piwik no script img

Kreditzusage für GriechenlandEin Tropfen auf den heißen Stein

Die Eurogruppe und der IWF haben dem Land 8,5 Milliarden Euro zugebilligt. Jetzt muss der Bundestag prüfen, ob das seinem Mandat entspricht.

Während die Alten in Athen gegen die Rentenkürzungen protestieren, werden dem Land neue Sparmaßnahmen aufgezwungen Foto: dpa

Luxemburg/Berlin dpa | Das überschuldete Griechenland soll im Juli 8,5 Milliarden Euro frischer Kredite von seinen europäischen Partnern bekommen. Allerdings muss am Freitag zunächst der Haushaltsausschuss des Bundestags prüfen, ob die Vereinbarung der Eurogruppe dem Mandat des Parlaments entspricht. Dies kündigte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble direkt nach der Einigung am Donnerstagabend in Luxemburg an.

Der CDU-Politiker zeigte sich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur zufrieden mit den Beschlüssen. „Ich glaube, wir haben insgesamt eine vernünftige Linie erreicht“, sagte Schäuble. „Die Reformen werden der griechischen Wirtschaft nützen. Und wir haben weitere Verunsicherung in der Eurozone vermieden.“ Erleichtert zeigte sich der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos und sagte: „Jetzt gibt es Licht am Ende des Tunnels.“

Monatelang rang Griechenland mit seinen Gläubigern um die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem seit 2015 laufenden Rettungsprogramm, für das bis 2018 bis zu 86 Milliarden Euro bereit stehen. Athen braucht das Geld schon im Juli zur Tilgung alter Schulden. Als Vorleistung hatte die Regierung nochmals harte Sparmaßnahmen auf den Weg gebracht. Damit waren die Gläubiger zufrieden. Bis zuletzt gab es jedoch Streit über die Beteiligung des Internationalen Währungsfonds, die Deutschland unbedingt wollte, und über Schuldenerleichterungen, also die Streckung von Zins und Tilgung.

Gelöst wurde der Konflikt jetzt mit einer Kompromissformel. Der IWF legt formal ein eigenes Kreditprogramm auf, zahlt aber zunächst kein Geld aus. Dies soll erst fließen, wenn der Streit über mögliche weitere Schuldenerleichterungen beigelegt ist. Denn der Fonds fürchtet, dass die Schuldenlast Griechenlands ohne weitere Unterstützung auf Dauer nicht tragfähig ist. Schäuble ist optimistischer und will frühestens 2018 über Erleichterungen entschieden, falls sie nötig werden.

Der Minister wollte jedoch ursprünglich, dass der IWF sich auch finanziell sofort beteiligt. Das sei eine „gewisse Abweichung von dem, was beschlossen war“, räumte der CDU-Politiker im ZDF ein. Sollte der Haushaltsausschuss der Auffassung sein, dass eine „wesentliche Änderung“ des 2015 aufgelegten Hilfsprogramms vorliege, müsste das Plenum des Bundestags sich mit einem neuen Mandat befassen. Davon gehe er aber nicht aus, sagte Schäuble.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag lobte die Einigung der Eurogruppe und verwies auf deutsche Investitionen und belebte Geschäfte mit Griechenland. Die Europa-SPD sprach von einem überfälligen Schritt. Auch der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold nannte die Auszahlung der Kredite eine gute Nachricht. Doch dürften die harten Bedingungen nicht verschwiegen werden. „Die nochmalige Kürzung von Kleinrenten und Steuererhöhungen für Niedriglöhner sind eine Schande“, meinte Giegold.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

24 Kommentare

 / 
  • Ungeschminkt:

     

    Warum hat die große Mehrheit der Griechen ihr Gesäß in der Hose verloren?

     

    Hätte die griechische Bevölkerungsmehrheit noch etwas Selbstachtung, was sie offenbar schon nicht mehr hat und was bereits beim freiwilligen herunterlassen der Hose vollständig verloren wurde, dann würden sie Vermögen und Auslandskonten ihrer Landsleute beschlagnahmen. Hierfür müssten sie den von Korruption gesäuberten Staats- und Gewaltapparat einsetzen. Dabei auch im Einsatz außer Landes, um unter anderem die ausgelagerten Konten und Raubvermögen in der Schweiz, Lichtenstein, Deutschland und Luxemburg zu beschlagnahmen!

     

    Sie müssten außerhalb der bourgeoissozialistischen Europäischen Union ihre Gegenwart und Zukunft neu und unabhängig von auswärtiger Alimentierung gestalten. Dies gilt aber so auch für die Mehrzahl der unselbständigen, entmündigten und kapitalgeprägten Gesellschaften in der bundesdeutschen Europäischen Union.

  • Insolvenzverschleppung ist i.d. Wirtschaft ein Straftatbestand und wird empfindlich bestraft.

    Insolvenzverschleppung durch von Banken gekauften Politheinis bleibt ungeahndet.

