piwik no script img

Krise in Bosnien und HerzegowinaDrohende Sanktionen wirken

Bundesaußenminister Maas hat EU-Sanktionen gegen Serbenführer Dodik ins Spiel gebracht. Vor allem Ungarn, Polen und Slowenien sperren sich dagegen.

Fordert eine härtere Gangart gegen den serbischen Nationalisten Milorad Dodik: Heiko Maas in Brüssel Foto: Janine Schmitz/photothek/imago

Sarajevo taz | Um der Krise in Bosnien und Herzegowina zu begegnen, hat der noch amtierende Bundesaußenminister Heiko Maas EU-Sanktionen gegen den führenden Politiker der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, ins Spiel gebracht. Dodik hatte in den letzten Wochen immer wieder mit der Abspaltung des von Serben kontrollierten Landesteils vom Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina gedroht und damit Angst vor einem neuen Krieg in dem Balkanland geschürt.

EU-Abgeordnete fordern ein Reiseverbot und das Einfrieren von Vermögen

Man müsse perspektivisch über eine härtere Gangart nachdenken, sagte der SPD-Politiker am Montag am Rande eines Treffens der EU-Außenminister in Brüssel. Sanktionen sollten diejenigen treffen, die staatliche Strukturen infrage stellten und mit Hass versuchten, Menschen gegeneinander aufzuhetzen, erklärte Maas.

Beschlüsse wurden auf der Außenministerkonferenz der EU-Staaten jedoch nicht gefasst. Doch immerhin ist Bewegung in die Diskussion über Sanktionen geraten. So werden Sanktionen gegen Personen, die Dodik zuarbeiten, und vor allem Firmen, die der politischen Führung der serbischen Teilrepublik nahestehen, von Parlamentariern ins Auge gefasst.

Die EU-Abgeordneten Tineke Strik von den Grünen und Dietmar Köster von den Sozialdemokraten, die vergangene Woche Sarajevo besuchten, wollen noch weiter gehen: Sie brachten ein Reiseverbot für Dodik in die Europäische Union und das Einfrieren von Vermögen ins Spiel. Der neue Hohe Repräsentant, Christian Schmidt, schlug die Streichung von Finanzhilfen der EU vor. Allerdings müssten 15 der 27 EU-Staaten für Sank­tionen stimmen, um sie einzuführen, erklärte die Niederländerin Strik.

Uneinigkeit in der EU

Schon jetzt ist die EU über die Frage der Sanktionen gespalten. Vor allem der ungarische Außenminister Péter Szij­jártó soll am Montag in Brüssel Maas harsch widersprochen haben, berichten Medien aus Sarajevo. Es zeichnet sich ein Kern von autokratisch regierten EU-Staaten ab, die mit den serbischen Nationalisten sympathisieren. Neben Ungarn sind dies Polen und Slowenien, die vor allem in Russland ihren Ver­bündeten suchen. Verkompliziert wird die Lage noch durch Kroatien, das die kroatischen Nationalisten in der Herzegowina unterstützt, die mit Dodik eng zusammenarbeiten.

Auch bei den EU-Spitzen ist die Position gegenüber den serbischen Nationalisten nicht eindeutig. So soll sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell gegen Sanktionen ausgesprochen haben. Borrell müsste qua Amt die Sanktionen vorschlagen. Deutschland, Großbritannien und die USA setzen hingegen auf eine schärfere Gangart.

Die Haltung dieser wichtigen Staaten scheint schon Wirkung zu zeigen. Dodik hat die Parlamentssitzung des serbischen Teilstaates, die die Loslösung der Republika Srpska vom Gesamtstaat beschießen sollte, auf Anfang Dezember verschoben. Die meisten Menschen in Bosnien und Herzegowina, allen voran Bosniaken, nichtnationalistische Parteien und die Minderheiten des Landes, scheinen sich langsam aus der Schockstarre zu befreien.

In Sarajevo wird über eine Großdemonstration der pro-bosnischen Bevölkerung diskutiert, allerdings mit dem Vorbehalt, nicht Öl ins Feuer schütten zu wollen. Der Vizechef der Sozialdemokraten, der Serbe Vojin Mijanović, will eine „Bewegung für den Staat“ ins Leben rufen, die in ganz Bosnien und Herzegowina aktiv werden soll. Nach der Niederlage der bosnia­kisch-muslimischen Nationalpartei SDA bei den Gemeindewahlen entwickeln sich die nichtnationalistischen Sozialdemo­kraten zur stärksten Partei in Bosnien und Herzegowina.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Möchte Slowenien einen neuen Bosnien-Krieg?

    Über Polen und Ungarn-Regierungen muss man nicht besprechen... Nichts überraschendes... Aber Slowenien auch auf dem Zug ist, ist unglaublich...

    Es ist ungluablich, noch im 21.JH eine Regierung durch "religiöse" Hintergründe eine "Kriminelle" unterstützt....



    Solche Aktionen zeigen wie schwach eigentlich EU intern ist....