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Krieg in der UkrainePutin wird jetzt noch öfter putin

Eine Kommission hat entschieden, dass Begriffe wie „Russland“ und „Putin“ mit kleinem Anfangsbuchstaben geschrieben werden können.

Klein gemacht: Russlands Machthaber Putin Foto: Itar-Tass/imago

Luzk taz | Ab jetzt dürfen in der Ukraine Bezeichnungen wie „Russland“ mit einem kleinen Anfangsbuchstaben geschrieben werden. So lautet eine Entscheidung der Nationalen Kommission der Ukraine für die Standards der Amtssprache. Normalerweise kümmert sich die Kommission um die Durchführung von Sprachprüfungen für Beamte sowie für diejenigen, die die ukrainische Staatsbürgerschaft erwerben möchten.

Diesmal ging es um etwas anderes. Beamte des Bildungsministeriums hatten sich an die Kommission mit der Frage gewandt, ob der Name eines Staates, der grundlos die Ukraine angegriffen hat, mit einem kleinen oder großen Anfangsbuchstaben geschrieben werden sollte. Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges verwendet ein großer Teil ukrainischer Politiker sowie staatlicher Behörden und Medien kleine Anfangsbuchstaben, wenn sie „Russland“ oder Namen russischer Politiker schreiben – eine Form der Abwertung.

Dies führte oft zu einer gewissen Verwirrung, weil beispielsweise in einem Text, in dem historische Parallelen zwischen dem Putin- und Hitlerregime gezogen wurden, die Namen der Diktatoren jeweils mit einem kleinen und einem großen Anfangsbuchstaben geschrieben wurden.

In der jüngsten Entscheidung der Kommission heißt es: „Die Schreibweise der Namen 'Russische Föderation’, 'Russland’, 'Moskau’, 'Die Staatsduma der Russischen Föderation’ kann in nicht offiziellen Texten mit kleinem Anfangsbuchstaben geschrieben werden. Dies ist keine Abweichung von den Normen der ukrainischen Rechtschreibung.“

Keine neue Regel

Das heißt, die Ukrainer dürfen in inoffiziellen Texten die Kleinbuchstabenvariante benutzen, jedoch hat die Kommission das nicht als neue Sprachregel festgelegt. In offiziellen Dokumenten werden Namen wie Russland weiterhin großgeschrieben.

Der ukrainische Minister für Bildung und Wissenschaft, Oksen Lisowoj, sagte, er werde Kinder unterstützen, die den Namen des Besatzerstaates mit kleinen Anfangsbuchstaben im Geografieunterricht schrieben.

Als Grundlage ihrer Entscheidung berücksichtigte die Kommission „die Position der Mitglieder der Akademie der Wissenschaften und „den heldenhaften Kampf des ukrainischen Volkes für die Unabhängigkeit des ukrainischen Staates“.

Auch der in der Ukraine bekannte Sprachwissenschaftler Alexander Awramenko unterstützte die Befürworter der Kleinbuchstabenregel. Wenn Verachtung ausgedrückt werden solle, werde so geschrieben. Er ist fest überzeugt, dass die Ukrainer noch Jahrzehnte lang die Wörter Russland, Moskau, Kreml und Putin mit kleinem Anfangsbuchstaben schreiben werden. „Zu viel Blut der Ukrainer klebt an den Händen der Russen.“

Aus dem Russischen: Gemma Terés Arilla

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30 Kommentare

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  • Auf den Inhalt kommst an.

  • Das finde ich nett. Man sollte bei Konflikten öfters mal die Messlatte so niedrig ansetzen, dann wäre die Qualität der Eskalation auch wesentlich erträglicher. Und dann natürlich auch wieder International drohen. "Sollten die Aggressionen in xy kein Ende nehmen, können wir nicht garantieren unsere Ortographie Sie betreffend weiterhin all zu ernst zu nehmen!" "Bei direktem eingreifen Ihrerseits sehen wir keinen Grund ihren Namen weiterhin korrekt zu schreiben!"



    König Alfons der Viertel-vor-zwölfte lässt grüßen.

  • Wird dann in der Wirklichkeit aus PUTIN auch ein putinchen?

  • Eine Welle empörter Kommentare- wenn es um so was wichtiges wie Groß und Kleinschreibung geht…

  • Juri Konkewitsch , Autor*in des Artikels,

    It is hard for you to understand, but many people in Ukraine really find it difficult to write about putin and russia as their own names, the names of living beings. It will not help to win on the battlefield, but it will strengthen the hatred of the enemy.

    • @Juri Konkewitsch:

      Yes, thank You. Quite interesting.

    • @Juri Konkewitsch:

      Yes, more hatred is always the answer! *sarcasm off

      • @PartyChampignons:

        Die einen bomben Städte kaputt und töten Menschen. Die anderen schreiben deren Ländernamen klein. Aber das befördert natürlich den Hass, sorgt für eine Gewalteskalation und ist unbedingt zu unterlassen. Fehlt Ihnen hier die Relation?

      • @PartyChampignons:

        Es ist leicht, vom Sofa aus, in der Sicherheit vor Bombenangriffen, von den Opfern derselben, zu verlangen, sie sollen doch bitteschön weniger hassen, nicht wahr ?

  • Zur Frage der Wirksamkeit derartiger Maßnahmen melde ich mal skeptischen Vorbehalt aus der Erfahrung mit diminutiv und pejorativ an. Nicht alle Wege führen wirklich nach Rom.



    /



    "Es gibt viele Haltungen zur Groß- und Kleinschreibung. 1925 vertrat das Bauhaus die Kleinschreibung: „wir schreiben alles klein, denn wir sparen damit zeit.“ Heinrich Böll erklärte 1973, dass eine Sprache weder an Informationswert noch an Poesie verliere, wenn sie von der Groß- zur Kleinschreibung übergeht. Viele linke Gruppen schrieben klein.



    Die taz änderte am 19. Oktober 1982 den Titelkopf der Seite 1 von „die Tageszeitung“ in „die tageszeitung“. 2004 brachten wir eine ganze Ausgabe in Kleinschreibung, als Reaktion auf die Ankündigung mancher deutscher Verlage, zur alten Rechtschreibung zurückkehren zu wollen. Adressen von Mails und Webseiten werden meist klein geschrieben."



    taz.de/Gross-oder-...als-auch/!5451310/



    taz.de/Georg-Loewisch/!a25298/

  • Wenn's hilft und sie sonst keine anderen Probleme haben...

    • @zio pipo:

      Hab auch schon gescheitere Kommentare gelesen, denn der Artikel handelt ja von den Problemen der Menschen dort, besonders den Kindern.

  • finde ich gut. intellektueller Wettkampf.

  • So schreibe ich situationsabhängig selbst seit längerem, auch ohne Zustimmung von Sprachwissenschaftler:innen.

  • Gut so. Die Kleinschreibung wird das russische System stürzen und den Krieg beenden. Dann schreiben wir Auto und Flugreisen auch klein um unsere Verachtung zu zeigen. Und schwupps, erledigt. Warum wir da nicht eher darauf gekommen sind??

    • @maestroblanco:

      So, so ! maestroblanco !

  • Ein Glück, dass die Ukraine keine anderen Probleme hat.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Sie meinen, in der Ukraine soll sich alles ausschließlich auf Fragen von Munition, Artillerie und militärischer Taktik fokussieren? Nein, auch Kultur-, Schul-, Wissenschaftsbetrieb gehen weiter. Eine Überraschung für Sie?

  • Was für ein Quatsch

    • @PartyChampignons:

      Das ist kein Quatsch, das ist drehen an der Hassspirale.

      • @ tibor:

        "Drehen" ist in Ihrem Satz aber kein Verb! Substantivierte Verben schreibt mensch in einem solchen Satz nach gegenwärtigen offiziellen deutschen Schreibregeln weiterhin groß. Hassen Sie Substantivierungen von Verben?

        • @E. H.:

          " Substantivierte Verben schreibt mensch in einem solchen Satz nach gegenwärtigen offiziellen deutschen Schreibregeln weiterhin groß."

          Mensch klein geschrieben 😂

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Genau. Mensch BEWUSST kleingeschrieben. Sie wollten dort wohl den "man" sehen?)))

            • @E. H.:

              Wenn man anderen Vorträge über Rechtschreibung und Grammatik hält, sollte man sich selbst dran halten.

              Oder wenn es besser gefällt:

              Wenn der Mensch anderen Vorträge über Rechtschreibung und Grammatik hält, sollte der Mensch sich selbst dran halten.

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                Sie sind ja ironiefrei. Ich hielt keine Vorträge, sondern antwortete auf den Vortrag des besorgten Mitbürgers oben. Ich schreibe, eue oben zudem erwähnt, gelegentlich quch schon auf Ukrainisch den Namen des russländischen Präsidenten klein. Sie können aber, so ironiefrei Sie hier sonst auftreten, einen Vortrag z. B. über Ihre Empörung über Genderzeichen halten. Nur zu.;)