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Krankenkassen-Infos zur E-PatientenakteVorteile? Ja. Nachteile? Schweigen…

Wer nicht widerspricht, bekommt bald die elektronische Patientenakte. Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen kritisieren die Infos der Krankenkassen als einseitig.

Elektronische Versichertenkarte Foto: Jan Tepass/imago

Berlin taz | Die Krankenkassen informieren nach Ansicht von Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen nur unzureichend über die Nachteile der elektronischen Patientenakte. In 14 Schreiben der gesetzlichen Kassen an die Versicherten, die der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzvb) untersucht hat, seien die Informationen zu dürftig und zu einseitig, um den Pa­ti­en­t:in­nen eine informierte Entscheidung zu ermöglichen, so die Kritik des Verbandes.

Die elektronische Patientenakte (ePA) speichere hochsensible Gesundheitsdaten der Patient:innen, so Thomas Moormann, Gesundheitsexperte beim vzbv: „Deshalb müssen die Krankenkassen ihre Versicherten umfassend und neutral zur ePA aufklären.“ Das sei aber nicht immer der Fall.

Die elektronische Patientenakte wird Anfang kommenden Jahres für alle gesetzlich Versicherten eingerichtet, die nicht explizit widersprechen. Alle Ärz­t:in­nen sollen sie standardmäßig mit den jeweiligen Befunden und sonstigen medizinischen Daten ihrer Pa­ti­en­t:in­nen befüllen. Das soll parallel oder später behandelnden Kol­le­g:in­nen sowie den Pa­ti­en­t:in­nen selbst eine bessere Informationsgrundlage bieten.

Widersprechen die Pa­ti­en­t:in­nen nicht, sollen außerdem die Daten aus der Akte pseudonymisiert für Forschungszwecke verwendet werden können. Zum Start sind allerdings noch nicht alle Funktionen aktiv. So soll etwa die Möglichkeit, den Impfpass digital zu verwalten, erst zu einem späteren Zeitpunkt dazukommen.

„Patient:innen müssen Risiken kennen“

Die gesetzlichen Krankenkassen versenden in diesen Wochen Schreiben zur ePA an die Versicherten. Darin sollen sie über die Neuerung informieren – und auf die Widerspruchsmöglichkeit hinweisen.

Die Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen kritisieren nun, dass in diesen Schreiben vor allem positive Aspekte der ePA hervorgehoben würden. Umstrittene Aspekte würden dagegen ausgeklammert, etwa was Datenschutzrisiken angeht. Manche Kasse stelle es auch so dar, dass Patient:innen, die der ePA widersprechen, eine schlechtere medizinische Versorgung befürchten müssten.

„Damit Pa­ti­en­t:in­nen eine informierte Entscheidung für oder gegen die ePA treffen können, müssen sie auch die möglichen Risiken kennen“, kritisiert Moormann. Zudem seien die Wege, auf denen Versicherte ihren Widerspruch übermitteln können, zu restriktiv.

In den Schreiben seien hier in der Regel der Postweg und die Nutzung eines Online-Formulars erwähnt. Dass ein Widerspruch auch telefonisch möglich sein muss, fehle. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen ließ eine Anfrage zu der Kritik bis Redaktionsschluss offen.

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19 Kommentare

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  • Was ist denn der aktuelle Stand: Patientendaten werden in zig Büros abgelegt und viele Personen haben Zugang, z.T. Auch ohne Berechtigung.



    Die ePA ist auch nicht 100% sicher, aber der Mehrwert ist offensichtlich.

    • @1Pythagoras:

      Es geht auch nicht darum, ob die Daten 100% sicher sind, sondern ob OBJEKTIV und UMFASSEND informiert wird, damit eine entsprechende Entscheidung getroffen werden kann.

      Und wie Sie es dann für sich abwägen, ist ihre Sache.

    • @1Pythagoras:

      Das nicht 100%ig sicher heisst in dem Fall leider 100% Wahrscheinlichkeit, dass die Daten gewissen Großkonzernen, wie Google, Meta (Facebook) und anderen in die Hände gegeben werden, die ihr Geld damit verdienen, Daten zu verkaufen. Es wird zwar Pseudonymisiert, aber das ist für diese Firmen sehr leicht wieder Menschen zu zu ordnen.

      Leider ist beim Design des Systems leider die Sicherheit der Daten vor Diebstahl nicht gerade Priorität. Was dazu führen wird, dass, wie in vielen anderen Ländern zuvor auch schon, die Daten geklaut werden und im Internet zum Verkauf angeboten werden. Z.B. wurden solche geklauten Datensätze in Finnland schon für Gelderpressungen verwendet, mit der Drohung Daten von psychologischen Behandlungen zu veröffentlichen, wenn nicht gezahlt wird.

      Dazu kommt, dass die Daten dieses Mal zentral gelagert werden sollen, was den Anreiz des Hackens erheblich erhöht.

  • OMG. Das kann nur der deutsche Michel. Eine elektronische Akte. Nichts innovatives sondern gerade mal Stand der Technik.

    Glaubt hier irgend jemand, dass man auch noch in 20 Jahren ohne eine Auskommen könnte.

    Kein Wunder, dass sich Deutschland mit so einer Einstellung zumindest wirtschaftlich abschafft…

    • @Andi S:

      Ja, glaube ich. Genauso wird es in 20 Jahren auch noch Bargeld geben und menschen ohne Supermarkt-App einkaufen.

  • Mir egal, ich will meine Daten endlich irgendwo verfügbar haben und nicht verteilt bei 20 Ärzten wo sie dann nach 10 Jahren vernichtet werden und jeder Arzt für sich im Dunkel stochert, ohne von den Behandlungen der anderen zu wissen.

    Ihr könnt ja gern widersprechen und weiter auf den Computerstaat fluchen.

    • @Mendou:

      Bezüglich der Verfügbarkeit der Daten bin ich voll bei Ihnen.

      Aber nichtsdestotrotz geht es hier darum, dass die Krankenkassen OBJEKTIV und UMFASSEND informieren sollten, damit jedeR eine entsprechende Entscheidung treffen kann.

      Und wie Sie es dann für sich abwägen, ist ihre Sache.

  • Wenn man einkaufen geht, fragt die Kassiererin: "Haben sie den auch schon unsere App"? "Sie bekommen vieles billiger, mit der App"! In fast jedem Laden wird man gefragt. Warum nicht gleich billiger? Weil sie über unser Schnäppchenbewußtsein an unsere Daten ran wollen. Das machen die Krankenkassen jetzt auch, nur viel eindringlicher, als wäre unser Leben davon abhängig. Aber Datensicherheit, die gibt es nirgendwo und mit KI wird sie vollkommen obsolet. Wir halten zwar unsere Türen verschloßen, manche sogar mit Panzerschloß. My home is my castle ... Aber was unsere Daten angeht, sind wir naive Kinder. Ich kann soviele Panzerschlösser anbringen wie geht, aber über meine Daten ist man sofort direkt bei mir zuhause. Will ich das? Nein, will ich nicht!

    • @shitstormcowboy:

      Na bei Dir ist wohl der (Nick-)Name Programm? Es ist doch Unsinn, dass es keine Datensicherheit gibt. Daten sind heute online besser zu schützen, als jeder Aktenordner bei Ärzten und zu Hause, wo ein Tritt mit dem Fuß reicht, um eine verschlossene Tür zu öffnen ... und jeder Brand wichtige Dokumente unwiederbringlich vernichten kann.

  • Wie sicher können Daten sein?



    Hackende sind hoch motiviert.



    Digitalisierung schafft Risiken.



    Wem nützt sie?

    • @Patricia Winter:

      Digitalisierung schafft keine neuen Risiken. Sie macht die Arbeit mit Daten und die Kommunikation effizienter, das nützt den Ärzten, Krankenkassen und Patienten. Wenn bisher Akten, Berichte, Röntgenbilder etc. postalisch übermittelt werden mussten, reichen zukünftig ein paar Klicks, um die Informationen abzurufen. Da stellt sich doch nicht die Frage, worin der Nutzen besteht ....

  • Und was sind jetzt konkret die Risiken? Nach diesem Artikel bin ich auch nicht schlauer.



