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Krieg in der UkraineSelenskyj stellt Teile des „Siegesplans“ vor

Nach wochenlanger Diskussion gibt der ukrainische Präsident Selenskyj seinen sogenannten Siegesplan im Parlament in Kyjiw bekannt.

Wolodymyr Selenskyj im ukrainischen Parlament, der Werchowna Rada Foto: Andrii Nesterenko/rtr

Kyjiw afp/dpa/rtr | Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen bislang unveröffentlichten „Siegesplan“ im Verteidigungskrieg gegen Russland im Parlament vorgestellt. Er bestehe aus fünf Punkten sowie drei weiteren geheimen, sagte Selenskyj. Die Schritte, um den Plan umzusetzen, müssten rasch vollzogen werden.

Kernpunkt Nato-Beitritt

Ein zentraler Punkt sei die Einladung der Nato für einen Beitritt der Ukraine, „und zwar jetzt“, sagte Selenskyj in einer Rede vor den Abgeordneten in Kyjiw. Russland habe mit seinem Krieg gegen die Ukraine die europäische Sicherheit untergraben, weil Kyjiw nicht Mitglied des westlichen Militärbündnisses sei.

Bei dem Plan gehe es darum, „unser Land und unsere Positionen zu stärken“, sagte Selenskyj. Ziel sei es, „stark genug zu sein, um den Krieg zu beenden“. Eine Abtretung ukrainischer Gebiete an Russland schloss Selenskyj aus. „Russland muss den Krieg gegen die Ukraine verlieren“, betonte der ukrainische Präsident. Russland müsse dazu gebracht werden, „an einem Friedensgipfel teilzunehmen und bereit zu sein, den Krieg zu beenden“.

Gegen Beschränkungen beim Einsatz

Selenskyj sprach sich außerdem für „ein umfassendes Paket nichtnuklearer strategischer Abschreckungsmaßnahmen“ auf ukrainischem Gebiet aus, „um die Ukraine vor jeglicher militärischer Bedrohung durch Russland zu schützen“. In der vergangenen Woche hatte Selenskyj bei Besuchen in Berlin, London, Paris und Rom um weitere Unterstützung für den Kampf gegen die russischen Invasionstruppen geworben. Die Ukraine fordert angesichts der überlegenen russischen Luftwaffe insbesondere mehr Kampfjets und eine bessere Luftabwehr.

In seiner Rede im Parlament rief Selenskyj die Verbündeten der Ukraine auf, „die Beschränkungen für den Einsatz von Langstreckenwaffen“ bei Angriffen auf die russisch besetzten Gebiete sowie Ziele in Russland aufzuheben.

Selenskyj bietet Westen Rohstoffe an

Als Teil des Siegesplans bot Selenskyj den westlichen Verbündeten Zugriff auf wertvolle Rohstoffe seines Landes an. Als Beispiele nannte er in einer Rede vor dem Parlament in Kiew Uran, Titan, Lithium und Graphit. Die Ukraine verfüge über wertvolle Rohstoffe „im Wert von Billionen US-Dollar“, sagte Selenskyj. Die Frage sei, ob diese Ressourcen im globalen Wettbewerb an Russland und dessen Verbündete fielen oder bei der Ukraine und – wie er sagte – der demokratischen Welt verblieben.

Selenskyj sagte, dass die Ukraine sich nach einem Ende des russischen Angriffskrieges mit ihrer militärischen Erfahrung für die Sicherheit Europas und der Nato einsetzen werde. Ihre Soldaten könnten in Europa sogar US-Truppen ersetzen.

Russland: Sinnlose Kiewer Politik

Russland wies Selenskyjs „Siegesplan“ zurück. „Der einzige Friedensplan, den es geben kann, besteht darin, dass das Kiewer Regime die Sinnlosigkeit seiner Politik erkennt und begreift, dass es nüchtern werden muss“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau.

Es sei noch zu früh, um sich zu dem von Selenskyj vorgestellten Siegesplan zu äußern, sagte Peskow. Wahrscheinlich entspreche er dem US-Plan, der vorsehe „bis zum letzten Ukrainer“ gegen Russland zu kämpfen.

Bundesregierung schweigt

Die Bundesregierung will sich nicht zu den Details des „Siegesplans“ der ukrainischen Regierung äußern. Es sei bereits darüber gesprochen, aber Vertraulichkeit vereinbart worden, sagt Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Bundeskanzler Olaf Scholz werde am Freitag US-Präsident Joe Biden treffen.

Bundeskanzler Olaf Scholz erneuerte sein Angebot, mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu sprechen. Dies werde aber niemals über die Köpfe der Ukraine hinweg geschehen, sagt Scholz in einer Regierungserklärung zum anstehenden Europäischen Rat im Bundestag. Die Unterstützung für die Ukraine werde fortgesetzt, dafür stelle die EU 35 Milliarden Euro bereit.

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11 Kommentare

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  • Der Begriff " Siegesplan " suggeriert einen Sieg - Friedensplan macht mehr Sinn.

  • In der Welt steht zusätzlich, dass Teile des Friedensplans geheim sind. Beispielsweise enthält der Punkt, in dem Selenskyj dem Westen den Zugriff auf die Rohstoffe seines Landes anbietet, einen geheimen Teil. Das wäre schon interessant was da drin steht...

  • Also wenn die drei geheimen Punkte nicht etwas völlig Geniales und/oder Revolutionäres enthalten, ist der "Siegesplan" nur Ausdruck totaler Hilflosigkeit.

  • Es sieht derzeit nicht so aus, dass Russland in seinen Bemühungen in absehbarer Zeit nachlassen würde. Selenskyj sollte daher seine verbissenen Bestrebungen evtl. den aktuellen Gegebenheiten angleichen und bereit sein, auch notfalls in den sauren Apfel zu beissen. Bedeutet einen Friedensgipfel ohne Vorbedingungen und ergebnisoffen anzustreben. Wenn sich der Krieg nicht noch über Jahre erstrecken soll, ist es besser die ein oder andere Kröte zu schlucken, um Tod und Zerstörung zu verhindern. Denn militärisch ist Russland nicht beizukommen.

    Die eigentliche Frage ist jedoch, ob ein Friedensvertrag mit einem Menschen wie Putin überhaupt das Papier wert ist. In dieser Hinsicht ist ein Natobeitritt die einzige wirkliche Garantie für die Sicherheit der Ukraine. Und in diesem Punkt dürfte schon das Scheitern der Verhandlungen angelegt sein.

  • Das ist kein Siegesplan, sondern ein Plan für einen dritten Weltkrieg.



    Selenskij setzt auf volle Eskalation, inklusive direkter Kriegsbeteiligung der NATO.



    Das verbunden mit einer Großoffensive auf Russland. Was, denkt der denn, wird die Reaktion sein?



    Atombomben auf Kiev und alle anderen beteiligten Staaten!

    • @TeeTS:

      Stimme zu und hoffe auf Besonnenheit.

    • @TeeTS:

      Russland könnte den Krieg heute noch beenden.

  • "Ein zentraler Punkt sei die Einladung der Nato für einen Beitritt der Ukraine, „und zwar jetzt“"



    Das wird nicht kommen - und das wird seit Kriegsbeginn auch so kommuniziert, denn was wäre die Konsequenz?



    Der 3. Weltkrieg. Der Bündnisfall würde mit Beitritt direkt eintreten. Und dann käme es darauf an ob China, Iran oder noch andere bisher unauffällige Player (bspw Indien verdient gut am Weiterhandel russischen Öls) die Füße still halten und ob in Russland niemandem der Finger auf einen der roten Knöpfe ausrutscht... 🚀 🔥



    Das sind viel zu viele und viel zu schwerwiegende "obs".



    Insofern ist diese Forderung Selenskis seit Tag 1 kontraproduktiv - aus innenpolitischer Sicht kann ich ihn zu 100% nachvollziehen, außenpolitisch ist das unklug und im Zweifel gar schädlich für die tatsächliche Unterstützung, also die die wirklich an der Front ankommt und nicht nur auf dem Papier versprochen wird (da herrschen tatsächlich bisher eklatante Unterschiede), der Ukraine.

  • Passiert irgendwie extrem selten bei der taz. Aber mit diesem Artikel fühle ich mich ein ganz klein wenig geclickbaited... :D

    • @Nobodys Hero:

      Hier steht nur das, was Sie auch auf der Tagesschau sehen.

  • Ogottogott... das liest sich wie Reklame für den Dritten Weltkrieg😱, wie wäre es mit Diplomatie?