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Kriminalität im Görlitzer ParkZahlen sprechen gegen Zaun

Eine nächtliche Parkschließung wird wohl wenig helfen. Neuer Kriminalitätszahlen der Innenverwaltung zufolge, geschiecht ein Großteil der Straftaten tagsüber.

Passiert meist tagsüber: Rund drei Viertel der registrierten Straftaten im Görlitzer Park Foto: Shireen Broszies/dpa

Geht es nach dem Berliner Senat, soll eine nächtliche Schließung des Görlitzer Parks die Lage in dem drogen- und kriminalitätsbelasteten Kreuzberger Park und dem angrenzenden Wrangelkiez entlasten. Eine Antwort des Senatsverwaltung für Inneres auf eine Anfrage des Berliner Grünen-Abgeordneten Vasili Franco, welche der taz exklusiv vorliegt, zieht den Bau des schätzungsweise 1,5 Millionen Euro teuren Zauns jedoch erneut in Zweifel. Der Hauptteil der registrierten Straftaten im Görlitzer Park, rund drei Viertel, findet demnach tagsüber statt.

Insgesamt 588 Straftaten hat die Polizei von Januar 2025 bis Ende Juli 2025 im Görlitzer Park registriert, davon ereigneten sich 132 nachts zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Das entspricht einem Anteil von 22 Prozent. Im Jahr 2024 wurden insgesamt 1.211 Straftaten registriert, davon 341 nachts, im Jahr 2023 waren es noch 1.675 gesamt, 409 davon nachts. Damit ist die Zahl der registrierten Straftaten leicht zurückgegangen.

Die Senatsverwaltung korrigierte dabei auch eine Angabe aus einem vorherigen Bericht aus dem Jahr 2024. Damals war angegeben worden, dass die Zahl der Straftaten nachts auf das doppelte gestiegen sei. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um einen Zahlendreher. Tatsächlich ging die Zahl der nächtlichen Straftaten von 2023 auf 2024 um 17 Prozent zurück.

Meist Verstöße gegen Betäubungsmittelgesetz

Aus der schriftlichen Antwort geht überdies hervor, dass es sich bei einem großen Teil der Straftaten um Kontrolldelikte handelt. Demnach wurden 2025 in der ersten Jahreshälfte 169 Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz und 95 gegen das Aufenthaltsgesetz festgestellt. Bei weiteren 81 handelte es sich um einfachen Diebstahl, bei 34 um Raub, bei fünf um sexuelle Übergriffe. Auch in den Jahren 2023 und 2024 waren Verstöße im Zusammenhang mit Betäubungsmittel und dem Aufenthaltsgesetz die häufigsten registrierten Straftaten.

Höher als im Görlitzer Park selbst sind die Anzahl registrierter Straftaten in den anliegenden Wohngebieten um den Görlitzer Park und im Wrangelkiez. Von Januar 2025 bis Ende Juli 2025 wurden dort insgesamt 2.001 Delikte erfasst. Insbesondere Beschaffungskriminalität, wie Diebstähle und Einbrüche, gab es häufig. Den Görlitzer Park und den angrenzenden Wrangelkiez identifiziert die Polizei als sogenannten kriminalitätsbelasteten Ort (kbO), einer von sieben in Berlin.

Widerstand gegen Zaun

„In allen Deliktsbereichen ist die Anzahl in den umliegenden Kiezen höher als im Park“, sagt dazu Vasili Franco, Sprecher für Innenpolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die nächtliche Schließung, sagt Franco weiter, werde die Lage in den Kiezen nicht verbessern, sondern verschlimmern. „Zäune und Kameras helfen nicht gegen Armut, Sucht und Obdachlosigkeit. Abhängigkeit, Beschaffungskriminalität und Verwahrlosung sind Folgen eines unzureichenden Hilfesystems“, sagt Franco und fordert stattdessen die Aufwertung sozialer Arbeit und der sozialen Infrastruktur.

Seitdem eine nächtliche Schließung des Görlitzer Parks vor zwei Jahren erstmals diskutiert wurde, regt sich in angrenzenden Kiezen und auch auf Bezirksebene Widerstand gegen das Vorhaben des Senats. An­woh­ne­r:in­nen befürchten, dass die sozialen Probleme nicht langfristig gelöst, sondern lediglich vom Görli in den Kiez gedrängt werden.

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