Krach im Frankfurter Stadtparlament: Platzt die Volt-Ampel?

Der Koalitionsvertrag von Grünen, SPD, FDP und Volt in Frankfurt war eigentlich fertig. Doch nun verlangen die Liberalen Nachbesserungen,

Pressekonferenz mit Beatrix Baumann und Bastian Bergerhoff

Die Grünen Beatrix Baumann und Bastian Bergerhoff mit neuem Koalitionsvertrag Foto: Arne Dedert/dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Formal ist das neue Bündnis aus Grünen, SPD, FDP und der paneuropäischen neuen Partei VOLT im neuen Frankfurter Stadtparlament noch nicht geplatzt. Große Pläne hatte die VOLT-Ampel: Entschiedene Schritte zu mehr Klimaschutz mit deutlich weniger Autoverkehr und viel mehr Sozialwohnungen waren angekündigt, ein Politikwechsel, ein Aufbruch in das neue Jahrzehnt. Doch der mühsam ausgehandelte Koalitionsvertrag könnte sich als Makulatur erweisen.

In der Nacht zum Donnerstag machte die Basis der Frankfurter FDP ihren Vorständen und UnterhändlerInnen einen dicken Strich durch die Rechnung. Mit knapper Mehrheit forderte der FDP-Kreisparteitag „Nachbesserungen“ des Vertrags. Die drei Partner, Grüne, SPD und VOLT, bekundeten am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung ihre Bereitschaft zu Gesprächen, stellten aber fest: „Am Koalitionsvertrag kann es dabei keine Änderungen geben.“

Die Grünen, die aus der Kommunalwahl am 14. März als stärkste Partei hervorgegangen sind, dürften unterdessen wohl zeitgleich nach einer neuen Mehrheit im Stadtparlament suchen. Auch ein Linksbündnis ist wieder im Gespräch, das zahlreiche Initiativen und Bündnisse unter dem Hashtag „frankfurtprogressiv“ und auch Teile der grünen Basis von Anfang an gefordert hatten. „Das Spiel ist wieder offen“, hatte Grünen-Kreissprecher Bastian Bergerhoff zu Protokoll gegeben.

Auf der Grünen Kreisversammlung am Donnerstagabend war das Verhandlungsergebnis noch rundum in den höchsten Tönen gelobt worden. Keine Blaupause für künftige Koalitionen, sondern eine „Grünpause“ sei der Vertrag, sagte ein grüner Kommunalpolitiker, der noch beim letzten Parteitag vehement gegen eine Zusammenarbeit mit der FDP gestritten hatte. 93 Prozent der rund 200 Mitglieder stimmten am Ende für die Koalition, so geschlossen war die Partei zuletzt selten. Lediglich über das geplante Übergewicht der Männer im hauptamtlichen Magistrat wurde noch diskutiert, da platzte mit dem Nein der FDP-Basis die Bombe. Versammlungsleiter Bergerhoff brach die Sitzung kurz vor Mitternacht ab, ohne Debatte oder Abstimmung. Seitdem wird sondiert. Jeder telefoniert mit jedem.

Die Koalition hatte schon einen Zeitplan für den Machtwechsel vereinbart. Am 9. Juni, in einer Sondersitzung, sollten die fünf hauptamtlichen CDU-DezernentInnen zum ersten Mal abgewählt werden, am 15. Juli, wie es rechtlich vorgeschrieben ist, zum zweiten Mal. Mit sechs neuen Dezernenten wollte die neue Koalition in die Sommerpause des Parlaments starten. Drei neue Grüne sollten gewählt werden, zwei von der FDP und mit Lennard Everwien erstmals auch ein VOLT-Politiker. Je zwei der amtierenden Stadträte von SPD und Grünen sollten ihre Ämter behalten, so hatten es die Partner ausgehandelt. Die Kosten der damit verbundenen Erweiterung der Stadtregierung auf zehn hauptamtliche Dezernenten stießen bei der liberalen Basis auf heftige Kritik. Doch vor allem der als „autofeindlich“ empfundene Kurs in der Verkehrspolitik wurde gerügt.

Bündnis mit Linken wieder im Spiel

Die Blicke richten sich jetzt auf die Linken und die CDU. Grün-Rot-Volt hätte auch mit diesen möglichen Partnern eine Mehrheit. Linke und CDU signalisieren Gesprächsbereitschaft. Dass es allerdings nach dieser Vorgeschichte zu einer Neuauflage der langjährigen schwarz-grünen Kooperation kommt, gilt als eher unwahrscheinlich. Auf Druck der Grünen-Basis hatten Vorstand und Verhandlungsdelegation zuletzt vorgeschlagen, eine Mehrheit jenseits der CDU zu suchen. Selbst der Plan, die FDP in das neue Bündnis aufzunehmen, war nicht unumstritten. Die CDU müsste als möglicher Koalitionspartner im Magistrat zudem prominent vertreten sein, denn sie ist die zweitstärkste Kraft im Stadtparlament. Das hieße weniger Posten für die Grünen.

Und die Linken? Einfach an Stelle der FDP in den ausgehandelten Koalitionsvertrag der VOLT-Ampel einzusteigen, lehnen sie ab, auch wenn es darin viel Übereinstimmungen mit dem Frankfurter Wahlprogramm der Linken gibt. „Verhandeln müssten sie schon mit uns“, sagte gegenüber der taz Janine Wissler, die Bundesvorsitzende der Linken ist sowie KreissprecherIn ihrer Partei in Frankfurt. Ihr Co-Vorsitzender Axel Gerndtke schlug bereits vor, in jedem Fall am Zeitplan zur Abwahl der CDU-Dezernenten festzuhalten: „Mit den vorhandenen Mehrheiten im Stadtparlament sollten wir notwendige Sofortmaßnahmen für eine soziale und gerechte Stadt jetzt auf den Weg bringen“, sagte er und fügte hinzu: „Nicht mit der FDP zu regieren ist besser, als nicht zu regieren.“

Die FDP hat sich indes selbst aus dem Spiel genommen, mit einem denkbar knappen Abstimmungsergebnis. 78 Parteimitglieder stimmten für den Koalitionsvertrag, 80 wollten „Nachverhandlungen“, die es wohl nicht geben wird. In den sozialen Medien findet die Entscheidung der FDP vereinzelt Beifall. Es überwiegen jedoch Hohn und Spott. „Lindner lässt grüßen“ twittert die SPD-Landtagsabgeordnete Elke Barth, und Fridays for Future Frankfurt kommentiert: „Schon witzig, wie die Grünen in Frankfurt gerade merken, dass die FDP vielleicht doch nicht hinter der Verkehrswende steht.“

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