Krise in Venezuela: Neue Verfassung am Parlament vorbei
Nicolás Maduro will eine neue Verfassung umsetzen – und das Parlament umgehen. Die Opposition spricht von einem „Staatsstreich“ und ruft zu Protesten auf.
Er werde seine Vollmachten als Präsident einsetzen, um eine 500-köpfige Versammlung einzuberufen, welche die Aufgabe habe, eine neue Verfassung zu erarbeiten und diejenige von 1999 zu ersetzen. Die Mitglieder dieser Versammlung sollten der arbeitenden Bevölkerung entstammen, nicht aus den politischen Parteien, sagte Maduro.
Die Delegierten sollten aus den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft entstammen, so sollten auch Rentner, Behinderte und Angehörige sexueller Minderheiten vertreten sein – „eine verfassungsgebende Versammlung des Volkes“ werde er einberufen. Der Nationale Wahlrat werde am kommenden Dienstag mit der Arbeit beginnen, sagte der Staatschef.
In Wahrheit wolle Maduro „die Verfassung töten“, erklärte der führende Oppositionspolitiker Henrique Capriles im Kurzbotschaftendienst Twitter. Die Initiative des Präsidenten sei „Betrug“. Carpiles rief seine Anhänger auf, „diesem Irrsinn nicht zu gehorchen“. Parlamentspräsident Julio Borges erklärte: „Was Maduro in seiner Verzweiflung vorschlägt ist, dass Venezuela nie wieder direkte, freie und demokratische Wahlen haben soll.“
Die Proteste gehen weiter
Während Maduro seine Ankündigung machte, protestierten in mehreren Viertel der Hauptstadt wieder zahlreiche Regierungsgegner. Sicherheitskräfte sprengten die Demonstranten mit Wasserwerfern und Tränengas auseinander.
Das krisengeschüttelte Venezuela wird seit Wochen von schweren Unruhen und Protesten erschüttert, in deren Verlauf bereits fast 30 Menschen getötet und hunderte verletzt wurden. Die Opposition kämpft für vorgezogene Parlamentswahlen und eine Volksabstimmung über die Absetzung des Staatschefs, dessen Mandat regulär im Januar 2019 endet.
Die Regierungsgegner machen den Präsidenten für die schwere Wirtschaftskrise in dem ölreichen südamerikanischen Land verantwortlich. Die außer Kontrolle geratene Inflation wird nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in diesem Jahr auf 720 Prozent steigen. Wegen der dramatischen Versorgungslage kommt es immer wieder zu Plünderungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett