Krieg in Nahost: Mit „allen verfügbaren Mitteln“ gegen die Hamas
Vor den Gesprächen in Katar erhöht Israel den Druck: Die Stromversorgung in Gaza wird gekappt. Den Verhandlungen hilft das wohl kaum.

Die israelische Regierung kündigte vor der Wiederaufnahme der Gespräche an, die Stromversorgung in den Gazastreifen zu unterbrechen. Der Schritt trifft laut Medienberichten zwei noch funktionierende Meerwasser-Entsalzungsanlagen. Energieminister Eli Cohen teilte mit, Israel werde „alle verfügbaren Mittel einsetzen“, um die Hamas aus Gaza zu vertreiben und die noch immer dort verbliebenen israelischen Geiseln zurückzuholen.
Die meisten Menschen im Gazastreifen waren bereits zuvor auf Solaranlagen und Dieselgeneratoren angewiesen. Ein Mitglied des Politbüros der Hamas warf Israel „billige und inakzeptable Erpressung“ vor.
Seit die sechswöchige erste Phase der Waffenruhe ohne eine Einigung auf eine Fortsetzung Anfang März zu Ende ging, erhöht Israel den Druck. Derzeit gelangen keinerlei Hilfslieferungen für die gut zwei Millionen Bewohner des Küstenstreifens mehr in das Gebiet. UN-Menschenrechtsexperten warfen Israel den Einsatz von „Hunger als Waffe“ vor. Berichte über Tote durch israelische Luft- und Artillerieangriffe sind wieder an der Tagesordnung. Die Armee unterrichtete Pressevertreter, dass Vorbereitungen zur Fortsetzung des Krieges laufen.
USA „kein Handlanger Israels“
Die Verhandlungen waren zuletzt festgefahren: Israel verlangt für eine Verlängerung der Waffenruhe die Freilassung weiterer Geiseln, ohne sich auf ein Kriegsende und einen Abzug seiner Truppen festzulegen, wie von der Hamas gefordert. Deren Führung hat zwar Bereitschaft erkennen lassen, politische Macht in Gaza abzugeben, nicht aber ihrer Entwaffnung zugestimmt.
Nun werden die Verhandlungen zudem durch die direkten Gespräche der USA mit der Hamas überschattet. Dabei soll es vor allem um die Freilassung von fünf Geiseln, die auch US-Bürger sind, gehen – von denen nur der US-Israeli Edan Alexander noch am Leben sein soll. Der US-Sonderbeauftragte für Geiselfragen, Adam Boehler, versuchte in einer Reihe von Interviews am Wochenende Kritik am US-Vorgehen zu zerstreuen – und sorgte dabei aber für neuen Unmut. So erklärte er am Sonntag, die USA seien „kein Handlanger Israels“.
In Israel, wo von rechtsextremen Siedlern bis zu Angehörigen von Geiseln die Mehrheit der Bevölkerung viel von US-Präsident Donald Trump erwartet, sorgen die Äußerungen für Verwunderung. Der Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, will von den direkten Gesprächen erst im Nachhinein erfahren haben. Boehler widersprach: Israel sei informiert gewesen.
Dem israelischen Sender Kan sagte Boehler, die Hamas habe einen Fünf- bis Zehnjahresplan vorgeschlagen, während dessen sie ihre Waffen niederlegen würde und die USA und andere Staaten sicherstellen würden, dass die Gruppe keine politische Rolle mehr spielen könnte. Boehler nannte den Vorschlag „nicht schlecht für ein erstes Angebot“.
Kein Durchbruch ohne die USA
Ohne Druck aus Washington ist bei den Gesprächen in Doha jedoch kaum ein Durchbruch zu erwarten. Trotz jüngster Umfragen, denen zufolge mehr als 70 Prozent der befragten Israelis für einen Übergang zu Phase zwei sind, zeigt die israelische Regierung wenig Kompromissbereitschaft. Stattdessen werden die Befürworter von Verhandlungen in Israels Führung zunehmend weniger.
Die Hamas positioniert sich vor diesem Hintergrund als verhandlungsbereit: Für ein Ende des Krieges sei sie bereit, alle Geiseln auf einmal freizulassen und politisch keine Rolle im Nachkriegs-Gaza zu spielen, ließ die Gruppe verlauten. Wie ernst es ihrer Führung damit ist, muss sie angesichts der israelischen Haltung nicht unter Beweis stellen. Für den Fall einer Fortsetzung des Krieges hingegen drohte die Gruppe mit der Tötung weiterer Geiseln.
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