Korruptionsskandal um Spaniens Altkönig: Juan Carlos haut ab
Der Ex-Monarch geht ins Exil – um die Amtsführung seines Sohnes nicht zu belasten. In Spanien und in der Schweiz laufen Ermittlungen gegen ihn.
Der „emeritierte König“ – so der offizielle Titel von Juan Carlos I. – geht, nachdem gegen ihn sowohl in der Schweiz als auch in Spanien ermittelt wird. Es besteht der Verdacht, der ehemalige König habe in seinen Zeiten auf dem Thron Schmiergelder angenommen. Ganz konkret geht um mindestens 65 Millionen Euro im Zusammenhang mit dem Bau eines Schnellzugs von Medina nach Mekka in Saudi-Arabien, die Juan Carlos I. über ein Netzwerk von Stiftungen in Steuerparadiesen und Konten in die Schweiz geschafft haben soll.
Mit verstrickt in den Fall ist die deutsche Corinna zu Sayn-Wittgenstein, einst Corinna Larsen, die „spezielle Freundin von Juan Carlos“, wie die Presse die Geliebte nennt. Sie selbst soll hohe Geldgeschenke bekommen haben. Der einst ohne nennenswertes Privatvermögen angetretene König ist heute laut Forbes einer der reichsten Monarchen weltweit.
Wirklich gefährlich für Juan Carlos I. können nur die Ermittlungen in der Schweiz werden. Denn in Spanien genießt der Altkönig für seine Amtszeit nicht nur Immunität, er ist laut Verfassung sogar „unantastbar“.
Mitten in der Krise auf Elefantenjagd
Es ist der letzte Skandal in einer langen Reihe. 2010 begann ein Verfahren gegen die Tochter des Königs, Infantin Cristina, und Ehemann Iñaki Urdangarin wegen Korruption. Sie hatten sich Namen und Beziehung zunutze gemacht, um von Regionalregierungen für nie erbrachte Dienstleistungen zu kassieren. Cristina ging ins Ausland, Urdangarin ins Gefängnis.
2012 erlitt Juan Carlos I. – damals Ehrenpräsident der Umweltschutzorganisation WWF in Spanien – in Begleitung von Corinna zu Sayn-Wittgenstein auf einer Elefantenjagd in Botswana einen Unfall. Zu Hause im krisengeschüttelten Spanien kam sein Ausflug gar nicht gut an. 2014 schließlich dankte Juan Carlos ab. Sohn Felipe bestieg den Thron.
Juan Carlos I. ist der sechste aus der Dynastie der Bourbonen, der Spanien verlässt oder verlassen muss. Er ist der Enkelsohn des 1931 gestürzten Königs Alfonso XIII. Er wuchs in Italien und Portugal auf, bevor ihn Diktator General Francisco Franco zur Ausbildung nach Spanien holte und ihn zur Nachfolge an der Spitze des spanischen Staates bestimmte. Wenige Tage nach dem Tod Francos im November 1975 bestieg Juan Carlos I. dann den Thron und leitete den Übergang zur Demokratie ein.
Als am 23. Februar 1981 ein Teil der Armee und der Guardia Civil gegen die neue Ordnung putschte, stellte sich Juan Carlos I. hinter die Demokratie. So zumindest die offizielle Version. Immer wieder werden Stimmen laut, die Juan Carlos I. vorwerfen, vom Staatsstreich gewusst zu haben. Er habe abgewartet, wie er ausgeht, um sich dann auf die entsprechende Seite zu schlagen. Die Archive, die dies klären könnten, sind bis heute verschlossen.
Felipe VI. hat lange zugesehen
Die Linksregierung unter Pedro Sánchez ebenso wie die konservative Partido Popular zollt „Respekt“ vor der Entscheidung des Altmonarchen. Doch die Parlamentsfraktion des kleineren der beiden Regierungspartner, die linksalternative Unidas Podemos, wirft Juan Carlos I. vor, „geflohen“ zu sein.
Die Kommentatoren der Tageszeitungen sind sich in einem einig: Jetzt gelte es die Figur von Felipe VI. zu stärken. Doch das wird gar nicht so leicht, zu lange hat dieser dem Treiben seines Vaters zugesehen. Spätestens 2019 wusste Felipe VI., dass er bei den Fonds und Stiftungen in Steuerparadiesen mit als Nutznießer und Erbe eingetragen war. Ein ganzes Jahr ließ der aktuelle König verstreichen, bevor er dies öffentlich machte und auf das Erbe verzichtete sowie Vater Juan Carlos I. die staatlichen Zuwendungen entzog.
Auch die jüngst bekannt gewordenen Details der Flitterwochen von König Felipe VI. und seiner Gemahlin Letizia sorgen nicht für mehr Beliebtheit bei den Untertanen. Eine halbe Million Dollar kostete die Reise durch mehrere Kontinente. Bezahlt wurde das Ganze von Juan Carlos I. und einem befreundeten Unternehmer. Auch für einen Ex-Monarchen mit 200.000 Euro staatlichem Jahressalär ist die Rechnung der dreimonatigen Reise eine ganz ordentliche Summe, wenn er keine Nebeneinkünfte hat.
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