piwik no script img

Kriminalstatistik 2022Mehr Straftaten und Gewalt

Die Kriminalstatistik zeigt einen deutlichen Anstieg der Verbrechen. Innenministerin Nancy Faeser will insbesondere gegen sexualisierte Gewalt vorgehen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser Foto: dpa

Berlin dpa | Die Polizeibehörden von Bund und Ländern haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Straftaten registriert als in den Jahren zuvor. Damit kehrt sich der positive Trend der zurückliegenden Jahre um. Nachdem die Zahl der Straftaten in den fünf Jahren zuvor jeweils niedriger gewesen war als im Vorjahr, stieg sie im Jahr 2022 um 11,5 Prozent auf bundesweit rund 5,63 Millionen Fälle an. Die Aufklärungsquote sank im gleichen Zeitraum um 1,4 Prozentpunkte auf 57,3 Prozent.

Bei der Gewaltkriminalität stellte die Polizei sowohl im Vergleich zum Vorjahr als auch im Vergleich zum Vorcoronajahr 2019 eine Zunahme fest. Mit rund 197.000 Fällen gab es den Angaben zufolge 2022 fast 20 Prozent mehr Fälle als im Vorjahr und knapp neun Prozent mehr als 2019.

Besonders stark war der Anstieg 2022 unter anderem bei den Delikten Taschendiebstahl, Ladendiebstahl, Wohnungseinbruch, Wirtschaftskriminalität und bei den Raubdelikten. Dass die Zahl der strafrechtlich relevanten Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht, das Asyl- und das EU-Freizügigkeitsgesetz zunahm, dürfte mit dem deutlichen Anstieg der Zahl der unerlaubten Einreisen zusammenhängen.

Auffällig ist, dass der Anteil der minderjährigen Tatverdächtigen bei der „Verbreitung pornografischer Schriften“ mit rund 41 Prozent sehr hoch ist. Hier spielt nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes der Trend eine Rolle, dass Kinder und Jugendliche oft ohne zu wissen, dass dies strafbar ist, in Gruppenchats bei WhatsApp, Instagram, Snapchat oder auf anderen Kanälen solche Bilder teilen.

Polizei beklagt mehr Arbeit

Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte hierzu: „Es ist entsetzlich, dass tagtäglich Kinder und Jugendliche Opfer von sexualisierter Gewalt werden.“ Sie kündigte an: „Wir werden künftig erstmals europäische Instrumente schaffen, um Onlineplattformen in die Pflicht zu nehmen, damit Missbrauchsdarstellungen entdeckt, gelöscht und die Täter verfolgt werden.“

Zu sexualisierter Gewalt gegen Frauen sagte Faeser: „Wir müssen handeln, um Frauen besser zu schützen und die Angst vor Übergriffen zu nehmen. Wir brauchen mehr Präsenz von Sicherheitskräften in öffentlichen Verkehrsmitteln und an kriminalitätsbelasteten Orten – und mehr Videoüberwachung.“

Die Daten für 2022 zeigten, dass die Arbeit für die deutschen Sicherheitsbehörden gewaltig gestiegen sei, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke. Angesichts von Personallücken, Ausstattungsdefiziten und einer immer noch sehr schleppend verlaufenden digitalen Vernetzung bestehe dringender Handlungsbedarf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • Wie sieht es den im Bereich der Nötigungsdelikte aus?

  • 8 % von geforderten 10,5 bzw. 300 Euro anstatt der geforderten 500 Euro sowie zusätzliche steuerfreie Einmalzahlungen bis 3000 Euro klingen von außen betrachtet doch sehr anständig. Wenn diese Differenz nun zu Ausweitungen der Streiks führen sollte, wird das Agieren der Arbeitnehmerseite langsam aber sicher nicht mehr vermittelbar.



    Ein Warnstreik, der den Umfang eines Generalstreiks hatte, war bereits ein Vorspiel, das nichts Gutes erahnen ließ. Schade eigtl., dass soviel volkswirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, um am Ende doch zu einem Kompromiss zu kommen.



    Insbesondere für diejenigen Beschäftigten im öD, die nicht am Hungertuch nagen, denn von denen gibt es reichlich, sind Lohnerhöhungen im geforderten Maße in diesen Zeiten nicht mehr angemessen. Es gibt zu viele Gruppen, die dringender dran sind und priorisiert werden müssen.

    • @Klaus Kuckuck:

      Richtiger Kommentar unter der falschen Newsmeldung.

    • @Klaus Kuckuck:

      Falsche Unterseite? Bei allem Verständnis für die Lohnforderungen der Gewerkschaften, hier gehts um Kriminalität.

  • Sagt die Faeser auch was zur Bekämpfung der Wirtschaftkriminaltät (also Korruption, Steuerbetrug und -hinterziehung, Anlagenbetrug) der ja jährlich insbesondere den Staat um Milliarden schädigt?

    Oder werden auch weiterhin die Stellen für Steuerfahnder, Finanzkontrolleure usw. massiv abgebaut ?

  • Oh, es gibt mehr Videoüberwachung.



    Das ist bei unserem Bahnhof massiv ausgebaut worden. Trotzdem gehört er zu den gefährlichsten Orten in D.

    Habe auch noch nicht erlebt, dass eine Kamera zu Hilfe eilte bei Messerstechereien. Sind wohl eher stille Zuschauer.

    Kann bitte mal einer den ewig Nichthandelnden das Mikro abschalten!

    • @Frau Flieder:

      Kameraaufnahmen helfen zumindest bei der Aufklärung.

      Die Situation wäre objektiv schlechter, wenn noch weniger Straftäter ermittelt werden können.

      • @gyakusou:

        Objektiv fehlt dann das Geld für vorbeugende Maßnahmen, wenn man es für sinnlose Kameraüberwachung ausgibt. Und die kann kein Verbrechen verhindern, das im Affekt geschieht.

      • @gyakusou:

        Hilft dem Opfer wenig in der akuten Situation.



        Anscheinend ist es wichtiger die Täter zu ermitteln als im Vorfeld die Opfer zu schützen.

        • @Frau Flieder:

          Und wie schützt man Opfer im Vorfeld?

          Zudem ist es ein Trugschluss zu glauben, dass eingesparte Gelder bei der Videoüberwachung in einem anderen Topf für Präventionsmaßnahmen oder ähnlichem landen.

          • @gyakusou:

            Im öffentlichen Raum durch couragierte Mitbürger und sichtbare Polizeipräsenz.

            Im privaten Raum durch Präventionsarbeit z.B. Frauen-gegen-Gewalt.de/tr/

  • Das ist unschön.



    Wie befürchtet stieg häusliche Gewalt in der Coronazeit an. Parallel dazu gingen Wohnungseinbrüche deutlich zurück, da viele Menschen zu Hause waren.



    Mit Ausklingen der Coronapandemie im vergangenen Jahr nahmen Wohnungseinbrüche aus naheliegenden Gründen und Gelegenheiten wieder zu .



    Die Fokussierung der Bundesinnenministerin auf die dramatischsten Themen ist richtig.



    Mängel bei Ausstattung und zu geringe Zahl der Polizisten liegt in der Verantwortung der Bundesländer.