum anderen und alle zu Ehren. Die US-Navy hätte die Santa Maria heute versenkt und Kolumbus hätte Trump wohl bekehrt. Hätte der Teufel persönlich New York gegründet, man hätte ihm eine Konfettiparade spendiert.

    Oh mann, Amerigo Vespucci ist der Held, der seinen Namen für den Dauerorgasmus der "Amerikaner" hergab; Nomen est omen.

  • Wenn man ein bisschen Whatsaboutism bemüht, kommt man zu dem Schluss, dass man nichts mehr feiern darf.

    Weihnachten, Ostern, Pfingsten? Mindestens ein Feiertag sollte dem Andenken der Opfer der Kirche gewidmet werden. Vielleicht sogar alle, schliesslich gibt es genug Felder (Kreuzzüge, klimabedingte Hexenjagd, Kinder) auf denen Opfer zu beklagen sind. Keine Geschenke mehr, nur noch Gedenken, die Tage wären dann auch für Nicht-Christen tragbar. Dazu müsste man natürlich noch viel mehr Gedenktage einfügen. Und das Ganze weltweit. Die Menschengruppe, deren Vorfahren nach den heute im Westen herrschenden Vorstellungen immer korrekt gehandelt hat, möge aufstehen.

     

    Und leider kennen wir nicht die Namen der ersten Siedler, die an einem Donnerstag über die Beringstrasse kamen und sich mit den urtümlichen Großsäugern in den Weiten Amerkas herumschlugen.

     

    Dabei ist diese Kritik nicht nur spassig gemeint. Und wenn man einen Kolumbusday feiert, kann und sollte man ihn erweitern, wie das offensichtlich schon einige Städte getan haben.

  • Frau Hahn, seit wann essen Sie keine Kartoffeln und keine Tomaten mehr? Warum, werden Sie fragen, das seien doch Grundnahrungsmittel und was hat das mit Kolumbus zu tun?

     

    Ganz einfach, weil wir Kolumbus verdanken, dass er diese Gewächse aus der „neuen Welt“ mitgebracht hat. Leider vergaßen Sie, dies in Ihrem Beitrag zu erwähnen!

    Inzwischen werden die erwähnten Pflanzen überall angebaut und haben gewiss schon Menschen vor dem Hungertod gerettet, die sich teurere Nahrungsmittel nicht leisten konnten und können.

    Also wäre das womöglich ein Grund, den Kolumbus-Feiertag in allen Ländern zu feiern, in denen Kartoffeln verzehrt werden, d. h. weltweit.

     

    Christopher Kolumbus war, wie jeder andere Mensch, ein „Mischwesen“, über den man Gutes und Schlechts sagen kann. Indem man das Eine hervorhebt und das Andere verschweigt, wird man dem Menschen in seiner Gesamtheit nicht gerecht.

    Diese Mentalität beobachte ich übrigens auch bei anderen TAZ-Autoren!

    • @Pfanni:

      Großartig! Würden Sie soch auch für Nazideutschland argumentieren??

      • @Uranus:

        @ URANUS: Mir erschließt sich der Zusammenhang zwischen Ch. Kolumbus, einem Kind der Zeit von vor über 500 Jahren und Nazideutschland, einem verbrecherischen Staatssystem aus der jüngsten Geschichte nicht!

        • @Pfanni:

          der führer der deutschen faschisten ,hat sich explizit auf den türkischen völkermord an den armeniern und auf den amerikanischen völkermord an den indianern bezogen,um für seine genozidale politik zu werben.



          .



          .im übrigen ist der rassismus nur in seiner totalitären weltanschaulichen überhöhung zur staatsideologie eines totalitären staates eine deutsche erfindung-



          die deutschen haben den rassismus auf eine typisch deutsche weise und mit deutscher gründlichkeit praktiziert aber sie haben ihn nicht erfunden.

    • @Pfanni:

      Sicher war Kolumbus ein "Mischwesen", wie Sie ihn nennen; genauso übrigens die sog. Indianer. Sklaverei sehr wohl auch in den Amerikas bekannt und verbreitet. Dennoch ist kaum zu bestreiten, dass die Ankunft der Europäer viel Leid und Zerstörung über die amerikanischen Kulturen gebracht hat. Die Ambivalenz der 'Entdeckung Amerikas' kann und sollte sehr wohl herausgehoben werden. Und zu dieser Ambivalenz gehört eben auch die Beleuchtung der Schattenseiten. Diese Schattenseiten scheinen ja nach Frau Hahn eben kaum Teil der Geschichtskultur zu sein, weshalb man diese folglich auch einseitig betonen kann.

