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Krise des WeinbausKosten, Ungeziefer, Giftspritzen

Der Weinbau in Deutschland ist in der Krise. Bauernpräsident Rukwied rät Verbrauchern zum deutschen Tropfen und der Politik zum Bürokratieabbau.

Winterzeit ist Erntezeit: Eisweinlese beim Weingut Bischofsmühle in Rheinhessen Foto: Andreas Arnold/dpa

afp/dpa | Bauernpräsident Joachim Rukwied hat auf die schwierige Lage des Weinbaus in Deutschland hingewiesen und die Verbraucher aufgefordert, mehr heimischen Wein zu trinken. „Ich appelliere an die Verbraucherinnen und Verbraucher: trinkt mehr deutschen Wein“, sagte Rukwied laut der „Rheinischen Post“ (Freitag). „Der Weinbau in Deutschland ist in der größten Krise seit Jahrzehnten. Aufgrund der schlechten Marktlage gehen wir davon aus, dass wir Rebflächen in erheblichem Umfang verlieren werden“, erklärte er.

Deutsche Weine könnten bei der Qualität „locker mit Weinen aus Frankreich, Spanien oder Italien mithalten“, fügte der Bauernpräsident hinzu. Insgesamt sei die Marktlage in vielen Bereichen der Landwirtschaft nicht befriedigend, „teilweise sogar desaströs“, sagte Rukwied. „Die Kosten für Betriebsmittel und Energiepreise steigen und steigen, die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse fallen und fallen“, sagte er der „Rheinischen Post“.

Unterdessen fürchten Fachleute eine neue eingeschleppte Rebkrankheit. Sie könnte sich in Deutschland schnell ausbreiten. An drei Standorten in Baden-Württemberg hat das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg Flavescence dorée nachgewiesen, wie das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) in Karlsruhe mitteilte.

Die auch Goldgelbe Vergilbung genannte Krankheit werde durch einen bakterienähnlichen Schadorganismus verursacht und von der Amerikanischen Rebzikade (Scaphoideus titanus) übertragen. Diese Zikade sei 2024 im Markgräflerland (Baden-Württemberg) erstmals in Deutschland nachgewiesen worden. „Durch das gemeinsame Auftreten des Krankheitserregers und des Überträgers in einem Gebiet besteht die Gefahr einer schnellen Ausbreitung der Goldgelben Vergilbung“, hieß es.

Trockene Beeren mit bitterem Geschmack

Befallene Weinreben bilden der Mitteilung zufolge je nach Rebsorte zunächst vergilbte oder vorzeitig rot verfärbte Blätter aus, die sich nach innen einrollen. Die Beeren könnten eintrocknen und bitter schmecken. „Daher sind erkrankte Rebstöcke nicht mehr für die Weinproduktion geeignet“, erklärte das LTZ, das sich in Baden-Württemberg mit Kulturpflanzen im Ackerbau und im Obstbau befasst. „Am Ende lässt ein Befall die Reben vorzeitig absterben.“

In Ländern wie Frankreich, Italien, Österreich, der Schweiz oder Ungarn habe die Rebkrankheit bereits Schäden im Weinbau verursacht. Laut dem Julius Kühn-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, gab es bisher 2014 und 2020 lediglich an jeweils einer einzelnen Pflanze einen Befall der Goldgelben Vergilbung. Der Überträger – die Amerikanische Rebzikade – sei damals in Deutschland aber nicht nachgewiesen gewesen. Für Deutschland galt nach Angaben auf der Internetseite vom Sommer, dass die Goldgelbe Vergilbung hierzulande nicht vorkomme.

Nun waren laut LTZ einzelne Rebflächen in den Landkreisen Lörrach, Breisgau-Hochschwarzwald und Ortenaukreis in Südbaden betroffen. Um eine Ausbreitung zu verhindern, müssen befallene Reben unverzüglich gerodet und die Amerikanische Rebzikade mit Insektiziden bekämpft werden, erläuterte René Fuchs vom Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg. Eine entsprechende Verordnung der Behörden soll die konkreten Maßnahmen regeln.

Der neue Schädling bringt also noch mehr Pestizide im Weinbau. Dabei leiden Tiere und Pflanzen der Weinberge jetzt schon unter hohen Giftgaben. So steht laut der Deutschen Umwelthilfe (DUH) der seltenste und zudem einer der größten Schmetterlinge Europas – der Mosel-Apollofalter – unmittelbar vor der Ausrottung, wenn „die Behörden in Rheinland-Pfalz nicht endlich seine wenigen verbliebenen Vorkommen vor Pestizidspritzungen schützen“, so die DUH.

Der Mosel-Apollofalter fällt dem Weinbau zum Opfer

Sie kämpft für eine gerichtliche Klärung der Rechtmäßigkeit von Genehmigungen für Hubschrauber- und Drohnenspritzungen von Pestiziden durch die Landesregierung von Rheinland-Pfalz. Nach Einschätzung der DUH und der ArGeLep, die die DUH im Berufungsverfahren fachlich berät, sind die Pestizidspritzungen für den dramatischen Rückgang des vom Aussterben bedrohten und streng geschützten Mosel-Apollofalters und anderer Insekten verantwortlich. Die DUH hat gegen die für 2025 erteilten Sondergenehmigungen bereits Klage eingereicht.

Der streng geschützte Mosel-Apollofalter kommt weltweit nur im Unteren Moseltal an wenigen offenen Felsformationen vor. In der gerade erschienen Roten Liste der Tagfalter wird die Art als vom Aussterben bedroht (Rote Liste Kategorie 1) eingestuft. Die Bestandssituation des Falters hat sich mittlerweile so verschlechtert, dass ein baldiges Aussterben der Art unmittelbar bevorsteht, wenn nicht ausreichende Maßnahmen zum Schutz seiner letzten Vorkommen vor dem Eintrag giftiger Pestizide erfolgen.

Unterdessen plädiert Bauernpräsident Rukwied angesichts der Schwierigkeiten der Weinbauern für einen „längst überfälligen“ Politikwechsel. Vor allem müsse es dringend Erleichterungen bei der Bürokratie geben, forderte er.

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