Kontrollen an der Grenze zu Dänemark: „Rechtswidrige Dauerlösung“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser kündigt eine Verlängerungen der Kontrollen an der Grenze zu Dänemark an. Grüne und SSW halten das für überflüssig.
![Beamte der Bundespolizei kontrollieren ein Fahrzeug an der deutsch-dänischen Grenze. Beamte der Bundespolizei kontrollieren ein Fahrzeug an der deutsch-dänischen Grenze.](https://taz.de/picture/7303204/14/483060427-1.jpeg)
Seit September kontrolliert Deutschland seine nationalen Grenzen – eine Maßnahme, die im Rahmen des Schengen-Abkommens zur Personenfreizügigkeit eigentlich nicht vorgesehen ist. Die Kontrollen waren zunächst für sechs Monate geplant, um irreguläre Migration zurückzudrängen, Schleuser zu stoppen und Kriminelle sowie Islamisten herauszufischen.
Die schleswig-holsteinischen Grünen kritisierten Faesers Ankündigung bei ihrem Landesparteitag am vergangenen Sonntag als rechtswidrige Dauerlösung. Grenzschließungen widersprächen den Werten der europäischen Einigung und bedrohten das Zusammenleben in der kulturell und wirtschaftlich eng verflochtenen Grenzregion.
Zudem bezweifeln die Grünen die Wirksamkeit der Kontrollen. „Wir glauben, dass sie das Ziel verfehlen werden, grenzüberschreitende Kriminalität zu begrenzen“, sagt Rasmus Andresen, der Flensburger Europa-Abgeordnete der Grünen. Die Bundespolizei hat nach eigenen Angaben bisher täglich etwa eine Person an der Grenze gefasst. Andresen hält den dafür getriebenen Aufwand für unverhältnismäßig.
Stefan Seidler, Bundestagsabgeordneter (SSW)
Auch aus Sicht Stefan Seidlers, der für den Südschleswigschen Wählerverband (SSW) im Bundestag sitzt, zeigen die Zahlen, dass die Kontrollen an der Grenze zu Dänemark vollkommen überflüssig seien. Es handle sich dabei um reine Symbolpolitik, einen „Griff in die populistische Trickkiste“.
Immerhin hat Faeser für eine Erleichterung im kleinen Grenzverkehr gesorgt: Bei dem Ministertreffen unterzeichnete sie ein Abkommen mit Dänemark, das es Bundespolizist*innen erlaubt, künftig in grenzüberschreitenden Zügen bis zum nächsten Bahnhof auf dänischem Gebiet mitzufahren, um Personenkontrollen durchzuführen. Auf dänischem Staatsgebiet haben sie jedoch abgesehen von Notwehr oder Nothilfe keine Hoheitsbefugnisse. Gleiches gilt umgekehrt entsprechend auch für dänische Polizeikräfte.
Angesichts der nun einmal beschlossenen Verlängerung der Grenzkontrollen hält Seidler diese Vereinbarung für sinnvoll: „Unmittelbar, hier und jetzt ist das ein wichtiger Schritt für uns im Grenzland.“ Für den Arbeitsalltag der Beamt*innen sei das Abkommen eine Erleichterung, weil es ihnen helfe, die Kontrollen praktisch umzusetzen. Vor allem aber nütze die Vereinbarung den täglich 13.000 Berufpendler*innen der Grenzregion, die unter den Auswirkungen der Kontrollen litten.
Seidler schätzt, dass die Pendler*innen durch das Mitfahren der Bundespolizist*innen zehn bis 15 Minuten Fahrtzeit zurückgewinnen könnten. „Wenn wir die Grenzkontrollen schon haben, dann sollten sie wenigstens so reibungslos wie möglich ablaufen“, sagt Seidler.
Der SSW-Abgeordnete findet, dass statt in altertümliche stichprobenartige Passkontrollen, in eine effektive polizeiliche Zusammenarbeit auf europäischer Ebene investiert werden sollte, sodass die Reisefreiheit nicht beeinträchtigt werde. „Das Ziel muss es sein, dass es zwischen Schengen-Ländern keine Grenzkontrollen gibt“, sagt Seidler.
Die Grünen forderten auf ihrem Landesparteitag gemeinsam agierende Sicherheitsbehörden statt nationaler Alleingänge. Dazu zähle eine bessere Zusammenarbeit im Informationsaustausch sowie mehr Fachpersonal in den Polizeibehörden, wie Andresen erläutert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören