Konflikt zwischen Anwohnern und Rechten: Übergriff nach Überlebenstraining
Nach einer Geländeübung sollen Rechtsextreme Anwohner in Breetze angegriffen haben. Die fühlen sich von Polizei nicht ernst genommen.
HAMBURG taz | Das niedersächsische Breetze ist umgeben von Wald und hügeligen Wiesen. Und diese Idylle scheint Rechtsextreme anzuziehen, die hier Überlebenstrainings und Geländeübungen durchführen. „Es war beängstigend“, erinnert sich Anne Jansen* an den 30. Dezember 2014.
Ein Dutzend Männer soll an diesem Abend aus dem Wald an den Ortsrand gekommen sein – in Militärkleidung und mit Aufnähern, die eine Nähe zur rechten Szene nahelegten.
Die Gruppe soll auf den Wagen einer Anwohnerin eingeschlagen haben, die auf dem Weg nach Hause war. Sie verständigte die Polizei. Die konnte die Situation beruhigen, stellte die Personalien von zwölf Männern fest und nahm einen der Männer mit.
Zur Überraschung der Anwohner soll einem der Männer ein Jagdmesser für Großwild zurückgegeben worden sein. Ein Beamter soll gesagt haben, es sei doch nichts passiert, erinnert sich Jansen. Nach dem Abrücken der Polizei soll ein Anwohner bedroht worden sein: „Wir wissen, wo du wohnst! Wir kommen wieder, aber dann mit Verstärkung.“
Die Staatsanwaltschaft habe „keine Ermittlungen wegen einer politisch motivierten Auseinandersetzung aufgenommen“, sagt Heinrich Dresselhaus, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Lüneburg. Die Polizei habe die Auseinandersetzung als „Gerangel unter Jugendlichen“ eingestuft.
Noch im Februar hatte die Polizei den Anwohner gesagt, es liefen Ermittlungen wegen Hausfriedensbruch und Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Von einem politischen Hintergrund der Auseinandersetzung möchte die Polizei Lüneburg nicht mehr sprechen. „Die Männer waren angetrunken, aber es gab keinen Hitler-Gruß und es wurden auch keine rechten Parolen gerufen“, sagt Polizeipressesprecherin Antje Freudenberg.
In den aktuellen Berichten des Verfassungsschutzes wird die Aktionsform Überlebenstraining/Geländeübung nicht erwähnt. „Uns liegen da keine Erkenntnisse vor“, sagt eine Sprecherin des niedersächsischen Verfassungsschutzes, aber Gerüchte gebe es immer wieder. Und letztlich erreichten bestimmte Informationen den Verfassungsschutz nicht, wenn die Polizei vorher Aktionen als Auseinandersetzung ohne politischen Hintergrund bewerte.
„Das war nicht bloß eine Rangelei“, sagt Jansen. Die Beamten hätten vor Ort gesagt, dass einer der Männer ein Portemonnaie mit Hakenkreuz bei sich trug. „Ich glaube, die wollen das hier runterspielen.“
*Name geändert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen