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Krieg in SudanAusländer raus, sobald es geht

Mehrere Länder wollen gefährdete Landsleute aus Sudans umkämpfter Hauptstadt Khartum herausholen. Ägypten könnte eine Evakuierung koordinieren.

Zu Tausenden verlassen Sudanesen die Hauptstadt Khartum Foto: afp/getty images

Berlin taz | Angesichts der anhaltenden Kämpfe in Sudans Hauptstadt Khartum treiben mehrere Länder Pläne voran, ihre Landsleute zu evakuieren. Die Niederlande schickten am Mittwoch zwei C-130-Militärtransportflugzeuge nach Jordanien, um „für alle Szenarien“ bereitzustehen, wie das niederländische Außenministerium bekanntgab. Japans Regierung ordnete am Donnerstag zum gleichen Zweck die Entsendung eines Militärflugzeugs nach Dschibuti am kommenden Wochenende an. Auch die Türkei bereitet nach eigenen Angaben eine Evakuierung vor.

In Dschibuti unterhält Japan seine einzige Militärbasis im Ausland; sie wurde im Jahr 2011 mit 600 Soldaten eingerichtet und dient der Beteiligung an internationalen Marinemissionen zur Sicherung maritimer Handelsrouten vor somalischen Piraten. In Dschibuti befindet sich auch die größte französische Militärbasis in Afrika sowie mit Camp Lemonnier die einzige permanente US-Militärbasis auf dem Kontinent, Hauptquartier für verdeckte Einsätze von US-Spezialkräften in der Region. Dschibuti sowie das jordanische Aqaba mit seiner ebenfalls gern vom westlichen Ausland genutzten Marinebasis gelten nun als mögliche Drehscheiben für den Einflug von Evakuierungstruppen nach Khartum und den Ausflug evakuierter Ausländer. Sie befinden sich an den beiden Enden des Roten Meers, an dem Sudan liegt.

Über Aqaba hatte Deutschland am Mittwoch Landsleute aus Khartum evakuieren wollen, bevor die Aktion wegen der Unmöglichkeit, auf dem Flughafen der sudanesischen Hauptstadt zu landen, noch während des Hinflugs gestoppt wurde. Sudans Luftraum ist offiziell seit Samstag gesperrt, und auf dem Flughafen Khartums haben Kämpfe zwischen der Armee und der aufständischen Milz RSF (Rapid Support Forces) stattgefunden. Regulärer Flugverkehr ist daher dort nicht möglich. Irreguläre Militärbewegungen sind es aber vielleicht schon, sofern Sudans Präsident Abdelfattah al-Burhan dafür grünes Licht gibt.

Den Anfang dafür dürfte Ägypten machen, der engste Verbündete Burhans in seinem Machtkampf mit RSF-Kommandeur Hamdan Daglo Hametti. Ägypten will seine Soldaten herausholen, die auf der Militärbasis Merowe im Norden Sudans als Ausbilder tätig waren und zu Beginn der Kämpfe am Samstag von der RSF gefangengenommen wurden.

Nächste Woche womöglich eine neue Chance

Die Regierung in Kairo setzte der RSF am Montag ein Ultimatum von 72 Stunden, die Gefangenen freizugeben. Am Mittwoch wurden 27 Ägypter in RSF-Hand dem Roten Kreuz übergeben. Sie befanden sich am Donnerstag in der ägyptischen Botschaft in Khartum. Die Luftwaffe und Spe­zial­einheiten des ägyptischen Geheimdienstes sollten sie ausfliegen, hieß es in ägyptischen Medien. Dies werde durch Gespräche mit den Vereinigten Arabischen Emiraten ermöglicht, wichtigster auswärtiger Verbündeter Hamettis.

Ägypten hat bereits 177 weitere Militärangehörige aus Sudan evakuiert. Sie wurden am Mittwoch vom Flughafen Dongola im Norden Sudans mit drei Militärmaschinen ausgeflogen.

Ein Erfolg des ägyptischen Evakuierungseinsatzes mit dem Segen der Emirate würde bedeuten, dass die beiden wichtigsten arabischen Unterstützer der sudanesischen Kriegsgegner zumindest bei diesem Thema an einem Strang ziehen. Das wäre die Voraussetzung für militärische Evakuierungseinsätze anderer Länder. Die Niederlande sowie Indien baten am Donnerstag Ägypten um die Koordinierung einer Schutzaktion. Griechenland hat das ebenfalls getan.

Das kommende Wochenende gilt als nächstmögliches Zeitfenster: Am Freitagabend endet der islamische Fastenmonat Ramadan, es folgt das mehrtägige Zuckerfest, von dem sich viele Beobachter eine zumindest temporäre Beruhigung der Lage in Sudan erhoffen. Es könnte auch ein erster Schritt hin zu einer gemeinsamen internationalen Position sein, um eine Waffenruhe herbeizuführen, die auch hält.

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