Krieg in der Ukraine: „Mehr als 100 menschliche Körper“
In der Ukraine sterben bei einem russischen Angriff auf und um Odessa mindestens 20 Menschen. Im besetzten Mariupol wird ein Massengrab gefunden.
In der Nacht zu Freitag hatten mehrere russische Raketen in Odessa und Umgebung eingeschlagen. Beim Beschuss eines neunstöckigen Wohnhauses wurden 16 Menschen getötet, in der Ferienanlage der Stadt Bilhorod-Dnistrowskyj verloren vier Personen, darunter ein Kind, ihr Leben. 38 Menschen wurden verletzt. Da in Odessa Bewohner unter den Trümmern ihrer Häuser begraben worden seien, könne die Opferzahl weiter steigen, hieß es.
Zudem geriet ein Rehabilitationszentrum in dem Ort Sergeewka unter Beschuss. Dort werden Kinder aus der Republik Moldau behandelt. Das teilte Moldaus Gesundheitsministerin Alla Nemerenko auf Facebook mit, wie das ukrainische Nachrichtenportal Ukrainska Pravda berichtet. Ein Mitarbeiter wurde getötet, fünf weitere Personen wurden verletzt.
Die Angriffe erfolgten einen Tag, nachdem das russische Verteidigungsministerium den Rückzug seiner Truppen von der strategisch wichtigen und in der Nähe Odessas gelegenen Schlangeninsel bekannt gegeben hatte. Diese hatten das kleine Eiland bereits einen Tag nach dem Ausbruch von Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine besetzt.
Russland hat wiederholt bestritten, zivile Ziele in der Ukraine anzugreifen – so auch Präsident Wladimir Putin am Mittwoch bei einem Besuch in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat. „Bei uns schießt niemand so einfach aufs Feld“, sagte Putin und verteidigte damit einen Raketenangriff auf ein Einkaufszentrum in der zentralukrainischen Stadt Krementschuk am vergangenen Montag. Dabei kamen mindestens 20 Menschen ums Leben, 60 weitere wurden verletzt. Angeblich habe der Beschuss einem Lager mit westlichen Waffen gegolten.
In Russlands Duma liegt ein Gesetz zur Angliederung von Territorien vor
Unterdessen ist in der Hafenstadt Mariupol, die seit der letzten Maiwoche komplett unter russischer Kontrolle ist, ein weiteres Massengrab gefunden worden. „Wieder mehr als 100 menschliche Körper. Die Besatzer durchwühlen den Schutt, von Umbettung ist keine Rede“, zitiert das russischsprachige Nachrichtenportal insider.ru Petr Andrjutschenko, den Berater des Bürgermeisters von Mariupol.
Unterdessen werden in Russland weitere Weichen gestellt, um der Russischen Föderation weitere Territorien angliedern zu können. Eine entsprechende Gesetzesvorlage liegt der Duma seit dem vergangenen Donnerstag vor, wie die ukrainische Webseite focus.ua berichtet. Demnach könne ein Gebiet mit Russland im beiderseitigen Einvernehmen vereinigt werden, sollte „die Mehrheit der Bevölkerung die Kultur der Russischen Föderation als einzigartiges Erbe ihres multinationalen Volkes teilen“, heißt es dort.
Das Gesetz könnte demnächst in der besetzten südukrainischen Region Cherson zur Anwendung kommen. Dort ist ein entsprechendes Referendum nach dem Vorbild der Krim für den kommenden Herbst geplant. Der rechtmäßig gewählte Bürgermeister von Cherson, Ihor Kolychaew, war Anfang dieser Woche festgenommen worden. Er soll sich den Befehlen der Besatzer widersetzt haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken