Konversionstherapien in Deutschland: Wettrennen um Homoheiler-Verbot
Mit einer Bundesratsinitiative will Schleswig-Holstein ein Verbot für Umpolung durchsetzen. Drei Länder wollen schneller sein als Jens Spahn.
In einem Antrag fordern die Landtagsfraktionen von CDU, Grünen und FDP die Landesregierung auf, „sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Therapien zur Behandlung von Homosexualität verboten werden“. Das Papier soll in der Plenarsitzung beschlossen werden, die in der kommenden Woche von Mittwoch bis Freitag tagt. Die Mehrheit gelte als sicher, so Andresen.
Damit ist Schleswig-Holstein das dritte Land, das eine Bundesratsinitiative plant. In Bremen hatte die rot-rot-grüne Koalition im August einen Dringlichkeitsantrag beschlossen, der den Senat aufforderte, eine Initiative zu starten. In Hessen hatte die schwarz-grüne Koalition im Dezember vereinbart, sich im Bundesrat für ein Verbot der Konversionstherapien einzusetzen.
Passiert ist in Wiesbaden bislang jedoch wenig. Im Hessischen Sozialministerium heißt es auf Anfrage, dass bislang noch keine eigene Initiative entwickelt werden konnte, da die Legislaturperiode erst am 18. Januar begonnen habe. Man stehe aber mit den Bundesländern in Kontakt, die dieses Ziel verfolgen und initiativ werden wollen.
Gesundheitsminister Spahn mahnt zur „Eile“
Auf Bundesebene hatte Gesundheitsminister Jens Spahn vor zwei Wochen im Interview mit der taz angekündigt, ein gesetzliches Verbot bis Sommer zu erarbeiten. Da seine Vorschläge aus dem Gespräch nicht in einer parlamentarischen Anfrage bestätigt wurden, kritisierte der FDP-Abgeordnete Jens Brandenburg den Gesundheitsminister am Dienstag als „Bluffminister“. Daraufhin sagte Spahn am Mittwoch der Welt: „Sie können davon ausgehen, wenn es der Minister eilig hat, hat es auch das Haus eilig.“
Deswegen ist nun eine Art Wettrennen um das Verbot von Konversionstherapie im Gange. Im Bundestag deutet sich ein grundsätzlicher Konsens an. Die Grünen haben in der vergangenen Woche einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht. SPD, FDP und Linke sind grundsätzlich interessiert, ein Verbot zu unterstützen. Selbst der gesundheitspolitische Sprecher der AfD, Axel Gehrke, sagte vergangenen Woche Mittwoch, man stehe einem Gesetz „offen gegenüber“.
Die Ideen der Grünen aus dem Bundestag könnten über die Bundesratsinitiative durchgesetzt werden. „Wir Grünen gehen inhaltlich weiter als die Pläne von Spahn“, sagt Andresen. Ihm sei nicht nur ein Verbot von Umpolung im Strafrecht wichtig. „Wir müssen ein Problembewusstsein in der Gesellschaft entwickeln“, sagt er. Deswegen fordern die Grünen staatlich finanzierte Aufklärungskampagnen und Präventionsarbeit.
In allen 14 Ländern, die von Grünen, SPD oder Linken mitregiert werden, rechnet Andresen mit einer Zustimmung zur Initiative. Er erwartet von Heiner Garg, Sozialminister von Schleswig-Holstein, konkrete Vorschläge für die Bundesratsinitiative vorzulegen, und zwar spätestens „nach Ostern“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen