Krise in der Ukraine: Tacheles reden

Die USA wollen mit Russland direkt verhandeln. Sie haben zur Beilegung der Ukraine-Krise einen Gipfel mit Vertretern aus Kiew, Moskau und der EU vorgeschlagen.

Menschen versammeln sich vor einem besetzten Gebäude in Donetsk. Bild: ap

WASHINGTON afp | Zur Beilegung der Ukraine-Krise wollen die USA direkt mit Russland verhandeln. US-Außenminister John Kerry habe in einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow einen baldigen Gipfel mit Vertretern aus Kiew, Moskau und der EU vorgeschlagen, teilte das US-Außenministerium am Montag mit. Ein Treffen könnte demnach innerhalb der kommenden zehn Tage stattfinden. In der Ost-Ukraine spitzte sich die Lage zu.

Ukrainische Sicherheitskräfte haben bei einem Großeinsatz im Osten des Landes 70 pro-russische Aktivisten festgenommen. In der Stadt Charkiw sei eine „Anti-Terror-Operation“ eingeleitet worden, sagte Innenminister Arsen Awakow am Dienstag.

Die Innenstadt und die U-Bahn seien abgesperrt. Den Verhafteten wird vorgeworfen, an der Besetzung des Gebäudes der regionalen Verwaltung beteiligt gewesen zu sein. Russland rief die ukrainische Regierung auf, nicht militärisch gegen die Demonstranten im Südosten des Landes vorzugehen. „Wir fordern einen unmittelbaren Stopp der militärischen Vorbereitungen, die zum Ausbruch eines Bürgerkriegs führen könnten“, teilte das Außenministerium mit.

Für die Gespräche zwischen den USA und Russland müsste noch ein genauer Termin sowie die Agenda festgelegt werden, erklärte derweil John Kerrys Sprecherin Jen Psaki. Aus Russland lag zunächst keine Reaktion auf die Pläne vor. Kerry warnte Lawrow in dem Telefonat vor einer weiteren Destabilisierung der Ukraine.

Barack Obama warnte vor weiterer Einmischung

Er habe deutlich gemacht, dass Washington die jüngsten Entwicklungen „mit großer Sorge“ verfolge, sagte Psaki. Die prorussischen Proteste in der Ostukraine seien „keine spontanen Ereignisse“, sondern offenbar von Moskau „sorgfältig orchestriert“.

Zuvor hatte US-Präsident Barack Obama seinen russischen Kollegen Wladimir Putin vor einer weiteren Einmischung in das Nachbarland gewarnt. Die „Eskalation“ sei das „Ergebnis des wachsenden russischen Drucks auf die Ukraine“, sagte Obamas Sprecher Jay Carney am Montag.

Es gebe „starke Beweise“ dafür, dass einige der prorussischen Demonstranten in der Ostukraine nicht aus der Gegend stammten und bezahlt worden seien. Carney rief Putin auf, „die Bemühungen zur Destabilisierung der Ukraine einzustellen“.

Moskau hatte im März die ukrainische Halbinsel Krim annektiert, nachdem die mehrheitlich russischstämmige Bevölkerung dort in einem umstrittenen Referendum für den Beitritt zu Russland gestimmt hatte. Auch im Osten der Ukraine gibt es immer wieder prorussische Proteste.

Demonstranten stürmten Verwaltungsgebäude

Am Sonntag stürmten Demonstranten Verwaltungsgebäude in Donezk, Charkiw und Lugansk und hissten russische Flaggen. In Donezk riefen sie am Montag eine „souveräne Volksrepublik“ aus, die von Kiew unabhängig sein soll.

Die russische Regierung verwahrte sich gegen Schuldzuweisungen. „Hören Sie auf, Russland für alle Probleme in der Ukraine die Schuld zu geben“, erklärte das Außenministerium in Moskau. Ohne eine „echte Verfassungsreform“ in der Ukraine, die den Gebieten im Süden und Osten der früheren Sowjetrepublik mehr Autonomie ermöglicht, sei eine langfristige Stabilisierung schwer möglich.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich besorgt über die Lage im Osten der Ukraine. „Tägliche Meldungen von Erhöhungen des wirtschaftlichen Drucks durch Russland und die Besetzung öffentlicher Gebäude führen zu neuen Verhärtungen“, sagte Steinmeier der Bild-Zeitung. Es gelte, die „Nerven zu bewahren und jetzt nicht noch Öl ins Feuer zu gießen“. Unruhestiftern dürfe „das Feld nicht überlassen werden.“

Der ukrainische Oppositionspolitiker Vitali Klitschko forderte den Westen zu entschiedenerem Handeln als zu Beginn der Krim-Krise auf. Die aktuellen Bilder aus der Ostukraine erinnerten ihn an die Entwicklungen auf der Krim, schrieb Klitschko in einem Gastbeitrag für die Bild-Zeitung. Eine solche russische Invasion „befürchten wir jetzt auch in Donezk, Charkiw und Lugansk“.

Die USA schickten unterdessen erneut ein Kriegsschiff in das Schwarze Meer. Der Zerstörer „USS Donald Cook“ werde dort binnen einer Woche eintreffen, hieß es am Montag in Washington.

Mit der Verlegung wolle das US-Militär nach der Annexion der Krim ein Zeichen der Unterstützung an die osteuropäischen NATO-Verbündeten senden. Im vergangenen Monat hatte Washington bereits den Zerstörer „USS Truxtun“ vorübergehend ins Schwarze Meer beordert

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