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Kretschmer als MP von Linkes GnadenEin ganz besonders windiges Luftschloss

Luisa Faust
Kommentar von Luisa Faust

Die Linke hat Michael Kretschmer ins Amt verholfen. Sie tut sich keinen Gefallen, einen Ministerpräsidenten zu wählen, nur weil von rechts die AfD droht.

Michael kretschmer, Ministerpräsident von Linkes Gnaden Foto: Robert Michael/dpa

M it eingeschränktem Sichtfeld hat die Linke Sachsen am Mittwoch ihre Stimmen hergegeben, um CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer ins Amt zu heben. Damit hat sie einem Regierungschef zur Macht verholfen, der selbst für die CDU ziemlich weit rechts steht, ohne dabei wirklich etwas zu gewinnen. Die Partei verliert so an Glaubwürdigkeit, auch für die Bundestagswahl.

Als die Abgeordneten des sächsischen Landtags zur Wahl des neuen Ministerpräsidenten zusammenkamen, spukte der Geist Thomas Kemmerichs durch das Parlament. Mit ihm kam die Angst, dass die AfD einen Ministerpräsidenten bestimmen würde, wie sie das schon 2020 in Thüringen getan hatte. Das Schreckensszenario: Die schwarz-rote Minderheitsregierung hätte keine Mehrheit für die Wahl Kretschmers organisieren können. Die AfD hätte stattdessen gemeinsam mit dem BSW Matthias Berger von den Freien Wählern zum Ministerpräsidenten gemacht.

Das wollte die Linke verhindern, aber es war ein Irrtum, der sie dazu brachte: Neuwahlen wären wahrscheinlicher gewesen, als dass das BSW gleich im ersten Jahr einen AfD-Skandal neu auflegt. Mit ihren sechs Stimmen hat die Linke stattdessen einem Mann ins Amt verholfen, der offen über eine Abschaffung des Grundrechts auf Asyl spekuliert, der Asyl­be­wer­be­r*in­nen die Leistungen kürzen will und von einer eigenen sächsischen Grenzpolizei träumt. Zwar schließt er eine Zusammenarbeit mit der AfD aus, aber rechte Positionen vertritt er auch alleine. Um Mehrheiten in der kommenden Legislaturperiode zu finden, will die Minderheitsregierung im Konsultationsverfahren andere Parteien in die Gesetzgebung einbeziehen.

Die sächsische Linkspartei hofft nun, ihre eigenen Ideen so einbringen zu können. Doch das ist ein Luftschloss – und zwar ein ganz besonders windiges. Es ist zwar richtig, dass die Minderheitsregierung Stimmen von anderen Parteien braucht, um Gesetze zu verabschieden. Aber die Linkspartei überschätzt ihren Einfluss, wenn sie denkt, dass sie so etwa Kürzungen im Sozialen verhindern kann. Denn anders als in Thüringen, wo die Linke tatsächlich Zünglein an der Waage sein kann, hat die Regierung in Sachsen andere und leichtere Möglichkeiten, AfD-freie Mehrheiten im Parlament zu finden. Mit den Stimmen des BSW ergäbe sich eine komfortable Mehrheit etwa für Gesetze, die Asyl­be­wer­be­r*in­nen schaden. Verhindern kann die Linkspartei das jetzt nicht mehr.

Wer die zwei Di­rekt­kan­di­da­t*in­nen der Linkspartei gewählt und die Partei so ins Parlament gerettet hat, dessen Stimme hat nun also geholfen, einen irrlichternden Ministerpräsidenten ins Amt zu heben, der einer Partei angehört, für die selbst die Grünen linksextrem sind. Demokratie braucht Optionen, doch welche glaubwürdige Wahl bleibt für Menschen, die linke Politik wollen, wenn selbst die Linke nicht mehr verhindern möchte, dass ein Kretschmer ins Amt kommt? Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet – und der Partei auch.