    Rechtsbrüche, Rechtsbeugungen und Tricksereien mit "Buchgeldern", wofür es keine Gegenwerte gibt, wirken i.d. fairen, sozialen und gerechten "Finanzkörper" mehr als nur ein schmutziges Brechmittel.

    Im September 2017 ist Wahljahr und die Abrechnung mit unsäglicher Politik kann beginnen.

    Empfehlen zur Wahl ist die Linke.

  • Mal ein Fakt: Aus aktuellem Bericht der EU von 09/2016 ("Study and Reports on the VAT Gap in the EU-28 Member States: 2016 Final Report " - findet man auf der Website der EU, auf S. 19 die aggregierten Zahlen) dieser weisst für Griechenland noch immer hinterzogene UST in Höhe von 28% aus, in Italien 27,5% ... : in Deutschland sind es 10,4%. Dort wo Umsatzsteuern hinterzogen werden, bleibt das ganze Geschäft natürlich "unversteuert", d.h. es werden auch keine Einkommen- oder Unternehmens/Körperschaftssteuern entrichtet. +++ Die Griechen sind viel zu "schlau" (und die Gegenseite viel zu d..m) und treiben ihr Spielchen einfach weiter.

    X ter Versuch, Fakten zu Griechenland bei der TAZ zu plazieren.

    • @Thomas Sauer:

      Gut. Bleiben wir bei Fakten. Die Steuerlast in Griechenland ist mittlerweile so hoch, dass die Leute betrügen müssen, um zu überleben.

       

      Man hätte die alten Steuersätze durchsetzen müssen, statt die Steuern zu erhöhen. Aber zum Eintreiben von Steuern braucht man Beamte. Und von denen wurde ein großer Teil auf Druck der Troika entlassen. Dem Rest hat man die Bezüge so weit gekürzt, dass er von Bestechungsgeldern leben muss. So "intelligent" sehen die von Schäuble und Co. initiierten "Reformen" aus.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Welche Fakten?

        Ich befürchte Sie verwechseln Ursache und Wirkung.

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        Die Beamten waren schon vorher korrupt oder inkompetent und Steuern wurden vorher auch nicht gezahlt. Man hätte Griechenland aus dem Euroa hinausgeleiten sollen.

        • @83379 (Profil gelöscht):

          Das stimmt. Aber statt es zu ändern, hat man nur entlassen und Bezüge gekürzt. Davon wird die Finanzverwaltung nicht effizienter, sondern nur noch schlechter. Und so sahen bis jetzt allen "Reformen" in G aus. Vorschläge es anders zu machen, wurden brüsk abgelehnt.

           

          PS: Rauswürfe sind auch keine Lösung.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Autokratismus rächt sich immer.

            Das hat auch schon Machiavelli in seiner Publikation "Der Fürst" vor vielen hundert Jahren angeführt.

            Es kann nicht sein, das durch schmutige Poltik der EU den einfachen Bürgern in G der "Hals" zugedreht wird.

            Natürlich ist auch keine Poltik, gesteuert von reichen Drecksäcken dort, Wertschöpfung am Staat G zu ihren eigenen zwecken vorgenommen haben bzw. weiter ausführen und der Staat sieht zu.

            Die EU und der Euro sind nicht demokratisch legitimiert und gehören sofort abgeschafft.

            Ich habe diese schmutzige "Kapitaldiktatur" satt bis oben hin.

            Beneide Jeden, der dieses "Kapitalisten-Europa" hin gen nicht EU-Land verlässt, denn diese EU und auch dieses D haben für den kleinen Bürger absolut eine schlechte Zukunft.

  • Nur in der Wissenschaftlichen Publikationen wird das Thema Griechenland noch objektiv behandelt mit den wirklichen Ursachen sowie einer sauberen Gewichtung bei der Diskussion über die Lösungen unter Einbeziehung auch der Verteilung. Der überdimmensionierte Staatsapparat mit seiner Überversorgung der Beschäftigten und seiner Ineffizienz ist das wesentliche der Misere und alle Verhandlungslösungen werden von Seiten Griechenlands auf dem Erhalt dieser Pfründewirtschaft ausgerichtet. Auch ist der heute geforderte Erlass von Schulden, die vielleicht in 50 Jahren relevant sind, nur ein Erpressungsspiel der GR Funktionärsträger.

  • " ...denn es gibt viele tiefere politische und institutionelle Ursachen der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands wie Bürokratie, Korruption, Überregulierung, Rechtsunsicherheit, geschlossene Güter- und Dienstleistungsmärkte, Staatsoligopole, unterentwickelte Kapitalmärkte usw. ...."

    Auszug aus einem aktuellen Kommentar eines Profs aus Piräus in der Wissenschaftszeitschrift Wirtschaftsdienst. Fass ohne Boden bzw. ein staatl. Betrugssystem ist die treffende Überschrift. Für die gerechte innerstaatliche Umverteilung ist Griechenland mit seiner Führung und seinen ausführenden Organen verantwortlich und es ist nicht der zu geringe Abzug von der Lohnabrechnung einer Altenpflegerin, eines Zugführers oder sonst eines Beschäftigten hierzulande, die den Steuertopf hier füllen.Jeder Hinweis auf die Zustände in GR mit dem Fingerzeig auf unsere Politik ist dreist und asozial.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Das " Rettungsprogramm" erinnert einen an die Deutschland auferlegten Reparationszahlungen nach dem 1.Weltkrieg und die Starrköpfigkeit Schäubles an die des französischen Präsidenten von damals: George Clemenceau. Genau wie Deutschland wird Griechenland seine Schulden nie zurückzahlen, auch wenn man die Bundeswehr nach Griechenland schickt, denn anders als bei der damaligen Besetzung der Ruhr durch französische und blegische Truppen gibt es in Griechenland nicht viel zu holen.

    • @82236 (Profil gelöscht):

      Falls Sie recht haben, falls Griechenland niemals zurückzahlen kann, müssen alle weiteren Zahlungen umgehend gestoppt werden.

    • @82236 (Profil gelöscht):

      Aus diesem Grund sollte auch kein weiteres Geld mehr an Griechenland gezahlt werden. Griechenland sollte aus dem Euro entlassen werden und sich nach einer Staatspleite reorganisieren dürfen.

  • Was soll den Bitte "gewisse Abweichung" bedeuten. Die Beteiligung des IWF ist eine wesentliche Grundlage des Bundestagsbeschlusses aus dem Jahr 2015. Ein eigenes Programm, welches mit hoher Wahrscheinlichkeit nie zur Auszahlung gelangen wird, ist da wohl keine kleine Abweichung. Die Klüngeleien in einem Ausschuß können darüber nicht hinwegtäuschen. Erschrekend, wie der Wähler getäuscht und ein geltender Beschluss ausgehebelt werden soll.

     

    Ohne entsprechende Beteiligung fehlt die Grundlage und das 3. Rettungspaket sollte sofort gestoppt werden. Kommt es zur gesetzeswidrigen Auszahlung, sollte Schäuble noch vor der Bundestagswahl abtreten.

  • Der IWF ist also nur noch scheinbar an Bord. Die griechische Bevölkerung wird etwas mehr gewürgt und eine Problemlösung wurde erfolgreich bis nach der Bundestagswahl vertagt.

     

    Man kann garnicht so viel essen, wie man kotzen möchte...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      IWF mit der in Frankreich v.d. Staatsanwaltschaft ins Visir geratenen alten Frau ist absolut nicht für voll nehmbar.

      Legarde muss weg, sofort.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Es bleibt jeder Partei überlassen jetzt ganz groß den Schuldenschnitt für Griechenland oder wegen mir gleich die Transferunion auf ihre Wahlplakate zu schreiben.

       

      Ich fürchte allerdings, dass dann deutlich mehr Leute kotzen.

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Jeder Ökonom, der noch alle Tassen im Schrank hat, sagt, dass der Schuldenschnitt unvermeidlich ist. Aber weil das unser Geldzähler so kurz vor der Wahl nicht zugeben will, wird die ganze Geschichte immer teurer.

         

        Das ist zum kotzen...

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Den Schuldenschnitt wird es auch geben, das weiß Schäuble genauso gut wie die griechische Regierung. Die Frage ist nur, ob bis dahin der griechische Haushalt ausgeglichen ist und die griechische Wirtschaft auf Touren kommt.

           

          Die Länder Osteuropas haben ihren Bürgern viel zugemutet und sehen nun genau hin. Wenn den Griechen nichts zugemutet wird, würden die Osteuropäer sich als EU-Bürger zweiter Klasse sehen.

           

          Sollte ein dauerhafter Transfer Richtung Griechenland stattfinden, ohne dass ein Ende absehbar ist, würde es die EU sprengen. Dazu wären wohl in den meisten anderen EU-Ländern nur wenige Bürger bereit.

          • @rero:

            "Die Frage ist nur, ob bis dahin der griechische Haushalt ausgeglichen ist und die griechische Wirtschaft auf Touren kommt."

             

            Das geht aber nicht ohne Schuldenschnitt.

             

            "Wenn den Griechen nichts zugemutet wird, würden die Osteuropäer sich als EU-Bürger zweiter Klasse sehen."

             

            Den Griechen wird nichts zugemutet???

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Wollen wir bei der Gelegenheit Portugal und Italien auch auf den großen Deckel schreiben? Wäre doch nur fair und die logische Konsequenz.

          • @Alexander Stein:

            Sind wir wieder beim Apfel - Birnen Vergleich?

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Ich halte den Vergleich gar nicht für so verkehrt. Griechenland ist ja schon der Präzedenzfall. Es gibt noch weitere Staaten der EU, die ins Schlingern geraten sind.

              • @rero:

                Jedes Land hat seine Besonderheiten. Deshalb ist es ja so dämlich, ein Standardrezept anwenden zu wollen.