    Gruß



    Edgar Schmauch

    • @Edgar Schmauch:

      Dass Sicherheitslücken Zugriff auf ihre Daten möglich machen und ihre gesamten Daten zur psychischen und physischen Gesundheit, ihre Krankengeschichte, die Medikamente, etc. in die Hände Dritter gelangen könnten.



      Stellen sie sich nur mal von ein Arbeitgeber könnte bei einer Bewerbung Zugriff auf diese Daten bekommen, oder eine Bank, bei der sie einen Kredit wollen.

      • @Hans Dampf:

        Warum sollte der AG oder die Bank an diese Daten auf legalem Weg kommen? Und diese dann auch noch nutzen dürfen? Jedesmal gibt es solche Diskussionen. Kreditkarten, neuer Personalausweis, Deutschland Ticket. Sowas von deutsch.

        • @Ahnungsloser:

          Schöne Welt in der sie leben.



          Hier mal eine "legale" Forms des Ausspionierens: validato.com/



          Es gibt sie auch noch "durchgreifender" im Ausland, welche von hier nicht rechtlich belangt werden können

      • @Hans Dampf:

        Der Arbeitgeber könnte selbst im Gesundheitswesen als Teilnehmer agieren.



        Oder Ihre Daten werden verknüpft mit den anderen Spuren ihres digitalisierten Daseins. Holla, die Waldfee!



        Wäre eigentlich ein gutes Wahlkampfthema mit Datensicherung, Pressefreiheit und Vorratsdatenspeicherung.



        Den Wert der Daten wissen die Nutzer:innen teilweise gut zu honorieren.



        Was ist privat und was "commons"?



        www.bundesgesundhe...nd-versorgung.html

  • Alle wohl hoffentlich nicht.



    "Alle Ärz­t:in­nen sollen sie standardmäßig mit den jeweiligen Befunden und sonstigen medizinischen Daten ihrer Pa­ti­en­t:in­nen befüllen. Das soll parallel oder später behandelnden Kol­le­g:in­nen sowie den Pa­ti­en­t:in­nen selbst eine bessere Informationsgrundlage bieten."

    "Wir fordern, dass die Pathologie-Befundberichte nicht durch die Pathologin oder den Pathologen, sondern durch den behandelnden Kliniker eingestellt werden. Befundberichte aus der Pathologie enthalten nicht selten Informationen über das Vorliegen schwerer Erkrankungen. Diese Informationen sollten dem Patienten nur erläutert zur Verfügung gestellt werden, d.h. wie bisher auch, erst nach der Konsultation mit dem behandelnden Kliniker."



    B. pathologie.de



    Das ist logisch, denn eine Inkongruenz u. Diskonkordanz ist bei Befund möglich, erfordert dann Korrekturbefund bei falsch übermittelten Daten.



    Einz. Buchstaben/Zahlen machen Unterschied:



    Kein Anhalt für Malignität



    o.



    Ein Anhalt für Malignität



    Vs.



    Lok. Resektions-Status R0, R1 o. R2



    Die Arztakte verlangt die persönl. Kenntnis d. gesamten Vorganges, denn:



    taz.de/Fehlende-Si...kenkasse/!5039019/



    Supergau Datenklau!

  • Alle Nase lang wird man wieder hören "aber ich hab doch nix zu verbergen". Bis man merkt, dass man vor lauter Verdrängung naiv geworden ist. Jeder IT-Experte mit fragwürdigen Absichten wird sich bedanken für die neuen Möglichkeiten Gold zu schürfen. IT-Sicherheit hat es in Deutschland nicht über den CCC hinaus geschafft.

    • @TV:

      Jeder hat etwas zu verbergen, aber es handelt sich dabei meist nicht um Gesundheitsdaten, die jegliche Brisanz vermissen lassen.

      Ohne den Datenschutz unwichtig erscheinen zu lassen, sollten wir die Kirche mal im Dorf lassen und den Fortschritt nicht durch übertriebene Bedenken behindern.

      Es ist ja nicht so, dass es keine Mechanismen und Technologie geben würde, die digitale Daten sicher machen. Es braucht ein wenig Vertrauen ... und man hört "ich hab ja nix zu verbergen" genauso oft "digitale Paranoia" und dass Deutschland ohnehin nichts gebacken bekommt.