Gedenkort für Corona-Opfer in Hamburg: Nur Trauern oder auch Mahnen?

Hamburg soll einen Gedenkort für die Opfer der Coronapandemie bekommen. Nun können Bürger:innen vorschlagen, wie er gestaltet werden soll.

Sarg mit einem beschrifteten Covid 19-Warnhinweis

Immer noch ein tägliches Phänomen: Corona-Tote in Hamburg Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

HAMBURG taz | Am Ende der vergangenen Woche waren es nach Angaben des Robert-Koch-Instituts schon 3.786 Hamburger:innen, die seit Beginn der Pandemie an oder mit Corona gestorben sind. Noch immer also gibt es in der Stadt pro Tag zwei Coronatote – zu Jahresbeginn lag die Zahl schließlich noch bei 3.463 und damit um 323 niedriger als zurzeit. Ihnen – und denen, die da wohl noch hinzukommen – soll künftig an zentraler Stelle gedacht werden. Am Montag startete dazu die öffentliche Befragung, wie ein Gedenkort ausgestaltet werden soll.

Die Sozialbehörde hat dazu gemeinsam mit der Lawaetz-Stiftung einen Fragebogen erstellt, den Bür­ge­r:in­nen in den Hamburger Bürgerämtern wie auch online ausfüllen können. „Dieser richtet sich besonders an Hinterbliebene sowie Krankenhaus- und Pflegeheimbeschäftigte“, teilt die Behörde dazu mit, „biete aber allen Menschen, die besonders von der Pandemie betroffen waren – und es noch immer sind – die Möglichkeit, ihre Perspektive einzubringen, um den entstehenden Gedenkort mitzuprägen.“

Die Errichtung eines Gedenkortes samt Einbeziehung der Öffentlichkeit zur Frage, wie der Ort ausgestaltet werden soll, hatte die Hamburgische Bürgerschaft schon im August 2021 beschlossen. „Dass viele keinen persönlichen Abschied nehmen konnten, schmerzt die Betroffenen besonders“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf seinerzeit etwa im Hinblick auf Besuchsverbote bei Erkrankten in den Kliniken oder Altersheimen.

„Wir können diesen Verlust, diesen Schmerz nicht rückgängig machen, wir wollen aber einen würdevollen Ort der Trauer und des Gedenkens schaffen, der als Ankerplatz den Hamburgerinnen und Hamburgern dienen kann“, betonte er.

Die AfD hat sich enthalten

Eingebracht wurde der Antrag von den rot-grünen Regierungsfraktionen gemeinsam mit den beiden Oppositionsfraktionen von CDU und Linken. Die Hamburger AfD, die in den vergangenen drei Jahren teils Verbindungen zu Co­ro­nal­eug­ne­r:in­nen pflegte, enthielt sich bei der Abstimmung.

Übernommen hat Hamburg die Idee von Schleswig-Holstein, das kurz zuvor die Errichtung eines Gedenkortes beschlossen hatte. „Ein solcher Ort soll zugleich die Gesellschaft dazu aufrufen, auch künftig in einer solchen Krise Solidarität und wechselseitige Rücksichtnahme zu zeigen“, hieß es im Antrag aus Schleswig-Holstein. Dort sollte eine Arbeitsgruppe ein Konzept erarbeiten, das bislang allerdings noch auf sich warten lässt.

Auch andernorts gibt es schon Ideen zur Errichtung von Gedenkorten. Im niedersächsischen Nordhorn etwa wurde bereits ein Gedenkort für die Verstorbenen der Coronapandemie im örtlichen Stadtpark geschaffen.

Als möglicher Ort in der Hansestadt ist derzeit der Parkfriedhof Ohlsdorf, Hamburgs größte Begräbnisstätte, im Gespräch. Dort gibt es bereits ähnlich spezifische Gedenkorte, so etwa für die Opfer der Cholera oder der Sturmflut von 1962.

Symposium im September geplant

Ob die Wahl dieses Ortes sinnvoll ist, dazu können Ham­bur­ge­r:in­nen im Beteiligungsverfahren Stellung beziehen. Sie können auch angeben, welche Erwartungen sie an den künftigen Gedenkort haben: Ob er eher ein Ort der individuellen Trauer sein, über das Sterben in der Pandemie informieren oder aber mehr zu gesellschaftlicher Solidarität in solchen Notsituationen mahnen soll. Hinzu wird auch gefragt, welche Wünsche es hinsichtlich des konkreten Aussehens des künftigen Gedenkortes gibt.

Auswerten und diskutieren will die Stadt die Ergebnisse im September im Rahmen eines öffentlichen Symposiums: unter anderen mit Seelsorger:innen, den Religionsgemeinschaften sowie Ver­tre­te­r:in­nen aus dem Pflege- und Gesundheitsbereich.

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