piwik no script img

Kosten der WehrpflichtLöhne rauf – auch beim Bund

Dirk Eckert
Kommentar von Dirk Eckert

Volkswirtschaftlich gesehen ist eine Berufsarmee schlauer als die Wehrpflicht. Doch die Freiwilligen sollten endlich besser bezahlt werden.

Feierliches Gelöbnis von Rekruten der Bundeswehr Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

A llmählich macht Donald Trump alle kirre. Mal will der US-Präsident den Gazastreifen übernehmen, dann ukrainische Atomkraftwerke. Die Nato mag er eher nicht, weswegen in Europa viele schlussfolgern: Die EU muss unabhängig von den USA werden, und das heißt konkret nachrüsten: mehr Waffen, mehr Soldaten, vielleicht auch Soldatinnen. Und so hat Deutschland die Debatte zurück, ob die Aussetzung der Wehrpflicht nicht doch ein Fehler war und rückgängig gemacht werden sollte.

Hier ist ein Einwurf des Münchner ifo-Instituts interessant: Die Wehrpflicht käme das Land gesamtwirtschaftlich teurer, als die Gehälter der Sol­da­t*in­nen zu erhöhen. Bessere Bezahlung würde den Staat zwar mehr kosten, aber die volkswirtschaftlichen Kosten wären geringer, wenn Wehrpflichtige nicht dem Arbeitsmarkt entzogen werden. Außerdem hätten alle die höheren Personalkosten zu tragen, während bei der Wehrpflicht die Nicht-Wehrpflichtigen finanziell geschont werden. Bessere Bezahlung wäre also auch gesellschaftlich gerechter.

Damit bringt das Institut endlich etwas Realismus in die Debatte. Warum kommt die Freiwilligenwerbung bei der Bundeswehr nicht richtig vom Fleck? Warum verlassen denn viele Interessenten die Truppe wieder nach wenigen Monaten? Weil die Bundeswehr nicht attraktiv genug ist. Wer das ändern will, könnte es ja mal mit mehr Geld versuchen.

Soldatinnen und Soldaten müssen – wie alle anderen Beschäftigten auch – in Zeiten von hoher Inflation selbstverständlich besser bezahlt werden. Und zwar ganz unabhängig davon, was die einzelnen Aufträge der Bundeswehr sind, denn die hat die Politik zu verantworten. Und auch unabhängig davon, was Einzelne vom Soldatenhandwerk halten mögen (ja, in der ganz überwiegenden Zahl eine männliche Tätigkeit, was auch immer daraus jetzt zu folgern ist).

Solange der Staat laut Grundgesetz Streitkräfte zu Verteidigung aufstellt – übrigens nur dafür –, müssen diese natürlich auch ordentlich bezahlt werden. Das wäre passender, als der Versuchung nachzugeben, per Zwangsdienst vermeintlich billiges Personal zu mobilisieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Dirk Eckert
Redakteur
Nachrichtenchef und Chef vom Dienst (CvD) im Regie-Ressort der taz.
Mehr zum Thema

26 Kommentare

 / 
  • Wehrpflicht ist doch solange völlig indiskutabel, solange es nicht genug Freiwillige zu rekrutieren gibt.

  • Wenn der Sold die primäre oder gar einzige Motivation für den Soldatenberuf ist sind aber schon einige andere Dinge schiefgelaufen.

  • Der Autor sollte sich mal den UA-Krieg anschauen, dort wird gerade gezeigt was bei einem modernen Krieg gebraucht wird. Nämlich erstmal Material wie Artillerie, Drohnen, Flugabwehr, Schützenpanzer, Marschflugkörper und Raketen. Und woran leidet die UA am meisten? Am Mangel an Soldaten, und zwar nicht nur hochausgebildete Spezialisten sondern vor allem Infanteristen an der Kontaklinie. Wenn man die Bedrohung durch Russland ernst nimmt., dann brauchen wir vor allem eine große Zahl von Soldaten und die bekommen wir nur durch eine Wehrpflicht.



    Im Übrigen stand Finnland gestern an der Spitze der Liste der glücklichsten Länder der Erde, und Finnland hat die Wehrpflicht...

    • @Gerald Müller:

      Zu befürworten wäre wohl ein freiwilliges soziales Jahr, um auch die vielen Dementen in Gegenwart und Zukunft zu bewältigen.

  • Anwerbung neuer Rekruten ist ein wichtiger Teil der Wehrpflicht, aber nicht der wichtigste. Der wichtigste ist Masse zu haben in einem großen Krieg. Daher Wehrpflicht.

  • Die Besoldung ist im Vergleich zu anderen Arbeitgebern schon jetzt überdurchschnittlich. Zumal wenn man Erstattungen, Pauschalen und Entschädigungen dazurechnet. Der erste Gedanke Gehaltserhöhung war bei grenzenlosem Wehretat zu befürchten.

    • @Yoriko N.:

      Um Verantwortung im Wehrdienst zu übernehmen, sollte vor Eintritt in die Bundeswehr- vorab ersteinmal eine ordentliche Ausbildung abgeschlossen werden.

  • Die Wiedereinführung der Wehrpflicht halte ich als Pazifist für eine gute Idee, denn wir leben leider in einer sehr gefährlichen Zeit und ohne Verteidigungsfähigkeit sind die hart erkämpften Freiheiten, die wir hier haben, schnell wieder verloren.

    Allerdings gehört gleichzeitig eine Entnazifizierung der Berufsbundeswehr dazu, denn es ist beängstigend, wenn ausgerechnet Demokratiefeinde im Gebrauch von Waffen ausgebildet werden und Zugang zu Waffen haben. Ebenso braucht es eine unabhängige Meldestelle, um rechtsextremistische Umtriebe melden zu können.

    Leider haben sämtliche ReGIERungen seit der Wiedervereinigung komplett versagt, indem sie ignoriert haben, was in Russland unter Putin entstanden ist. Ich kriege Schüttelfrost, wenn ich daran denke, dass Putin 1999 Tschetschenien platt gemacht hat und ihm trotzdem 2001 im Bundestag mit steh. Ovationen gehuldigt wurde und danach trotz diverser weiterer Kriege Deutschland in die Abhängigkeit von fossilen russischen Rohstoffen geprügelt wurde.

    Unsere Demokratie ist stark verbesserungswürdig, aber ich sehe auf dieser Welt nur wenige Länder, in denen wir in so großer Freiheit leben können und ich möchte, dass wir das nicht verlieren.

    • @Truhe:

      Weil man eine solche Meldestelle schlicht nicht machen kann und auch keinen Sinn hat.



      Bundeswehrdrill hat vor allem einen Zweck "Niemand wird zurück gelassen", "Einer für alle, alle für einen" und das sich jeder auf jeden 100% verlassen können muss und verlässt im Angesicht des Feindes.

      Das was Sie vorschlagen ist Verrat und es gibt nichts schlimmeres, als wenn die Truppe sich nicht absolut aufeinander verlassen kann.

      Das was Sie fordern wird und kann es nie geben.

      Zum anderen ist es ohnehin nicht zielführend, da das Militär sich nicht selbstständig machen wird. Und von herumballernden Nazi-Soldaten habe ich auch noch nicht gehört, als dass man hier von einem Problem sprechen könnte.

    • @Truhe:

      Volle Zustimmung zum Pazifismus und zu der Einordnung Putins. Zum Extremismus:

      Im Bericht des Wehrbeauftragten sind die Zahlen transparent nachzulesen. Natürlich überwiegen im Bereich des Extremismus die Spinner:innen der Rechten. Liegt aber eben wohl auch daran, dass Linke einfach seltener zur Bw gehen.



      Pauschal vom Bedarf einer "Entnazifizierung" zu sprechen, halte ich aber für komplett überzogen.

      Das suggeriert eine viel höhere Falldichte, als die Realität belegt.



      Schauen Sie sich Mal in den sozialen Medien um, in der Bw gibt es vermutlich anteilig nicht mehr oder weniger Bekloppte, als in der Gesamtbevölkerung.

  • Ein ordentlicher Sold wäre ein guter Anfang und eine entsprechende Geste, die neueste und beste Schutzausrüstung wäre ebenso wichtig wie ein ordentlicher Sold, beides sind wir unseren Soldaten mehr als schuldig, denn die Soldaten bezahlen im schlimmsten Fall für den Schutz von Land und Bevölkerung mit ihren Leben dafür. Zum Glück ist der erste Schritt getan mit den ersten 100 Milliarden, die Auslieferung von den bestellten Material dauert zwar etwas, der Grund dafür ist das man Rüstungsgüter nicht einfach beim Discounter aus dem Regal um die Ecke bekommt und auch noch in dieser Menge. Ich hoffe das bei der Beschaffung der Schutzausrüstung für die Soldaten, die höchste Priorität vor Panzer, Haubitze und Flugzeug ect. eingeräumt wird.

    • @taz.manien:

      Was die persönliche Ausrüstung der SoldatInnen betrifft, so kann ich Sie beruhigen.



      Das neue Modulare System MOBAST wurde bereits 2021, im Zuge der Zeitenwende eingeführt und bestellt. Mittlerweile gibt es hier keine Versorgungsengpässe mehr,



      es mangelt geradezu an Lagerplatz für die Bestände.



      Nach der Euphorie um die Investitionen solle nicht vergessen werden, dass in den letzten drei Jahren bereits erhebliche Anstrengungen erfolgreich unternommen wurden.

      • @Philippo1000:

        👍👍

  • Es wurde bereits seit Jahren versucht, die Arbeit bei der Bundeswehr attraktiver zu machen.



    Offenbar reichen diese Bemühungen nicht aus. Das Angebot der Bundeswehr steht eben in Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern.



    Dass ausgerechnet das Gehalt hier Argument ist, halte ich für unwahrscheinlich.



    Dass der Wirtschaft ArbeitnehmerInnen fehlen, ist keine Neuigkeit. Es nutzt aber nichts , den Mangel zu verwalten, wir brauchen, statt dessen Zuwanderung, zwischen 200.000 und 400.000 Menschen im Jahr.



    Ehrenamtliche Arbeit wirkt sich übrigens auch nicht positiv auf das BIP aus.



    Sollten wir das auch abschaffen?



    Oder haben wir noch andere Ansprüche an unsere Gesellschaft, als Geld bezahlen lassen, damit Andere die Arbeit tun und ich auf dem Sofa sitzen bleiben kann?



    Es wird wiederum auf die Abbrecherzahlen bei der Bundeswehr hingewiesen.



    Diese sind genauso hoch und in Teilbereichen sogar niedriger, als die Abbrecherzahlen in Ausbildung und Studium.



    Ich halte die Wehrpflicht mit Wahl zu Zivildienst und Klimadienst für zukunftsweisend. Auch für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.



    Durch Zusammenarbeit kann sich eine Generation finden. Geschlecht, Herkunft und Religion werden sekundär.

  • Mehr Geld für die Ballermänner und Ballerfrauen? Damit die Attraktivität der deutschen Armee gesteigert wird?

    Nun, da wird es vielleicht den einen oder anderen "trickle-down-Effekt" des Riesen-Sondervermögens geben für die moralische Kriegsertüchtigung der deutschen Soldat:innen.

    Da kann man zukünftigen Kriegen sicherlicher gelassen entgegen sehen dank so einer Motivationshilfe.

    Nur - was sucht das in der taz?

    Leute, beschäftigt euch mit zivilen Projekten und nicht mit Wehrertüchtigung!

    • @Uns Uwe:

      Allerdings wird ohne Wehrertüchtigung auch das zivile Projekt möglicherweise obsolet. Biotope und Windparks haben im Donbass wohl auch absehbar wenig Priorität.



      Ich finde es gut, dass die TAZ hier auch berichtet. Raus aus der Bubble, rein ins Leben.

  • Höhere Löhne gegen die Inflation führen zu was?



    Genau: noch mehr Inflation.

    Wenn es keine Zuwächse mehr gibt, muss man das, was man den einen gibt, den anderen wegnehmen.

  • Es ist schon bemerkenswert dass man die Pseudoargumente konservativer Haushälter der Marke: Schwarze Null bemüht. Alte Menschen "auf die Eisscholle" zu setzen wäre volkswirtschaftlich auch bedeutend "schlauer" als Rente zu zahlen und ein dadurch extra teures Gesundheitssystem aufrecht zu erhalten.

    Überhaupt finde ich es erstaunlich, dass Linke traditionell die solidarischen und integrativen Aspekte der Wehrpflicht völlig ignorieren und stattdessen im FDP-Modus argumentieren ("Ich soll meine kostbare Lebenszeit für die Gemeinschaft opfern und mich von ungebildeten Unterschichtlern herumkommandieren lassen!?")

    Abgesehen davon, ist die Rechnung sachfremd. Wenn ich ein max. 150.000 Mann Schönwetter-Friedensherr haben will, dann kann man das auch ohne Wehrdienst machen. Will ich aber auch in der Lage sein, das Land zu verteidigen, kann das Berufsherr nur der Kern der Truppe sein. Im Ernstfall muss ich etliche Hunderttausende mobilisieren können.

    Übrigens wäre ich sehr für eine Berücksichtigung des Zivilschutzes bei einem Wehrdienst. Auch dort sieht man, genauso wie in den Sicherheitsbehörden, eher wenig Linke. Auch ein Symptom wie es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt steht.

    • @Chris McZott:

      "Alte Menschen "auf die Eisscholle" zu setzen wäre volkswirtschaftlich auch bedeutend "schlauer""..

      Ich hab nie etwas gegen gute Ideen, aber manchmal etwas gegen die Veröffentlichung dieser Ideen ;-)))

      Ich gebe Ihnen recht: Wenn es um diesen doch sehr hohen persönlichen Einsatz geht, sehe ich auch Nachholbedarf auf der linken Seite.



      Es kann nicht sein, dass man sich in dieser Frage hinter Scheinargumten versteckt.

      Verteidigung kommt allen Bürgern zu Gute. Insofern guter Hinweis zu THW, Rotes Kreuz etc. Hier kann auch ohne Waffe sehr bei der Verteidigung geholfen werden (alte Menschen von der Scholle retten, Kinderlein evakuieren, Verletzte bergen etc.).

  • Wenn schon verglichen wird: Was ist mit dem Renteneintrittsalter? Mit 55 ist schon ein enormer Vorteil. Wenn damit aufgeräumt wird, können wir gerne über einen höheren Sold diskutieren.

    • @DieLottoFee:

      Wer alle gleich machen will, wird keinem Menschen gerecht.



      Auf jeden Fall sind "ausgesuchte Informationen" nie sehr hilfreich oder klärend!



      Sie wissen, dass das nur eine Option ist. Es gibt auch 41 Jahre bei Kampfpiloten (hält man die extrem hohe Belastung nicht mehr aus?) oder 65 bei Generälen und Oberste sowie einige Offiziere..

  • "Volkswirtschaftlich gesehen ist eine Berufsarmee schlauer als die Wehrpflicht. "



    Ist sie definitiv. Und schlagkräftiger, wie man an der US-Armee deutlich sieht.

    • @Hans Dampf:

      Für ein zivilisierten Land wie Deutschland kommt wirklich nur eine Berufsarmee in Frage.



      Andernfalls - bei einer Einführung der Wehrpflicht, nur in Verbindung unter der Auflage, der Einziehung des Nachwuchs aller Parlamentarier, vorweg.

    • @Hans Dampf:

      Die USA haben einen Anteil von 3.5% am BIP für Verteidigung, d.h. wir müssten den gerade gestiegenen Verteidigungshaushalt nochmal verdoppeln.

    • @Hans Dampf:

      Die US-Armee als Vorbild für Wirtschaftlichkeit? Echt jetzt?

      • @Chris McZott:

        Bitte unterscheiden sie "Volkswirtschaftlich" von "Wirtschaftlichkeit". Eine Armee ist nie wirtschaftlich, sie ist bestenfalls Schlagkräftig bei erträglichem Budget.