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Krise in der UkraineRussland zieht Truppen zusammen

An der Grenze zur Ukraine sollen inzwischen bis zu 21.000 Soldaten stationiert sein. Die Schweiz und Japan verschärfen derweil die Sanktionen gegen Russland.

Angespanntes Warten: Ein ukrainischer Soldat schaut durch sein Fernglas. Bild: dpa

WHASHINGTON/TOKIO/ZÜRICH dpa/ap/rtr | Russland hat die Zahl seiner Soldaten an der Grenze zur Ukraine fast verdoppelt, berichtete die New York Times am Dienstag unter Berufung auf westliche Regierungsvertreter. Russische Einheiten könnten somit ohne weiteres und mit wenig Vorwarnung grenzüberschreitend aktiv werden, hieß es weiter.

Den Angaben zufolge hat Russland in den vergangenen Wochen bis zu 17 Bataillone – schätzungsweise zwischen 19 000 und 21 000 Soldaten – im grenznahen Gebiet zusammengezogen. Das Blatt sprach wörtlich von einer „gefechtsbereiten Streitmacht“ inklusive Infanterie, Artillerie und Luftabwehr.

Die Absichten des Kreml in dem Ukraine-Konflikt blieben jedoch unklar. Einerseits könnte Russlands Präsident Wladimir Putin damit Druck auf die ukrainische Führung und auf die USA ausüben wollen, um zu einer raschen politischen Einigung zu kommen, die den östlichen ukrainischen Provinzen eine weitgehend Autonomie zugestehe.

Andererseits bestehe aber die Möglichkeit, dass Putin sich die Option eines russischen Eingriffs entwickle. Denkbar sei auch, dass Russland seine Truppen unter dem Deckmantel einer Friedensmission über die Grenze schicken könnte, wurden US-Geheimdienstkreise zitiert.

Sanktionen aus Japan

Japan hat derweil weiteren Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise formell zugestimmt. Chefkabinettssekretär Yoshihide Suga sagte am Dienstag, die Strafmaßnahmen beinhalteten das Einfrieren der Vermögen von 40 Einzelpersonen und zwei Gruppen in Japan, die die Abspaltung der Krim von der Ukraine unterstützten. Ebenfalls vorgesehen ist demnach ein Verbot von Importen von der Halbinsel. Die Schritte stünden im Einklang mit Maßnahmen, die von der Europäischen Union und den G7-Staaten ergriffen worden seien, hieß es.

Auch die Schweiz reagiert auf die Ausweitung der Sanktionen gegen Russland. Das Land verbietet Finanzgesellschaften, mit weiteren 26 Personen und 18 Unternehmen neue Geschäftsbeziehungen einzugehen, wie das Wirtschaftsministerium am Dienstag mitteilte. Damit wolle die Regierung verhindern, dass die internationalen Sanktionen in Zusammenhang mit der Ukraine-Krise umgangen werden. Von der Maßnahme sind vor allem Russen betroffen. Eigene Sanktionen nach dem Vorbild der EU und der USA lehnt die Schweiz aber ab.

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9 Kommentare

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  • Russland plant die Einführung eines Überflugverbots für europäische Fluggesellschaften. Offiziell begründet Moskau die Überlegung mit Nato-Manövern. Doch tatsächlich ist Moskau verärgert über das unerlaubte Eindringen eines US-Spionage-Flugzeugs in den europäischen Luftraum. Auch der Schaden, den die Aeroflot bereits erlitten hat, schmerzt Moskau. Sollte Russland seine Drohung umsetzen, drohen der Lufthansa und den anderen europäischen Airlines empfindliche Verluste.

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    Das wäre eine vernünftige Sache! So entgeht Russland der Gefahr, daß plötzlich ein USA oder EU-Flugzeug abgeschossen wird, oder unter mysteriösen Umstanden vom Himmel fällt, oder plötzlich einfach weg ist, o.ä. und Russland dann als Schuldiger benannt wird, denn dann ticken die Säbelrassler aus, egal wer Schuld hat, es wäre endlich eine Legitimation da.

    Für die Sicherheit Russlands eine ganz vernünftige Angelegenheit, und sicher nicht verfrüht; eine Maßnahme die den auch Frieden sichern kann.

    Vergessen sollte man nicht, es gibt ja auch an anderen Orten dieser Welt solche Flugverbote.

    • @GWalter:

      Super sache ist das ja!

  • @warum_denkt_keiner_nach

     

    Grundsätzlich sollte natürlich jedes Land selbst darüber entscheiden, welche Soldaten sie in welcher Stärke wohin stellt, solange es nicht ggf. irgend welchen Verträgen widerspricht.

     

    Aber (!) in dem Kontext, dass sich dort ein Kriegsgebiet auf ukrainischer Seite befindet UND seitens Russland keine mäßigenden Worte an die Separatisten zu hören sind, sieht es doch etwas anders aus.

     

    Wenn Putin nicht nur öffentlichkeitswirksam sein Staatsfernsehen die Separatisten als Helden und die ukrainische Regierung und den Westen als Kriegstreiber darstellen würde, sondern er öffentlich erklären würde, dass er es befürworten würde, dass die Separatisten die Waffen ablegen sollten, um eine ploitische Lösung zu finden, dann hätte er einen wirklichen Beitrag zur Deeskalation geleistet. Warum macht er das nicht?

    • @Micha Mille:

      " Warum macht er das nicht?"

       

      Ach er hat schon mehrfach erklärt, dass beide (!) Seiten aufhören sollen zu schießen. Allerdings wartet er noch auf die ernst gemeinte Aufforderung des Westens an die Kiewer Führung, den Konflikt friedlich zu lösen. Warum kommt diese Aufforderung nicht?

       

      Es ist doch albern (allerdings mittlerweile westlicher Standard), in einem Konflikt eine Seite aufzufordern, doch einfach aufzuhören (zu kapitulieren) und der anderen Seite ständig auf die Schulter zu klopfen.

    • @Micha Mille:

      Die Rebellen haben schon mehrmals erklärt, daß sie nicht nach Moskaus Weisungen handeln. Deutlich wurde das schon im Mai, als sie entgegen Putins Bitte ihr Referendum nicht verschoben. Und die Waffen werden sie bestimmt nicht von allein abgeben, denn es gab genug Gelegenheit, zu erleben, was dann mit ihnen passieren könnte. Bei der "Anti-Terror-Operation" ist ja nicht nur das ukrainische Militär zugange, sondern auch die Nationalgarde, "Asow" und andere sinistre Verbände, und denen würde ich nicht weiter trauen als wie ich meine Waschmaschine werfen kann. Die von Kolomojski finanzierten Banden haben ja in Odessa anschaulich demonstriert, daß sie keine Gefangenen machen.

      Inzwischen ist die Lage ohnehin hoffnungslos verfahren. Poroschenko hat nie ein Hehl daraus gemacht, daß er nicht verhandeln, sondern die "Terroristen" vernichten will. Und dabei hat er, egal wieviele zivile Opfer das kostet, die Rückendeckung und immer aktivere Hilfe des Westens, nicht nur in den Medien und mit Geld, sondern immer mehr auch in Form von militärischer Ausrüstung und Kriegsgerät, sowie in Form von NATO-Militärübungen nicht nur in Polen, dem Schwarzen Meer und im Baltikum, sondern auch in der Ukraine selbst. Das sieht nun nicht gerade nach einem "wirklichen Beitrag zur Deeskalation" aus.

  • Zur Kenntnisnahme der TAZ-Redaktion:

    In der Ukraine-Krise warnt ein Kreis erfahrener Sicherheitspolitiker vor einer unabsichtlichen militärischen Eskalation zwischen Russland und dem Westen. Kommunikation und gegenseitige Transparenz der Militärs müssten verbessert werden, um versehentliche Zusammenstöße zu vermeiden, erklärten die Experten vom European Leadership Network in London.