       

      Unten schrieb noch ein weiterer Kommentator KDITD, dass die Arroganz der Entdecker und Eroberer mit dem Christentum zusammenhänge. Bedingt durch das Sendungsbewusstsein mag dies z.T. stimmen, obwohl es auch im Christentum viele Stimmen gab, die das Vorgehen der Spanier scharf kritisierten. Ansonsten haben auch andere Denksysteme immer Wege gefunden, Sklaverei und Imperialismus zu legitimieren. Griechen und Römer sahen sich ebenso als zivilisierter an als den Rest der Welt.

    • @Pfanni:

      Freu mich schon auf die taz-Beiträge zu Luther in 3 Wochen...

  • "Die US-Amerikaner feiern seit 525 Jahren die Entdeckung des Kontinents "

     

    Gibt es nicht erst seit 1776 US-Amerikaner?

  • Die erste (2009) Proklamation von Obama zum Columbus Day sah noch alles Friede Freude Eierkuchen und auch die Ureinwohner "although their competing ways of life were initially at odds" wurden am Ende doch ein Teil von "culturally and ethnically diverse place".

    http://www.presidency.ucsb.edu/ws/index.php?pid=86750

  • Der Sinn und Zweck jeglichen Gedenkes ist es, egal ob als Denk- oder Mahnmal oder als Feier- oder Trauertag, daß die gegenwärtigen Gesellschaften aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernen, um Erfolgreiches ggf. erneut anzuwenden, und Fehler nicht zu wiederholen.

     

    Das sollte theoretisch so funktionieren:

    Erinnern, Verstehen, Handeln

     

    Da aber bereits eine Kausalkette mit mehr als zwei Gliedern die mentalen Fähigkeiten der meisten Menschen bereits völlig überfordert, verblasst die Erinnerung zu einem Anlass.

    Und aus diesem folgt nur noch:

    Fressen und Saufen oder nicht.

     

    Also:

    Mahlzeit und schön weitersaufen!

     

    Irgendwann kommt nämlich der Tag, da gibt es nix mehr.

    Und wenn der Staub sich wieder mal gelegt hat, sind sich alle einig:

    Das hätte man besser lösen können.

    "Baut mal ein Mahnmal und führt einen Gedenktag ein!"

  • Ich glaube, werte*r NUTZER, Ihre Argumentation hatten diejenigen, die den deutschen Nationalfeiertag auf den 3. Oktober gelegt haben, auch im Sinnp. Sie haben das Nationale mit dem Persönlichen verknüpft und so die Jubelfeier staatlicher Macht und Gloria – haarscharf vorbei an jedweder Individualität und Freiheit – ganz unverdient ins 21. Jahrhundert hinüber gerettet.

     

    Ja, es gibt gute Gründe, die Wiedervereinigung zu feiern. In meiner Familie vielleicht sogar mehr als in vielen andere. Nur ist es leider nicht ganz leicht, diese privaten Gründe zu feiern, ohne sich zugleich vereinnahmen zu lassen von den Repräsentanten eines dämlichen Prinzips. Davon, dass interessierte Dritte wunderbar hetzen könnten, wenn man feiert, ganz zu schweigen. An dieser Stelle ist das Private eindeutig politisch.

     

    Merke: Ob „man“ Kolumbus feiern „darf“ als US-Amerikaner, ist eine sehr schwer zu beantwortende Frage. Schließlich: Wer ist „man“? Und was bedeutet „dürfen“? Wer sich als Arschloch outen möchte, der darf natürlich auch einen „Haufen von Vergewaltigern, Plünderern und Mördern“ bejubeln, wenn es dem eigenen Vorteil (hier: der Zurschaustellung eigener Hartherzigkeit zum Zwecke der allgemeinen Abschreckung sowie der Betonung des Prinzips der Überbewertung persönlicher Chancen) dient. Allerdings bloß, wenn er nicht gewaltsam daran gehindert wird von Leuten, die nicht wissen, was sie tun.

     

    Alle anderen können ja immerhin erklären, was genau sie feiern. Eine Gedenkveranstaltung etwa, die den – mehr oder weniger unschuldigen – Opfern menschlichen Egoismus' gewidmet ist, oder die Einsicht, dass dieser Egoismus nicht die Zukunft ruinieren darf. Womöglich auch die eigene Familiengeschichte. Denn wie man hört, gibt es schon heute kaum noch reinrassige Amerikaner, die ihre Wurzeln nur in einer einzigen Nation haben. Dafür aber immer mehr Leute, die sich trotzdem gegenseitig wertschätzen.

  • Vergewaltigern, Plünderern und Mörder...

     

    Gewiss nicht. Es gab schon damals Logbücher und es war eher ein schüchterner erst kontakt und das zwei mal. Einer der matrosen Jorge Sanchez de la Vega hatte sich sogar in einer nativen verliebt und blieb schliesslich dort.

    Es war nachher die Inquisition und Kirche die alles kaputt gemacht hatte und die conquistadores und die gold legenden. Vor allem wie zum. Gut beschrie die Europa Pest. Die Nativen waren nicht imun dagegen.

    Spqnien hat sich übrigens mit den Nativen vermischt feren kindern nachher Mestizos gennant wurden (Mischlings) während Granzosen vor allem Engländer sie versklavt haben. Auch war Spanien die erste Nation die Schwarze mit Weisse Heirat akzeptiert hatte.

    Cristobal Colon war ein entdecker und wissenschaftler. Es waren die Katholische Königen die nur an das Gold wollten und die Kirche die alle versklaven sollten.

     

    Übrigens hatte Colon die Karte von Piri Reis dabei wo sogar die Antarktis gebildet war...

    • @Tino Trivino:

      Nur zur Ergänzung. Die 'Kirche', die es auch in Spanien nicht als einheitlich auftretende Institution gab, bewirkte letztlich, dass die Indios nicht versklavt wurden, weshalb man dann Afrikaner heranschaffen 'musste'. Das macht die Sache kaum besser.

       

      Und zur Karte von Piri Reis:

      Interessant, dass besagter Admiral sich auch auf eine Karte eines gewissen Qulünbü (Kolumbus) bezog. So wird Kolumbus kaum dessen Karte benutzt haben.

  • "Die US-Amerikaner feiern seit 525 Jahren die Entdeckung des Kontinents" – nein, tun sie nicht. Der Columbus Day ist (wie auch der Pledge of Allegiance und das Motto "In God We Trust") eine moderne "Tradition". Vor 1937 waren nur das 300. und das 400. Jubiläum landesweit gefeiert worden, siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Columbus_Day#United_States_observance.

     

    Dem Rest des Artikels stimme ich aber uneingeschränkt zu.

  • Da sollte man auch mal über die Verehrung des Mörders Che Guevara nachdenken. Es verbitten sich Plakate, T-Shirts und Devotionalien in linken Millieus.

    • @Beinemann:

      Klar sollte mensch das - genauso wie über Lenin&Co! Autoritäre Sch*§#!

  • Ich glaube, es gab zu der Zeit niemanden, der die Welt nicht mit den Augen eines Kolumbus gesehen hat und heutigen Ansprüchen genügt hätte.

    Es war eine unreflektierte Welt ( wie heute größtenteils auch).

    Immerhin ist die Entdeckung Amerikas die Grundlage aller amerikanischer Staaten zumindest nachvollziehbar, daß das gefeiert wird.

    • @nutzer:

      Es ist nichts darüber bekannt, daß Leif Erikson (700 Jahre vor Kolumbus) die Ureinwohner "mit 50 Mann unterworfen" hätte.

       

      Ich tippe darauf, daß das Herabsehen auf Ureinwohner mit dem Christentum einsetzte. Leif war höchstwahrscheinlich Polytheist, also Heide; zur Zeit seiner Entdeckungsfahrt war selbst Island noch nicht christianisiert, von Grönland ganz zu schweigen. Kolumbus dagegen war offensichtlich Christ, sein Schiff nach "Santa Maria" benannt, und das Christentum kannte nur einen Umgang mit Ureinwohnern: missionieren, unterwerfen, Kultur ausrotten. Die Europäer des Jahres 1492 unterschieden sich wesentlich von denen 700 Jahre vorher. Es war nicht immer normal, daß Europäer sich anderswo wie ein Haufen Mörder benahmen.

      • 8G
        80336 (Profil gelöscht)
        @kditd:

        Dem "Heiden" Leif war Missionierung im Namen eines Klerus unvorstellbar, da es in seinem Kulturkreis keinen Klerus gab, denn der Glaube war individuell geprägt, er war kein Glaubenssystem, das durch einen Priesterstand gepflegt und verwaltet wurde. Die damaligen Siedler waren auch nicht dazu erzogen worden, andere Menschen in die Kategorie "Tier" einzuordnen. Zudem waren in deren Kulturkreis Leibesstrafen und Todesstrafe undenkbar, denn diese wurden erst im 16. Jahrhundert vom dänischen König und dessen Klerus eingeführt. Auch war diesen Leuten die Pflicht zu Gehorsam und Unterordnung ein fremder Gedanke, denn sie kannten nur jene Rechtsvorstellung, der zufolge Gesetze einstimmig zu fassen sind, und nicht durch eine Mehrheit oder einer Obrigkeit. Denn bei diesen Siedlern wurden alle Bestrebungen, Veränderungen ohne Zustimmung derer durchzusetzen, die sich an die Gesetze hielten, als Gewalttätigkeit oder Verachtung des Gesetzes angesehen, und waren daher nicht durchzusetzen.

         

        Daher ist die Entdeckung Amerikas durch Leif alles andere als geeignet, um als „die Grundlage für die Entwicklung unserer großartigen Nation" herangezogen zu werden.

         

        Ergo zum Columbus Days nur zu sagen bleibt: That figures.