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Krieg in der UkraineKiew startet militärische Offensive

Kurz vor Beginn des Krisengipfels in Minsk beginnt die ukrainische Regierung mit dem Vormarsch auf die Hafenstadt Mariupol.

Ukrainische Soldaten passieren einen Checkpoint bei Mariupol. Bild: ap

KIEW/MOSKAU rtr | Einen Tag vor dem geplanten Krisengipfel hat das ukrainische Militär eine Offensive gegen die prorussischen Separatisten bei Mariupol begonnen. Die Nationalgarde sei in der Nähe der strategisch wichtigen Hafenstadt im Südosten der Ukraine auf dem Vormarsch, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax am Dienstag den nationalen Sicherheitsrat in Kiew.

Die Führung in Moskau demonstrierte mit erneuten Manövern auf der annektierten Halbinsel Krim und im Süden Russlands militärische Stärke. Präsident Wladimir Putin bekräftigte, Russland werde sich in der Ukraine-Krise dem Druck des Westens nicht beugen.

Putin, sein ukrainischer Kollege Petro Poroschenko sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Francois Hollande sollten am Mittwoch im weißrussischen Minsk einen Waffenstillstand zwischen ukrainischer Armee und Separatisten ausloten. Sollte der Krisengipfel scheitern, muss sich Russland auf weitere Sanktionen einstellen. US-Präsident Barack Obama prüft zudem die Option von Waffenlieferungen an die Ukraine.

Ukrainische Soldaten hätten nahe Mariupol bereits die Linien der Gegner durchbrochen, erklärte der Sicherheitsrat weiter. Die Hafenstadt liegt zwischen der russischen Grenze und der von Russland im März annektierten Halbinsel Krim. In der Stadt waren unlängst bei einem Raketenangriff mehr als 30 Menschen getötet worden.

Der Westen macht dafür prorussische Separatisten verantwortlich und befürchtet, dass die Aufständischen die Stadt sturmreif schießen wollen. Dann könnte ein Landkorridor zwischen Mariupol und der Krim entstehen. Die EU und die Nato werfen Russland vor, die Separatisten militärisch zu unterstützen. Russland weist dies zurück.

Russische Militärmanöver

Russische Nachrichtenagenturen berichteten von einer Militärübung von rund 2.000 Soldaten in Südrussland an der Grenze zur Ukraine und einem Manöver auf der Krim. Beide hätten am Dienstag begonnen. Russland hat zuletzt immer wieder mit einer erhöhten Aktivität seines Militärs nahe der Ukraine seine Muskeln spielen lassen und im Westen Kritik ausgelöst.

In einer Note an russische Diplomaten erklärte Putin, Russland werde trotz des „gegenwärtig schwierigen internationalen Umfeldes“ eine unabhängige Außenpolitik betreiben. Die fundamentalen Interessen des russischen Volkes würden „entsprechend der globalen Sicherheit und Stabilität“ verfolgt. Obama hatte am Montag nach einem Treffen mit Merkel gedroht, die internationale Isolierung Russlands könne noch zunehmen, sollte Putin seinen Kurs in der Ukraine-Krise nicht ändern.

Kritik an den Westen

Der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, kritisierte die vom Westen erwogenen Schritte, sollte es bei den Gesprächen in Minsk keine Annäherung geben. Waffenlieferungen an die ukrainische Armee oder zusätzliche Sanktionen zielten allein darauf ab, die Situation in der Ukraine weiter zu destabilisieren, sagte Peskow der Nachrichtenagentur RIA.

„Russland ist ein Land, das ernsthaft daran interessiert ist, die Krise zu lösen“, fügte er hinzu. Alle Pläne des Westens würden hingegen nur das Gegenteil bewirken. Der Chef des Nationalen Sicherheitsrats, Nikolai Patruschew, sagte der Nachrichtenagentur Tass, Russland werde auch im Falle von Waffenlieferungen an einer diplomatischen Lösung festhalten. Auf die Frage nach einer russischen Vergeltung erklärte er: „Wir werden diplomatisch handeln.“

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25 Kommentare

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  • “Sometime they'll give a war and nobody will come”, hat der amerikanische Dichter Carl Sandburg 1936 geschrieben (“The People”).

    Und wir, damals, Ende der 70er, “Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin” an so manche Wand.

    Und im Bürgerrechtsbewegungslied “We shall overcome” singen (sangen, ist ja im neoliberal getunten Egotripzeitgeist kaum noch präsent) viele Interpreten ja auch bis zur Schlussstrophe some day. Dann aber today.

    Das wär was! Die beiden Teams, das aus den USA und jenes aus Russland, um ihre sternderlbestückten Ober-, Vorder- und Hinterdeppen vereint, in der Sandkiste am Strand von Kertsch, Zinnsoldaten mit Gummischleudern umwerfend.

    Und The People darum herum, russisch, ukrainisch, armenisch, türkisch (...), sich köstlich amüsierend.

  • Putin verteidigt sich gegen die Weltherrschaft der USA. Legitim!

    • @Karl Schmitz:

      der Zwerg. :))))) und Legitimität, ist doch als Konzept und als Wort viel zu kompliziert für Waldi.

    • @Karl Schmitz:

      Auch IS und Boko Haram verteidigen sich gegen die Weltherrschaft der USA. Legitim?

  • Mit meinem eben abgegebenen Kommentar wollte ich mitnichten den Anteil Russlands am Fortgang des Konfliktes beschweigen bzw. beschönigen . Nur ("n u r" ) - : What the hell haben die Amerikaner in Kiew zu suchen !? Diese weltmacht-narzistisch gestörten Hirne auf Weltvernichtungs-Trip !?

  • Niemand kann mehr ernsthafte Zweifel daran haben , dass alle entscheidenden Strippen , die das Handeln in der (West-)Ukraine bestimmen , zusammenlaufen bei der Zentrale in Washington . Genau deshalb geht auch Steinmeier aktuell davon aus , dass der Bürgerkrieg weiter eskalieren wird . Die amerikanische Politik in der Sache darf man auch aktuell auf die kürzeste Formel bringen mit dem Namen Nuland . Soweit die EU nicht schon jetzt uneins , gespalten und handlungsunfähig ist , wird sie vollends zum Bettvorleger der USA , wenn sie zusehen muß , wie sich die Ukraine im kriegerischen Amoklauf mit und gegen sich selbst zerstört .

  • Die Ukraine wehrt sich gegen russische Eindringlinge. Skandal!

  • "...Kiew startet militärische Offensive..."

     

    Eine wirklich friedensstiftende Massnahme! Wahrscheinlich mit Unterstützung der USA.

    • @antares56:

      Sie erinnern sich ? Hohe Militärvertreter der USA waren in Kiew ua zu Besuch in Krankenhäusern und verliehen Orden für verletzte Soldaten . Wie oft Kerry und Biden schon dort waren , muß man gar nicht mehr nachzählen . Biden auch gern mit Köfferchen voll Dollars .

  • Warum wollen Politiker und Presseleute nicht glauben, was die USA-Administration lauthals verkündet. Die USA wollen die absolute Weltherrschaft, und das geht nur mit echtem Krieg, Krieg hier in Deutschland und Europa.

    Auch der laufende Wirtschaftskrieg trifft DE und EU, aber nicht die USA.

    Deshalb wird auch der Umbau der Regeln des UN-Sicherheitsrates geplant. Nur noch ständige Mitglieder, Mehrheitvotum ohne Veto-Rechte. Schon kann es scheinbar legal losgehen, mit letalen Folgen, mit allem, was die militärischen Mord-Arsenale hergeben, auf UNSERM Land.

     

    Aber wer nicht hören will, der muss fühlen. Und das seid ihr, liebe Mitbürger.

    • @Rainer Pakosch:

      Deine Sicht erscheint `OK´... aber wie ist es mit den Hassentzündeten Kämpfern Kiews und des Donbass? Ist es etwa so, das die West und Ost ukrainischen Armeen ( Söldner Heere (?) ) nicht wissen, sich nicht objektiv bewusst sind- das sie im Bruderkrieg, den sie kämpfen- instrumentalisiert sind, als `nützliche Idioten´ der USA?

  • Zu Beginn der Ukraine Krise hat Herr Poroschenko von den Separatisten verlangt, sie mögen ihre Waffen niederlegen. Als Gegenleistung hat er Straffreiheit versprochen, Er wollte keine Verhandlungen. Nach der Offensive wegen des Flughafens hat der Osten geantwortet mit einen Gegenoffensive und einer Mobilmachung. Die EU sollte Herrn Poroschenko klarmachen, dass eine Verhandlungslösung die einzige Lösung ist und dass es keine militärische Lösung gibt. Die jetzt erneute Offensive von Herrn Poroschenko, noch dazu vor den Verhandlungen am Mittwoch, zeigt, dass Herr Poroschenko immer noch nicht zu einer Verhandlungslösung bereit ist, sondern auf eine militärische Lösung setzt. Die EU sollte deshalb ihre finanzielle Unterstützung für die Ukraine einstellen, bis Herr Poroschenko zu Verhandlungen bereit ist.

    • @Mind:

      Er wartet und sorgt dafür, dass es keine Verhandlungslösung gibt. Er wartet auf die Waffensysteme der USA. Derweil spricht auch die Kanzlerin, selbst im Zusammenhang mit diplomatischen Bemühungen, vom "Gewinnen". Das ist Freud mit dem Vorschlaghammer.

      Was ich in den Medien massiv vermisse, sind Informationen über die Forderungen und Befürchtungen der russischen bzw. russischstämmigen Bevölkerung der umkämpften Gebiete. Ich könnte mir vorstellen, dass allein schon wegen der ganzen Kollateralscheiße, die die sogenannten Separatisten bisher gebaut haben, so viel Hass entstanden ist, dass nun alle möglichen Befürchtungen immer berechtigter werden. Als selbstverstärkender Prozess sozusagen. Kann mir da jemand mit guten Quellen aushelfen?