     

    „Es gab schon mehrere Beinahe-Zusammenstöße, und es muss dringend etwas getan werden, um deren Wahrscheinlichkeit zu verringern und den Führungen mehr Entscheidungszeit zu geben vor dem Hintergrund, dass immer noch tausende Atomwaffen auf beiden Seiten in Alarmbereitschaft sind.“

     

    Der Konflikt in der Ostukraine gefährde die Sicherheit aller in Europa. Alle Seiten sollten politisch und militärisch Zurückhaltung üben und auch ihre Alliierten dazu anhalten. Gefahr gehe auch von schlummernden Konflikten wie in Georgien, Transnistrien oder Berg-Karabach aus, warnten die Experten. „Eine Eskalation in einem dieser Konflikte, ausgelöst durch unabhängige Drittkräfte wie kürzlich beim Absturz von Flug MH17, kann die Krise zwischen Russland und dem Westen vertiefen, ohne dass eine Seite das will.“

     

    Zu den Unterzeichnern der Erklärung zählen der frühere Bundesverteidigungsminister Volker Rühe sowie ehemalige Außen- oder Verteidigungsminister aus Großbritannien, Frankreich, Polen und der Türkei. Für Russland unterschrieben Ex-Außenminister Igor Iwanow und der frühere Chef des Auslandsgeheimdienstes, Wjatscheslaw Trubnikow.

     

    http://www.europeanleadershipnetwork.org/crisis-management-in-europe-in-the-context-of-events-in-ukraine_1710.html

     

    bzw. in Deutsch als PDF Download

    http://www.europeanleadershipnetwork.org/medialibrary/2014/07/30/8f3c45f2/Task%20Force%20Position%20Paper_July%202014_German.pdf

  • 19.000 bis 21.000 Mann? Also eine reichliche Division. Wenn Putin ein Land von der (nicht nur geographischen) Größe der Ukraine mit einer Division erobert, dann kann er sich in eine Reihe mit Alexander und Cäsar stellen.

     

    Aber Spaß bei Seite. In den letzten Tagen sind über 400 ukrainische Soldaten nach Russland über die Grenze gekommen. Das ukrainische Kriegsministerium hat (lt. Spiegel) erklärt, dass dies aus "taktischen" Gründen geschehen ist. Wenn ich eine 1500 km lange Grenze zu einem Land hätte in dem Krieg herrscht und die Armeeführung dieses Landes findet, dass es in Ordnung ist, mal eben die Grenze zu überschreiten, würde ich mehr als eine Division an der Grenze zusammen ziehen.

  • "Die Schweiz und Japan verschärfen derweil die Sanktionen gegen Russland"

     

    Zu erzielende Wirkung dpa/ap/rtr: Auch die Schweizer schließen sich "den Guten" an und bilden einen Kreis gegen Russland...

     

    Wie war´s?

     

    "Berlin drängt Schweiz zu Russland-Sanktionen" http://www.fr-online.de/politik/eu-sanktionen-gegen-russland-berlin-draengt-schweiz-zu-russland-sanktionen,1472596,28033818.html

     

    "Bundesrat will keine neuen Sanktionen gegen Russland"

    http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Bundesrat-will-keine-neuen-Sanktionen-gegen-Russland/story/12271263

  • "Die Absichten des Kreml in dem Ukraine-Konflikt blieben jedoch unklar."

     

    Wie das? Will Putin nicht alle Ukrainer versklaven? Will er nicht alle ukrainischen Babys aufessen? Will er nicht nach der Ukraine Europa erobern und alle Passagierflugzeuge der Welt abschießen? Sind nicht die Putinversteher darum so aktiv, weil sie für Putin Tore öffnen?

     

    Die Leute von der dpa/ap/rtr sollen besser die TAZ lesen, dann werden ihnen die Absichten des Kremls klar sein.