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22 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Danke für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Während sich hier alle auf den fragwürdigen Effekt von Neuwahlen stürzen, sicher nicht zu Unrecht, wird das wichtigste übersehen:



    Die Linke hat hier einen MP gestützt, dessen Politik AfDnah ist. Das ist der Geist in dem der Artikel entstand und dem kann man nur beipflichten: diese Art Linke brauchen wir nicht.

  • Schade das die Autorin uns vorenthält, wie Neuwahlen irgendetwas an der aktuellen Situation verbessern könnten.

  • Wählen bis das Ergebnis passt?



    Wer sagt denn, dass es nach einer Wahl anders gewesen wäre.



    Der Wähler hat es so entschieden, auch wenn es ihnen und mir so gar nicht gefällt. Es nennt sich Demokratie.

    • @Hans Dampf:

      Genau der Punkt. Wenn ich eine Wahl ernst nehme, muss ich mit dem Ergebnis leben und einen Umgang finden. Und natürlich, ich darf mit den Optionen, die sich aus dem Wahlergebnis ergeben, vollkommen unzufrieden sein. Nur das Ergebnis muss ich akzeptieren und mich zur Not eben zwischen den schlechten Optionen entscheiden. Sonst funktioniert es halt nicht und wir wählen immer so lange, bis das Ergebnis einigen besser gefällt.

  • Neuwahlen wären ein Eingeständnis, dass die Demokratie nicht mehr funktioniert.



    Es wäre wenig erwartbar gewesen, dass eine Neuwahl demokratische Kräfte gestärkt hätte.



    Der Kompromiss ist Grundlage der Demokratie.



    Die ParlamentarierInnen der Linken haben hier Verantwortung übernommen.



    Genauso, wie im Übrigen viele WählerInnen die taktisch CDU gewählt haben, um die "afd" zu verhindern. Interessant, dass diese, durch Nachwahlumfragen belegte Tatsache, so selten thematisiert wird.



    Auch ein Ministerpräsident kann durch Koalitionspartner und potenzielle MitstimmerInnen anderer Fraktionen eingehegt werden.



    Wer mehr linke Politik möchte, erweist der Linken, kurz vor der Bundestagswahl, mit der genannten Position einen Bärendienst.

  • Weil es ja auch so demokratisch ist, die Wähler so lange abstimmen zu lassen, bis einem das Ergebnis passt.

    Und wenn das nächste Wahlergebnis noch Afd-freundlicher ist?

    Die sicherste Art, zu einer Regierung mit AfD-Beteiligung zu kommen.

    Irgendwann kann man sagen, das sei die einzige verbliebene Möglichkeit gewesen.

  • Was wäre das Ergebnis von Neuwahlen nach wenigen Monaten? Linke vielleicht ganz raus und AfD stärkste Kraft? Und dann?

    Man kann ja Instabilität vorübergehend anstreben in der Hoffnung, dass es mittelfristig eine neue Stabilität mit einem neuen Bündnis gibt. Aber in Sachsen haben CDU und AfD zusammen drei Viertel der Sitze im Landtag. Wie oft soll gewählt werden, um daran etwas zu ändern?

  • Solange wählen, bis das Ergebnis passt? Geht's noch?

  • Richtig so! Keine Kompromisse, lieber in Selbstgerechtigkeit untergehen, als einen Millimeter vom ideologischen Idealweg abzuweichen! Egal, ob dieser Weg in eine Sackgasse oder ein Labyrinth führt.

    Wer oder was soll denn eigentlich diese "Demokratie" sein, der Neuwahlen angeblich gut getan hätte? Jedenfalls weiß ich sicher wem Neuwahlen genützt hätten, wenn sich das verhasste "Altparteienkartell" außerstande gesehen hätte, eine Regierung auf die Beine zu stellen.

    Bitte mal ein klitzekleines bisschen strategisch denken, selbst wenn es dafür kein Moral-Bienchen gibt.

  • Jetzt, nach dem Anschlag in Magdeburg, wie steht die Autorin nun zu Neuwahlen?



    Die AfD wäre kein Drohung mehr.



    Grüße aus Sachsen.

  • Dem Artikel kann man nur beipflichten.



    Durch das ins Amt heben dieses Merkelianers wird die AFD weiter gestärkt.

  • Die Linke in Sachsen hat aus Weimar gelernt.



    (Anm. d. Red.: Kommentar gekürzt, bitte Netiquette beachten)

  • Nur mal so als Frage.. was hätten Neuwahlen geändert? Das Linke Positionen damit mehr Stimmen erhalten hätten wage ich doch ernsthaft zu bezweifeln...

  • "Die Linke hat Michael Kretschmer ins Amt verholfen. Sie tut sich keinen Gefallen, einen Ministerpräsidenten zu wählen, nur weil von rechts die AfD droht."

    Man gibt auch Faschisten keine Macht um sich egoistisch als Partei einen Gefallen zu tun. Und es wäre auch schäbig gewesen, wenn die Linkspartei nicht das für die CDU hinbekommen hätte, was die CDU für die Linkspartei bei der Wahl vn Ramelow hinbekommen hat.

    Und es ist ein deutliches Zeichen dafür, wie gut die Linkspartei in der Demokratie angekommen ist.

  • Statt pragmatische Politik zu machen, die von den meisten Bürgern erwartet wird, soll also so lange gewählt werden, bis das Ergebnis passt?

    Auf dem Balkan kann man bewundern, wie so die Demokratie ausgehöhlt wird.

  • Dass BSW + AFD gut zusammen passen hat diese Woche im Bundestag gezeigt. Dass Kretschmer nicht versucht hat ein Minderheitsregierungvertrag mit der vernünftigen Oposition, der Linken, zustande zu bringen, wird ihm vor oder kurz nach der Bundestagswahl die Regierung kosten; gut so. Die Linke hat das getan, um die fehlende Vernunft der CDU, nämlich eine AFDBSWFW Regierung in Kauf zu nehmen, zu verhindern. Ich halte der Kommentar für grundfalsch.

  • Konsequent und ohne Scheuklappen hat hier das BSW gehandelt. Die Linke lässt dies vermissen. Wohl wissend, dass Neuwahlen für sie auch das Aus für den Landtag bedeuten könnten.

  • Sorry, aber Neuwahlen würden am Ergebnis absolut nichts ändern. Insofern basiert der Artikel auf einem Trugschluß. Es gilt, sich mit dem Wahlausgang realistisch auseinanderzusetzen. Und das hat die Linke in Sachsen meines Erachtens getan. Denn das Leben ist kein Wunschkonzert....

  • "...einen irrlichternden Ministerpräsidenten ins Amt zu heben, der einer Partei angehört, für die selbst die Grünen linksextrem sind."

    Profis heben einen irrlichternden Kanzler ins Amt, der einer Partei angehoert, fuer die selbst die Gruenen linksextrem sind.



    Nichts koennen die richtig diese Amateure!

  • "Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet"

    Damit kommen Sie 92 Jahre zu spät.

    Wie kann man eine solche Behauptung aufstellen? Sie ist - mangels Umfragen seit der Landtagswahl - völlig aus der Luft gegriffen. Reine Traumtänzerei.

    Man kann sich jedoch die Trends im Verlauf des Jahres 2024 anschauen - und dann kommt man zu dem Schluss, dass bei Neuwahlen eine Mehrheit ohne AfD wohl nicht mehr möglich wäre (Grüne unter 5%, BSW näher an 10 als 15 %).

    "Die sächsische Linkspartei hofft nun, ihre eigenen Ideen so einbringen zu können."

    Sagt wer genau?

    "Mit den Stimmen des BSW ergäbe sich eine komfortable Mehrheit etwa für Gesetze, die Asyl­be­wer­be­r*in­nen schaden."

    Und die AfD würde solchen Gesetzen nicht zustimmen? Steile These...

  • Frau Faust, finden Sie es also auch falsch, dass die Thüringer CDU 2020 Bodo Ramelow zum MP mitgewählt hat?

    Die Argumente lassen sich 1:1 übertragen.