Kriminalitätsstatistik in Deutschland: Antisemitische Straftaten nehmen wieder ab
Die Zahl antisemitischer Straftaten ist zurückgegangen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei hervor.
Die Zahl antisemitischer Straftaten ist in den letzten beiden Quartalen zurückgegangen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor.
Für das dritte Quartal 2025, den Zeitraum zwischen Juli und September dieses Jahres, hat das Bundeskriminalamt (BKA) insgesamt 602 solcher Straftaten registriert. Darunter waren 18 Gewalttaten, bei denen acht Menschen verletzt wurden, sowie 229 Fälle von mutmaßlicher Volksverhetzung. Zum Vergleich: zu Anfang des Jahres, im ersten Quartal, waren es noch 27 Gewalttaten sowie 422 Fälle von mutmaßlicher Volksverhetzung.
Die Zahlen waren bereits im zweiten Quartal leicht gesunken, wie eine Kleine Anfrage der Linken ergab. Zwischen April und Juni 2025 wurden dem Bundeskriminalamt (BKA) aus den verschiedenen Landeskriminalämtern über den „kriminalpolizeilichen Meldedienst – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK)“ bundesweit insgesamt 899 Straftaten gemeldet. Darunter waren 21 Gewalttaten sowie 341 Fälle von Volksverhetzung.
Weniger rechte Straftaten
Das BKA gliedert seine Zahlen in fünf unterschiedliche „Phänomenbereiche“: je nach erkennbarem Motiv ordnet es sie jeweils unter „Rechtsextremismus“, „Linksextremismus“, „ausländische“ oder „religiöse Ideologie“ sowie unter „Sonstige“ ein.
In der aktuellen Statistik zum dritten Quartal wurden 98 Straftaten dem Phänomenbereich „rechts“ zugeordnet, mit 96 fast genau so viele einer „ausländischen Ideologie“ sowie 36 einer „religiösen Ideologie“. 25 wurden als „Sonstige“ und drei als „links“ verbucht. Anfang des Jahres machten rechtsmotivierte Vorfälle noch die Hälfte aller Straftaten aus. Ihr Anteil ist nun deutlich zurückgegangen. Ein großer Teil der Straftaten, die einer ausländischen oder religiösen Ideologie zugeordnet wurden, sind in Berlin registriert worden. Die meisten rechten Straftaten wurden dagegen in Bayern gezählt.
Endgültige Zahlen liegen immer erst im Folgejahr vor. Denn viele Taten werden erst als antisemitisch eingestuft, wenn die Landespolizei ermittelt hat, deshalb werden die Zahlen regelmäßig aktualisiert. Nach dem 7. Oktober 2023 und dem Beginn des Kriegs in Gaza gab es 2024 einen starken Anstieg antisemitischer Straftaten, die aber bereits Ende des Jahres zurückgingen. Dieser Trend setzt sich nun weiter fort.
Im Jahr 2024 wurden insgesamt 6.560 antisemitische Straftaten registriert – darunter 178 Gewalttaten, 3.128 Fälle von Volksverhetzung und 1.438 Propagandadelikte. Letztere sind besonders umstritten, denn darunter dürfte häufig auch die Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“ fallen. Diese hatte die damalige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kurz nach dem 7. Oktober 2023 verboten und als Parole der Hamas bezeichnet. Vor deutschen Gerichten sind zu dieser Einstufung zahlreiche Verfahren anhängig, deren Ausgang noch offen ist.
Linke kritisieren Stigmatisierung und fordern mehr Prävention
„Jede antisemitische Straftat ist eine zu viel“, sagt die Linken-Abgeordnete Katrin Fey, die mit ihren Fraktionskolleginnen Clara Bünger, Doris Achelwilm und anderen nach den Zahlen gefragt hat. Es müsse viel mehr getan werden, um diese zu verhindern – etwa durch Bildungsinitiativen sowie Beratungsangebote für Betroffene.
Jüdinnen und Juden dürften keine Angst haben, ihren Glauben offen zu zeigen, und dürften auch nicht für die Politik der israelischen Regierung verantwortlich gemacht werden, sagt Fey, die in ihrer Fraktion die Sprecherin für Bürger- und Menschenrechte ist. „Nicht hilfreich“ sei es allerdings auch, „legitime und notwendige Proteste gegen Kriegsverbrechen in Gaza und gegen illegale Siedlergewalt im Westjordanland als antisemitisch zu stigmatisieren und zu kriminalisieren.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert