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Krieg in NahostKeine Atem­pause in Gaza

Israel fordert die Menschen in Gaza weiterhin auf, sich in den Süden der Enklave zu begeben. Eine Waffenpause lehnt die israelische Führung ab.

Die israelischen Streitkräfte setzen ihre Bodenoffensive im Gazastreifen am Wochenende fort Foto: Israel Defense Forces/ap

TEL AVIV taz | Einen Monat nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel fordern die Spitzen von 18 UN- und Hilfsorganisationen in einer seltenen gemeinsamen Erklärung eine „humanitäre Feuerpause“. Die gesamte Bevölkerung von Gaza werde belagert und „in ihren Häusern, Unterkünften, Kranken- und Gotteshäusern bombardiert“, hieß es in dem Papier, das unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation, dem UN-Kinderhilfswerk und dem Welternährungsprogramm unterzeichnet wurde. Die israelische Armee lehnt eine Feuerpause ohne eine Freilassung der rund 240 in Gaza festgehaltenen Geiseln ab. Sie setzt weiterhin auf Fluchtkorridore für Zivilisten in den Süden des Küstenstreifens.

Die Zahl der seit Kriegsbeginn in Gaza getöteten Menschen stieg nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums auf über 10.000, darunter mehr als 4.100 Kinder. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Zudem starben laut den UN-Organisationen binnen eines Monats 88 Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge. Das sei die höchste Zahl von getöteten UN-Mitarbeitern, die es je in einem einzelnen Konflikt gegeben habe.

Die israelische Führung will der Hamas keine Atempause geben. Die Soldaten bereiten sich offenbar nach der Teilung des Gazastreifens in einen Nord- und einen Südteil am Wochenende nun auf ein Vorrücken nach Gaza-Stadt vor. Binnen 48 Stunden sollen laut Medienberichten Infanterieeinheiten in die Stadt vorstoßen. Marine und Luftwaffe setzen ihre Angriffe indes fort: Rund 450 Ziele seien am Sonntag angegriffen worden.

In Gaza-Stadt sollen sich wichtige Kommandozentren der Hamas in unterirdischen Tunnelsystemen befinden. Armeesprecher Daniel Hagari stellte am Wochenende Material vor, das belegen soll, dass die Hamas Strukturen unter Krankenhäusern in Gaza angelegt hat. Die Hauptbasis liegt der Armee zufolge unter dem Al-Shifa-Krankenhaus. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Es wird jedoch befürchtet, dass in den kommenden Tagen auch Kliniken angegriffen werden könnten, in denen noch immer Zehntausende Menschen Schutz suchen.

Vierstündiger Fluchtkorridor

Die Armeeführung rief deshalb Zivilisten zum wiederholten Mal auf, sich in Richtung Süden in Sicherheit zu bringen. Die Salah Al-Din-Straße werde dafür zwischen 10 und 14 Uhr nicht angegriffen. Rund 800.000 Menschen sollen diesem Aufruf seit Kriegsbeginn gefolgt sein, noch immer aber befinden sich Hunderttausende im Norden. Der Weg ist vielen zu gefährlich, zumal auch im Süden weiter Bomben fallen und sich dort extrem viele Menschen auf engstem Raum zusammendrängen. Am Sonntagabend waren zum wiederholten Mal Telefon- und Internetverbindungen in Gaza unterbrochen. Wegen der schleppenden Versorgung mit Hilfsgütern aus Ägypten fehlt es an Wasser, Strom, Nahrungsmitteln und medizinischen Hilfsgütern.

Für die israelische Strategie könnte indes das Schicksal der rund 240 nach Gaza verschleppten Geiseln zum Problem werden. In Israel wächst die Sorge, dass deren Rückholung aktuell zu wenig Bedeutung eingeräumt werde. Die Hamas nutzt diese Sorge und erklärte, dass bereits mehr als 60 Geiseln bei Luftangriffen getötet worden seien. Überprüfen lässt sich auch das nicht.

Im von Israel besetzten Westjordanland sowie in Jerusalem bleibt die Lage angespannt. Ein 16-Jähriger tötete am Montagmorgen bei einem Messerangriff nahe der Jerusalemer Altstadt eine Polizistin und verletzte einen weiteren. Der Angreifer wurde getötet.

Im Westjordanland nahmen israelische Sicherheitskräfte bei nächtlichen Razzien nach eigenen Angaben etwa 40 Palästinenser fest, darunter die bekannte Aktivistin Ahed Tamimi. Die 22-Jährige werde der „Anstiftung zur Gewalt und terroristischen Aktivitäten“ verdächtigt. Sie soll laut israelischen Medienberichten vor etwa einer Woche zum Mord an israelischen Siedlern aufgerufen haben. Seit dem Beginn des Kriegs wurden im Westjordanland rund 150 Palästinenser von israelischen Sicherheitskräften oder von bewaffneten Siedlern getötet.

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4 Kommentare

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  • Guardian: We are no strangers to death but the misery of this Gaza war is the worst human suffering - Rachel Coghlan and Mhoira Leng www.theguardian.co...st-human-suffering

  • Zu den Feuerpausen muss man vielleicht als wichtige Hintergrundinformation Folgendes erwähnen:

    In bisherigen IDF-Operationen im Gazastreifen gab es eine stille Übereinkunft zwischen IDF und Islamisten, täglich 2 Stunden lang die Kämpfe einzustellen, damit Hilfslieferungen durchgeführt werden können und die Zivilbevölkerung das Kampfgebiet verlassen konnte.



    Daran haben sich alle Beteiligten ziemlich gut gehalten. Sollte man nicht für möglich halten, aber war so.

    Was diesmal anders ist - vom Pogrom der Hamas bis zu den Operationsbefehlen der IDF -, ist, dass jeglicher Restverstand über Bord geworden wurde und die Wunschvorstellungen reiner Ideologie das Geschehen leiten. Sowohl Hamas als auch die israelische Regierung scheinen zu glauben, dass der Herrgott auf einer Wolke herabschweben und ihrer Seite zum Endsieg verhelfen wird.



    Niemand verschwendet mehr Gedanken an ein Danach, die nicht von Fanatismus, Blödsinn und Hyperbole geprägt sind. Es ist von Anfang bis Ende ein buchstäbliches "nach uns die Sintflut". Und weder die einen noch die anderen sind bereit, von dieser Position abzurücken.

    Irgendein israelische Ex-Geheimdienstler schlug vor, einen arabisch-israelischen Fonds einzurichten, mit dem ein kompletter Abriss und (moderner, klimaangepasster usw) Wiederaufbau der Siedlungen im Gazastreifen finanziert wird, und das Ganze unter internationaler Aufsicht. Aber er fügte direkt hinzu, dass er nicht daran glauben kann, dass irgendeiner der Hauptbeteiligten ernsthaft Interesse daran hat.



    Das ist sehr schade, denn - unabhängig vom rechtlichen Status des Gebiets - ist das so ziemlich die erste wirklich sinnvolle und konstruktive Idee, die ich jemals zu dem Thema gehört habe. Denn der Gazastreifen ist faktisch ein Riesenslum der in einem Rechtsvakuum vor sich hinverelendet, und die amtierenden Slumlords sind selbst für Slumlordverhältnisse außergewöhnlicher Abschaum.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat für die Zeit nach dem Gaza-Krieg fünf Grundprinzipien für mögliche Friedensverhandlungen vorgeschlagen:

    1.. Der Gazastreifen dürfe Terroristen keinen Unterschlupf bieten. Der Hamas dauerhaft Einhalt zu gebieten, könnte zum Beispiel durch eine internationale Friedenstruppe unter Mandat der Vereinten Nationen gewährleistet werden.

    2..Es könne nur eine Palästinensische Behörde und nur einen palästinensischen Staat geben. Als Terrororganisation dürfe die Hamas Gaza nicht kontrollieren oder regieren.







    3..Es dürfe keine langfristige israelische Sicherheitspräsenz in Gaza geben. Der Küstenstreifen sei ein essenzieller Bestandteil eines künftigen palästinensischen Staates.

    4..Palästinenserinnen und Palästinenser dürften nicht gewaltsam aus Gaza vertrieben werden, weil dies nur für noch mehr Instabilität in der Region sorgen würde.



    Es dürfe keine anhaltende Blockade Gazas geben. Diese Politik habe nicht funktioniert.

    Von der Leyen will nichts unversucht lassen, eine dauerhafte Lösung auf Basis zweier Staaten zu finden, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit existieren, sagte sie am Montag in Brüssel auf einer EU-Botschafterkonferenz. Quelle: dpa



    =====



    was sie vergessen hat:



    Versorgung von Gaza durch Schiffe, die in Zypern ablegen, von UN Truppen oder westlichen Militärs bewacht werden und die Bevölkerung von Gaza im südlichen Gazastreifen die Hilfsgüter anlanden - in Absprache mit den israelischen Militärs.

    Das würde der Terrororganisation Hamas die Macht nehmen, Hilfsmittel für die Bevölkerung in Gaza zu kontrollieren, da Hamas den einzigen nur eingeschränkt



    funktionierenden Grenzübergang in Rafah nach Ägypten kontrolliert.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Der Grenzübergang wird von Ägypten kontrolliert, aber Israel entscheidet was rein- und rausgeht. Da hat die Hamas nichts zu melden.