Kongo wird EAC-Mitglied: Ostafrika wächst bis zum Atlantik
Der Beitritt der Demokratischen Republik Kongo zur EAC verspricht wenig Veränderung. Die Staatengemeinschaft ist pleite, die Mitglieder zerstritten.
D er 29. März war für Afrika ein denkwürdiger Tag. Die Demokratische Republik Kongo wurde in Ostafrikas Regionalgemeinschaft „East African Community“ (EAC) aufgenommen, in einer virtuellen Feier von sieben Staatschefs. Am gleichen Tag retteten sich über 10.000 Kongolesen vor schweren Kämpfen nach Uganda, einem EAC-Gründungsmitglied.
Uganda hat zwar seit vier Monaten Truppen im Kongo stationiert, aber diese Kämpfe waren so ernst, dass Uganda seine teuren Straßenbaugeräte zurückholte, mit denen es an anderen Orten im Ostkongo moderne Straßen baut. Dass Uganda im Kongo Geld ausgibt, um Straßen zu bauen, soll den Handel ankurbeln und auch Ugandas Schuldgefühle wegen der Invasion vor zwei Jahrzehnten mildern.
Erst Anfang Februar verurteilte der Internationale Gerichtshof Uganda zur Zahlung von 325 Millionen Dollar Entschädigung an den Kongo. In dramatischer Weise gestaltete sich also Kongos Eintritt in die Wirtschaftsunion von Kenia, Uganda, Tansania, Ruanda, Burundi und Südsudan, die jetzt quer über Afrika vom Indischen zum Atlantischen Ozean reichen wird. Die 94 Millionen Kongolesen erweitern den EAC-Binnenmarkt auf 296 Millionen Menschen.
Im Uhrzeigersinn von der kongolesisch-ugandischen Grenze aus erhält man ein Panorama über die Probleme der EAC. An ebendiesem 29. März umstellte in Südsudan die Armee das Haus von Vizepräsident Riek Machar zur Vorbereitung auf neue Kämpfe in Afrikas jüngster Nation, die in zehn Jahren Unabhängigkeit noch nie Frieden erlebt hat. In Ugandas Nordostregion Karamoja stehlen bewaffnete Hirten Viehherden und Autos.
Kriege und Kriminalität
Aus Kenia kommende Hirten stehlen Vieh in Uganda und töten gnadenlos jeden, der ihnen im Weg steht. Ruanda und Burundi sind ohnehin verfeindet, nur Tansania scheint noch friedlich zu sein. Auch Ruanda und Uganda sind sich feindlich gesinnt. Die Demokratische Republik Kongo kommt in eine Familie, die ein vertrautes Verhältnis zur Instabilität pflegt.
Verspricht der Beitritt Kongos mit seinen gigantischen natürlichen Reichtümern für Ostafrika eine neue Ära? Kongo verfügt weltweit über die größten Reserven an Kobalt, ist reich an Coltan, Gold, Diamanten, Uran. Tropenwälder und riesige Süßwasserreserven verfügen über ein großes Energiepotenzial für einen Wirtschaftsblock, der jetzt ein Viertel des afrikanischen Kontinents umspannt. Die Antwort muss zunächst lauten: Nein!
Kongo tritt der Ostafrikanischen Gemeinschaft in ihrer schwächsten Phase seit der Gründung durch Kenia, Uganda und Tansania 1999 bei. Die EAC sollte damals einen früheren Wirtschaftsblock wiederbeleben, der 1977 nach zwölf Jahren zerbrochen war. Bis dahin teilten sich diese drei Länder in der damaligen EAC ein Bahnnetz, eine Fluglinie, eine Post und ein Telefonnetz, Wissenschaftsinstitutionen und vieles andere. Heute besteht die EAC aus miteinander zerstrittenen Mitgliedern und hat kein Geld.
Sie kann ihre eigenen Programme nicht umsetzen und noch weniger die Integration Kongos bewältigen. Kongos Präsident Felix Tshisekedi gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass Kongos Importe über die ostafrikanischen Häfen Mombasa und Daressalam jetzt billiger werden. Aber Kongo hat eigene Häfen im Westen, am Atlantik.
Werden die Mineralienhändler, die Kongos Elend verewigen, jetzt eine Wirtschaftsintegration in den ostafrikanischen Wirtschaftsblock zulassen? Man wird sehen. Doch bevor überhaupt irgendjemand Vorteile aus Kongos Beitritt zur EAC zieht, müssen die jeweiligen Regierungen ihre eigenen Angelegenheiten in Ordnung bringen.
Aus dem Englischen von Dominic Johnson
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