piwik no script img

Krankenhäuser in NorddeutschlandBesuchsverbot und verschobene OPs

Die Krankenhäuser in Norddeutschland haben weiterhin viele Probleme durch die Coronapandemie. Besonders gilt das für die Flächenländer.

An der Belastungsgrenze: Das Westküstenklinikum Heide hat ein Besuchsverbot verhängt Foto: dpa / Wolfgang Runge

Neumünster taz | Corona – da war doch was? In Schleswig-Holsteins Krankenhäusern machen sich steigende Infektionszahlen bemerkbar. Mehrere Kliniken haben die Besuchsmöglichkeiten eingeschränkt, die Krankenhausgesellschaft warnt vor Überlastungen. Aktuell sinken die Zahlen zwar wieder, in den Kliniken scheint der leichte Rückgang aber noch nicht angekommen zu sein.

Mehr als 3.000 Schleswig-Holsteiner*innen sind seit Beginn der Pandemie an ­Sars-CoV-2 gestorben, mehr als eine Million der rund 2,9 Millionen Personen im Land hatte die Infektion bereits, so meldet es die Landesregierung. Dabei steht die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Erkrankten auf 100.000 Personen im Mittel der vergangenen Woche, im Land bei 467 und damit unter dem aktuellen Bundesschnitt von 528.

Trotzdem ist die Lage in den Kliniken noch angespannt. Vor allem das Westküstenklinikum Heide in Dithmarschen schlägt Alarm: „Die allgemein hohe Zahl an Patient*innen, die isoliert werden müssen, stellt eine erhebliche Belastung für die Mitarbeitenden dar und bindet Kapazitäten, zumal der Krankenstand in der Belegschaft ebenfalls hoch ausfällt“, teilt die Klinik mit. Die Folge ist ein Besuchsverbot, von dem nur in Ausnahmefällen abgewichen wird.

Nicht nur in Heide, auch in anderen Krankenhäusern in Schleswig-Holstein sei eine deutliche Belastung durch die Corona­pandemie zu spüren, sagte der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft im Land, Patrick Reimund. Große Krankenhäuser wie das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, das Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster oder das Malteser-Krankenhaus in Flensburg beschränken ebenfalls die Besuchsmöglichkeiten, Masken sind in allen ­Häusern Pflicht.

Probleme im ganzen Norden

Die Hospitalisierungsrate, also die Zahl der Corona-Erkrankten in Kliniken auf 100.000 Einwohner*innen, liegt in Schleswig-Holstein bei 11,7 und damit leicht oberhalb des Bundeswertes, den das RKI aktuell mit 10,65 angibt, bei leicht sinkender Tendenz.

Auch in anderen norddeutschen Bundesländern machen sich die Coronazahlen in den Kliniken bemerkbar. In Niedersachsen liegt die Hospitalisierungsrate laut der Website der Landesregierung sogar bei 14,6. Allerdings verzeichnet auch Niedersachsen einen allmählichen Rückgang der Infektionszahlen. Möglicherweise hängt das mit den Booster-Impfungen zusammen: Rund 15 Prozent der Bevölkerung haben die vierte Spritze erhalten.

Dennoch führt die Überlastung in den Kliniken in manchen Orten schon wieder dazu, dass Operationen verschoben werden, berichtet die Presseagentur dpa. Laut der niedersächsischen Krankenhausgesellschaft sei die Lage aber stabil, regionale Engpässe würden von umliegenden Krankenhäusern abgedeckt.

In Hamburg liegt die Hospitalisierungsrate aktuell nur bei 4,42, also weit unter dem Durchschnitt. Dennoch spüren die Kliniken die Belastung, denn je­de*r an Corona Erkrankte bedeutet einen Mehraufwand. Ein Problem seien vor allem die krankheitsbedingten Personalausfälle, unter anderem am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE). „Dies betrifft alle Bereiche des UKE“, sagte eine Sprecherin der dpa. So seien im September rund 330 der mehr als 14.400 Beschäftigten positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden.

In den Kliniken in Bremen und Bremerhaven liegen derzeit rund 300 Personen mit einer Corona-Infektion, die Hospitalisierungsrate ist damit ähnlich niedrig wie in Hamburg. Beim Boostern sind die Han­se­städ­te­r*in­nen noch eifriger als Niedersachsen: Knapp 18 Prozent haben die vierte Spritze erhalten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Besuchsverbote sind unmenschlich, z.T. sogar lebensgefährlich, wenn z.B. tagelang kein Angehöriger nach einem alten Patienten schaut, der aufgrund von Personalmangel nur notdürftig versorgt wird. Rechtlich gesehen kann man solche Maßnahmen kaum noch mit corona begründen- es ist ein Organisationsversagen.

  • Was bei solchen Artikeln oft zu kurz kommt, ist die Tatsache, dass die Kliniken auch deshalb an ihre Leistungsgrenzen stoßen, weil sie willentlich und wissentlich kaputt gespart wurden. Der frühere Helios-Aufsichtsrat Lauterbach & Co haben aus Krankenhäusern auf Profitgetrimmte Wirtschaftsbetriebe gemacht. Darum gehts im Kern – nicht um Corona.

  • Da bin ich ja mal gespannt, wie es sich im Norden weiterentwickelt:

    Bei uns in Bayern betrug die Hospitalisierungsinzidenz vor zwei Wochen bis zu 28,76 mit den Folgen, dass die meisten Notaufnahmen abgemeldet wurden.



    Mittlerweile gibt es sogar ein Schreiben, dass bezüglich Notfallpatienten nur noch im 30km Umkreis nach einer aufnahmebereiten Notaufnahme gesucht werden muss. Findet sich keine aufnahmebereite Notaufnahme muss das nächstgelegene Krankenhaus den Patienten aufnehmen, egal ob überlastet oder nicht.



    Trotzdem scheint die Politik keine Notwendigkeit gesehen zu haben etwas zu ändern.



    Mittlerweile sinkt die Hospitalisierungsinzidenz wieder (das Oktoberfest liegt ja mittlerweile über drei Wochen zurück). Bin aber sehr skeptisch, ob das in Anbetracht des anstehenden Winters so bleibt...

  • "Aktuell werden in den Westküstenkliniken 45 Patient*innen mit oder wegen einer Corona-Infektion behandelt. 12 der Patient*innen müssen aufgrund einer COVID-Erkrankung behandelt werden, 2 Personen werden intensivmedizinisch betreut. "



    www.westkuestenkli...les-besuchsverbot/

    Zwei auf der Intensivstation, 12 wegen und der Rest mit ...



    Das sind die konkreten Zahlen und das ist zu viel?

    Das Problem ist nicht Corona, es ist das Gesundheitssystem.



    Und es ist auch eine Frage von Zusammenhängen und Darstellung, falls wir ganz ehrlich sind.