Konzertempfehlungen für Berlin: Unten am Mississippi

Trotz Knappheit viel Wasser, neue Perspektiven auf ein altes Instrument und einer der besten Komponisten der Welt stehen diese Woche auf dem Programm.

Sunny War vor einem knallblauen Hintergrund

Am Blues geschult und mit Punk vertraut: Sunny War Foto: Randi Steinberger

Mit Superlativen soll man ja sparen, doch manchmal bleibt einem wenig übrig. Unter den vielen großen Namen, die es in der Musik gibt, ist dieser dabei sicher einer der weniger bekannten. Und das, obwohl der franko-flämische Renaissancekomponist Josquin Desprez, auch geläufig unter Josquin des Préz, Jossequin Lebloitte oder Josquinus Pratensis, zu Lebzeiten so bekannt war, dass er bloß unter seinem Vornamen Josquin firmierte, so wie Amadeus, Janis oder Prince.

Josquin, dem Meister der strengen Mehrstimmigkeit, widmen der englische Chor The Tallis Scholars und sein Dirigent Peter Philipps eine Konzertreihe im Pierre Boulez Saal. Sie haben als Renaissance-Experten über drei Jahrzehnte hinweg sämtliche Messen von ihm in herausragenden Aufnahmen eingespielt, im vergangenen Jahr konnten sie ihr Projekt abschließen.

Jetzt präsentieren sie ihre Ergebnisse in gebündelter Form. Eigentlich sollte man zu allen Konzerten hin. Am Freitagabend (15. 7., 20 h) etwa zu den Ostinato-Messen. Aber auch die späten Messen am Sonnabendnachmittag (16. 7., 15 h) und die letzten Messen am Sonnabendabend (16. 7., 20 h) lohnen sehr. So alterungsbeständig schöne Musik bekommt man selten so gut dargebracht zu hören (13.–16. 7., Französische Str. 33d, 15-35€, Tickets über boulezsaal.de).

In die Gegenwart und ins Freie geht es am Sonnabend beim Haus der Kulturen der Welt, wo nach einer Pandemiepause endlich wieder die Reihe Wassermusik eröffnet wird. Die Konzerte auf dem Dach, falls kein Regen dazwischenkommt, haben diesmal den Mississippi als Thema.

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Mit Sunny War spielt zum Auftakt eine in Nashville geborene, am Blues geschulte und mit Punk vertraute Sängerin und Gitarristin. Anschließend übernehmen Kumasi aus New Orleans, die sich mit Afrobeat empfehlen. Eigentlich ja eine Sache aus Nigeria, aber warum nicht (16. 7., John-Foster-Dulles-Allee 10, 19 h, Eintritt frei).

Zu den weniger prominenten Instrumenten gehört definitiv die Drehleier, falls man nicht gerade eine Schwäche für Mittelalterkirmes haben sollte. In der Musik ist sie ansonsten eher unüblich, auch wenn Unerschrockene wie etwa der japanische Noise-Schamane Keji Haino, sonst eher furchteinflößender Gitarrist, sie in jüngerer Zeit wiederholt auf ihre Klangmöglichkeiten hin untersucht hat.

In grundsätzlich ähnlicher Weise dürfte die Musikerin und gelernte Geigenbauerin Caroline Cecilia Tallone vorgehen, die mit ihrem Projekt Hurdy+ die elektroakustische Drehleier als aktuelle Variante des Saiteninstruments mit Kurbel erkundet. Sie tut dies mit wechselnden Partnern am Dienstag (19. 7.) und Mittwoch (20. 7.) im Studioboerne45 (Börnestr. 43/45, je 20 Uhr).

Im Grunde auch eine alte Geschichte, doch keinesfalls erschöpfend behandelt ist der Vierkanalton. Den nutzen am Mittwoch in den Uferstudios der für seine Aneignung unterschiedlichster Klangquellen in Schleifengestalt beliebte Musiker Jan Jelinek einerseits und die Trompeterinnen Liz Allbee und Sabine Ercklentz andererseits. Letztere arbeiten konsequent daran, die Möglichkeiten ihrer Instrumente zu erweitern, diesmal dann auch dezidiert räumlich (20. 7., Uferstudios, Badstr. 41A, 20.30 Uhr, 10 €).

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Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

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