      • @Karl Kraus:

        Mei, die Flüchtlingsströme sind bekannt



        "About 730,000 have left Ukraine for Russia due to conflict - UNHCR"



        http://in.reuters....NKBN0G517P20140805

        Die russischstämmige Bevölkerung flieht vor den Russen nach Russland.

        Manche Russischstämmigen, die vor Russen nach Russland fliehen, informieren sich wie sie an russische Pässe kommen können...was man halt so macht in so einer Situation: Schutz suchen...



        http://translate.g...le.ru/&prev=search



        http://www.helpdonbasspeople.ru/



        Ob es uns um Russen sooo besorgten Deutschen auch einmal so geht? Tja, wer weiß...ob das historisch gesehen so unverdient ist?

        • @fornax [alias flex/alias flux]:

          Ich verstehe deine Antwort nicht so recht. Die verlinkten Artikel geben nicht her, was die ukrainischen Russen (oder auch russischstämmigen Ukrainer oder wie auch immer man die nennen soll, die nicht kämpfen, aber russisch sprechen) für die Zeit nach dem Bürgerkrieg befürchten oder glauben befürchten zu müssen. Verstehste? Hin und wieder habe ich Gerüchte(?) darüber gelesen, dass die russische (oder: s. o.) Minderheit in der Ukraine davon ausgeht, dass sie auch in Friedenszeiten mit Repression und Diskriminierung zu leben hatte und haben wird, weil der Nationalismus Überhand nimmt. Aber ich finde keine zufriedenstellenden Informationen dazu.

          Und was meinst du mit der Anspielung zu den um Russen besorgten Deutschen? Hältst du es für abwegig, sich um die Russen in einer befriedeten Ukraine Gedanken zu machen? Los, sag schon! :)

  • Ab und zu wäre es vielleicht doch gescheiter mal bei ITAR TASS vorbeizuschauen. Wenn Manöver gemäss TAZ in Südrussland stattfinden muss das keineswegs an der Ukraine Grenze sein. In diesem Falle finden Sie grossmehrheitlich in Dagestan statt rund 1000 km von der Ukrainischen Grenze entfernt. Das ist etwa wie Hamburg - Zürich. Sowie ein kleineres auf der Krim. Beide Manöver sind so klein, dass sie nirgends gemeldet werden müssen. Dass die Ukraine wieder mal ein Grossoffensive plant/startet ist nicht verwunderlich, da man in Debalzewo eingeschlossen ist und nicht mehr wegkommt. Die Offensive ist nur die allerletzte Hoffnung - die Einschnürung zu lockern.

    • @Sierra :

      wo denkst du hin? Itar Tass..alles böse Russen-Propaganda :-)

  • Das dient selbstverständlich dem Verhandlungswillen vor Minsk noch eine Offensive zu starten...so macht man das...

  • "EU-Staaten als Vasallen" -- und

     

    "Die Sanktionen gegen Russland dienen ausschließlich den US-Interessen"

     

    Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten, gewiss unverdächtig, ein russisches Putin-Organ zu sein, kommentierte bereits im September 2014 die Entwicklung wie folgt:

     

    "Die US-Regierung hat die berechtigten Proteste der ukrainischen Bevölkerung gegen ihre korrupte Regierung verwendet, um einen gewalttätigen Regime-Wechsel in Kiew herbeizuführen. Die CIA operiert weltweit im Interesse der Wall Street {...}"

     

    Vgl. DWN, 14.09.2014, 01:29 Uhr.

    • @Reinhold Schramm:

      Die DWN haben weder Autoren- noch irgendwelche Quellennachweise. Die einzige Person, die sich hier finden lässt, ist der Herausgeber, Dr. Michael Maier, eine etwas dubiose Erscheinung.

       

      Nichts ist seriös nachrecherchierbar oder begründet. Das ist sehr undurchsichtig und unseriös. Auf eine solche Quelle würde ich auch dann verzichten, wenn sie meine Meinung vertritt. Das, was Sie hier anführen, findet sich aber gottseidank auch in vielen anderen Quellen. Im Übrigen stimme ich Ihnen zu.

      (NSA, übernehmen Sie!)

      • @Karl Kraus:

        Immerhin, ein Bekenntnis gegen "Rassismus, Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung von Minderheiten"!

         

        Vgl. DWN: Impressum.

    • @Reinhold Schramm:

      Seit wann beschäftigen Sie sich mit solchen "Qualitätsmedien"? Hätte Ihnen eigentlich seriösere Quellen zugetraut.

      • @Micha Mille:

        Auch beim Kapital gibt es Menschen mit Durchblick. So wie auch der Kapitalist Friedrich Engels im 19. Jahrhundert.

    • @Reinhold Schramm:

      wie sagte Obama so schön: kommt es in Minsk zu keiner Lösung...tja da muss man gleich die Ukrainer losschicken dass es keine Lösung gibt...