Den Haager Gerichtshof zu Uganda: Entschädigung für Kongo

Das UN-Gericht verurteilt Kampala aufgrund des Militäreinsatzes in der Provinz Ituri zur Zahlung von rund 325 Millionen US-Dollar an Kongo.

Menschen, die mit ihren Habseligkeiten auf einer Wiese campieren

Kongoles*innen, die Anfang Februar nach Angriffen der ADF nach Uganda geflohen sind Foto: dpa

KAMPALA taz | Es war im Juni 1999, kurz bevor der Waffenstillstand unterzeichnet wurde, als die Regierung der Demokratischen Republik Kongo den Internationalen Gerichtshof in Den Haag anrief. Sie forderte das Weltgericht, das für Streitigkeiten zwischen Staaten zuständig ist, auf, Burundi, Uganda und Ruanda anzuklagen: „wegen begangener bewaffneter Angriffe in eklatanter Verletzung der Charta der Vereinten Nationen und der Charta der Organisation für Afrikanische Einheit“, wie es in dem Dokument hieß. Die Anklagen gegen Ruanda und Burundi wurden später fallen gelassen. Die gegen Uganda blieb bestehen.

Knapp 23 Jahre später erging am Mittwoch das finale Urteil: Darin bestätigt das Gericht, dass Uganda von 1998 bis 2003, also im Zweiten Kongo-Krieg, internationale Regeln gebrochen habe, weil es in das Nachbarland militärisch vorgedrungen sei. Ugandas Soldaten sollen für den Tod von 10.000 bis 15.000 Menschen in der Provinz Ituri verantwortlich sein. Gold, Diamanten und Tropenholz seien von den Truppen geplündert worden.

Als Entschädigung soll Uganda dem großen Nachbarn 325 Millionen (umgerechnet 285 Millionen Euro) US-Dollar zahlen. Die Summe soll in fünf Tranchen von je 65 Millionen jährlich beglichen werden, beginnend im September dieses Jahres, so das Gericht. Darin seien enthalten: 225 Millionen Dollar für Personenschäden, 40 Millionen Dollar für Sachschäden sowie 60 Millionen Dollar für die geplünderten Ressourcen.

Im Urteil heißt es: „Die Entschädigung, die der Demokratischen Republik Kongo für Personen- und Sachschäden zugesprochen wurde, spiegelt den Schaden wider, den Einzelpersonen und Gemeinschaften infolge des Verstoßes Ugandas gegen seine internationalen Verpflichtungen erlitten haben.“

Wirtschaftliche Zerstörung

Uganda hatte zuvor argumentiert, eine hohe Entschädigungssumme würde das Land wirtschaftlich zerstören. Doch das Gericht bestätigt nun, die Summe sei “im Rahmen der Kapazitäten, die Uganda zahlen kann“.

Dabei war die ursprünglich von der DR Kongo verlangte Summe noch viel höher: elf Milliarden Dollar. Dagegen hatte Uganda damals argumentiert, dass Kongos Truppen wiederum ugandisches Personal und Eigentum in dessen Botschaft in Kinshasa geschadet hätten.

Nach einer mündlichen Verhandlung im April 2005 verkündete der Gerichtshof am 19. Dezember 2005 sein erstes Urteil: Uganda sei schuldig. Die genaue Entschädigungssumme solle jedoch bilateral zwischen den Staaten verhandelt werden.

Es kam zu keiner Einigung. Deswegen rief Kongo 2015 erneut das Gericht an. Im Jahr 2020 wurde eine Expertengruppe einberufen, um die Frage zu erörtern, wie viele Menschen umgekommen und vertrieben worden seien. Diese Gruppe beriet das Gericht bei der Urteilsfindung. Das Urteil kann nicht angefochten werden.

Entrüstete Reaktionen

Ugandas Regierung zeigt sich entrüstet: „Obwohl der Schiedsspruch nicht so unverschämt ist wie die geltend gemachten Behauptungen“, heißt es in einer Erklärung des obersten Staatsanwalts Kiryowa Kiwanuka, abgedruckt in der staatlichen Tageszeitung New Vision: „Wir sind der Meinung, dass die Entscheidung nicht dem von uns erwarteten Standard an Fairness entsprach“. Uganda stellt in Frage, dass sich seine Armee (UPDF) falsch verhalten habe, und beharrt: „Die UPDF war und ist in allen Ländern, in denen sie bis heute tätig ist, eine disziplinierte Kraft und eine Kraft des Guten.“

Auch derzeit sind Ugandas Soldaten wieder im Ostkongo stationiert, auch in der Unruheprovinz Ituri, wo erneut über 60.000 Menschen auf der Flucht sind. In der vergangenen Woche wurden bis zu 60 Menschen in einem Vertriebenenlager von Milizen mit Macheten getötet.

Doch dieses Mal sind Ugandas Truppen mit Einverständnis von Kinshasa da. Sie sollen die ugandische Rebellenorganisation ADF (Vereinigte Demokratische Kräfte) jagen, die sich seit Ende der Kongo-Kriege vor 20 Jahren dort verschanzt. Am Dienstag startete Ugandas Armee die zweite Phase der Militäroperation, die Ende November offiziell begonnen hatte. Sie bombardierte erneut mit Mittelstreckenraketen die ADF-Camps im Kongo.

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