piwik no script img

Konzertempfehlungen für BerlinAlles sehr groß dimensioniert

Diese Woche gibt es akademischen Drone, Klangforschung mit dem Schlagzeug, Lesung als Musik und, nun, alte Black-Metal-Kämpen zu hören.

Spielen im SO36: Cradle of Filth Foto: Promo

D as Genre Doom-Drone gehört eigentlich in die Sparte Heavy Metal. Aber dass auch studierte Komponisten sich des dräuenden Brumms annehmen, ist dieser Tage nahezu gängige Praxis. Nun, vielleicht noch nicht gerade Standard, doch die Berührungsängste unter Musikern in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern gehen doch merklich zurück. Da passt es, dass der Komponist Genoël von Lilienstern gemeinsam mit dem Zafraan Ensemble am Freitag (29.11., 19 Uhr) im KulturRaum Zwingli-Kirche sein „Terroir“ darbietet, ein Werk für Ensemble und Elektronik.

In die Drones mischen sich xenharmonische Stimmungen mit alternativen Tonabständen, das Ganze zielt auf „Überdimensionierung“, auch dank eines elektronisch „erdig“ verzerrten Ensembleklangs: Mit den Ohren tief eintauchen in die Krume (Tickets: 15/10 Euro, im VVK plus Gebühr).

Ebenfalls an diesem Freitag (29.11., 20 Uhr) geht es im Sowieso sehr konzentriert zu. Dort spielen die Saxofonistin Angelika Niescier und die Schlagzeugerin Mariá Portugal aufeinander. Beide haben sich mit eigensinniger Virtuosität große Verdienste auf ihren Instrumenten erspielt, Niescier steht mehr in der Tradition des Modern Jazz, Portugal bewegt sich in ihrer Musik unerschrocken zwischen den Extremen Klangforschung und Songs. In jedem Fall kommen da reichlich Energie und Ideen zusammen.

Am Montag (2.12., 19 Uhr) beehrt dann die Sängerin und Komponistin Shelley Hirsch das Liebig12. Mit der Aufführung von „a special reading“ steht eine Berliner Premiere an. Wobei es sich bei Hirschs Performance, die sich unter anderem mit erweiterter Stimmtechnik hervorgetan hat, weniger um eine Lesung im herkömmlichen Sinn handeln dürfte. Neben Gesang kann man mit einem beachtlichen Spektrum an menschlich hervorgebrachten Lauten rechnen, die in einem Literaturhaus etwa allenfalls zur unerwünschten Ausnahme gehören würden.

tazplan

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Apropos erweiterte Stimmtechnik: Davon kann man auch am Mittwoch (4.12., 19 Uhr) im SO36 eine Kostprobe erhalten. Allerdings mit etwas anderer Musik. Cradle of Filth hatten insbesondere in den Neunziger Jahren ihre große Zeit als Aushängeschild eines Sounds, der Black-Metal-Gepeitsche mit Prog-Rock-Epen versöhnte. Ob man das mag, ist eine andere Sache.

Mit Songs wie „Heaven Torn Asunder“, der zu ihrem Konzertrepertoire zählt, haben sie jedenfalls demonstriert, dass sie auf kaputte Art auf technisch hohem Niveau zu rocken verstehen. Und mit Dani Filth haben sie zudem einen „Frontmann“, dessen Gekrächze man selbst lieber nicht nachzuahmen versuchen sollte. Ein Bon Scott wirkt dagegen wie reinster Belcanto (Tickets: 43,25 Euro).

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kulturredakteur
Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!